Schwächen im Vorstellungsgespräch: Tipps & Beispiele
„Was ist Ihre größte Schwäche?“ So oder so ähnlich fällt die Frage nach den eigenen Unzulänglichkeiten in fast jedem Vorstellungsgespräch. Mit einer reflektierten und ehrlichen Antwort können Bewerber dabei punkten.
Es ist eine unbeliebte Frage bei Bewerbern: diejenige nach den eigenen Schwächen im Vorstellungsgespräch. Ungeachtet dessen gehört diese Frage zum Standard-Repertoire in solchen Gesprächen. Bewerber sollten sich deshalb darauf einstellen und vorher überlegen, welche Schwäche sie an dieser Stelle nennen möchten.
Mit den folgenden Tipps sind Bewerber auf die vermeintlich unangenehme Situation vorbereitet.
Vorstellungsgespräch: Echte Schwächen, aber keine allzu großen Makel nennen
Während sich der Bewerber schon beim Verfassen der Bewerbung mit seinen Stärken auseinandersetzen muss, weil diese im Bewerbungsanschreiben beschrieben werden, wird nach den Schwächen meist erst im Vorstellungsgespräch gefragt – dafür aber mit hoher Wahrscheinlichkeit. Bewerber sollten sich deshalb unbedingt vorher eine Antwort auf diese unbeliebte Frage zurechtgelegt haben.
Dazu sollten sie im ersten Schritt überlegen, welche Charaktereigenschaften ihnen gelegentlich eher zum Nachteil gereichen oder welche positiven Merkmale nur unzureichend bei ihnen ausgeprägt sind. Es geht darum, eine Schwäche zu finden, die eine tatsächliche Schwäche ist, die aber dennoch keinen zu großen Makel für die gewünschte Stelle darstellt.
Wem es schwerfällt, die eigenen Schwächen auszumachen, der kann Freunde oder Verwandte um eine (ehrliche) Einschätzung bitten. Oft hilft der Blick von außen, zu erkennen, in welchem Bereichen man sich noch verbessern kann. Hinweise auf Schwächen kann auch die Frage geben, welche Situationen der Bewerber nicht mag oder welche Aufgaben er gerne vermeidet. Auch mögliche Kritik von einem Vorgesetzten oder Kollegen hilft, die eigenen Schwächen auszumachen.
Schwächen im Bewerbungsgespräch: Eine ehrliche Antwort ist wichtig
Vermeintliche Stärken sollten hingegen nicht zu Schwächen umgemünzt werden. Zwar wurde das in der Vergangenheit durchaus in Bewerbungsratgebern als vermeintlich clevere Antwort empfohlen. Dieses Vorgehen haben Personaler allerdings längst zur Genüge gehört – und durchschaut. Ihnen geht es vielmehr darum, vom Bewerber eine ehrliche Antwort zu bekommen, die zeigt, dass dieser sein eigenes Verhalten und seinen Charakter kennt.
Studien zufolge kommt es wesentlich besser bei Personaler und möglichem Arbeitgeber an, wenn der Interessent im Bewerbungsgespräch echte Schwächen nennt. Ihnen geht es in erster Linie darum, die Selbstreflexion des Bewerbers auf die Probe zu stellen – und nicht etwa, den Bewerber zu ärgern oder diesen gar bloßzustellen.
Das bedeutet, dass keine Eigenschaften genannt werden sollten, die auch positiv gedeutet werden könnten. In diese Richtung gehen etwa:
- „Ich bin zu perfektionistisch“
- „Ich arbeite zu hart“
- „Ich bin ungeduldig“
- „Ich bin sehr ehrgeizig“
- „Meine Frau sagt, ich sei ein Workaholic“
Solche Antworten sollten dringend vermieden werden.
Auch von vermeintlich witzigen Antworten sollte unbedingt abgesehen werden. Dazu zählen Antworten, die auf Aspekte verweisen, die den Personaler oder Chef nicht interessieren, weil sie mit dem Job nichts zu tun haben. Bewerber sollten deshalb an dieser Stelle weder sagen, dass sie zu gerne Schokolade essen noch lieber ausschlafen als sich zum Joggen aufzuraffen.
Der Bewerber selbst mag sich dabei noch lustig finden, beim Personaler oder dem Chef kommt eine solche Antwort jedoch in aller Regel gar nicht gut an. Eine solche Antwort zeigt, dass der Bewerber die Frage nicht ernst nimmt und kann den Verlauf des Gesprächs nachhaltig negativ beeinflussen.
Mit solchen Tricks erhoffen sich Bewerber, auf tatsächliche Schwächen gar nicht erst eingehen zu müssen. Das durchschauen jedoch ganz sicher auch die Gesprächspartner – und stellen fest, dass der Bewerber nicht gewillt ist, offen und ehrlich mit seinen Eigenschaften umzugehen. Deshalb sollten dringend tatsächliche Schwächen genannt werden.
Es versteht sich von selbst, dass die Frage nach den eigenen Schwächen in jedem Fall beantwortet werden sollte. Wer hier ins Stocken gerät oder mit den Schultern zuckt, ohne eine Antwort zu geben, kassiert ganz gewiss keine Pluspunkte bei seinen Gesprächspartnern. Noch dazu offenbart ein solches Verhalten, dass sich der Kandidat schlecht auf das Gespräch vorbereitet hat – schließlich gehört eine solche Frage zum Standard in Vorstellungsgesprächen.
Ebenfalls unbedingt vermieden werden sollte eine Antwort à la: „Eigentlich habe ich keine größere Schwäche“. Das ist zum einen höchst unglaubwürdig, weil jeder nicht nur positive, sondern auch negative Merkmale hat. Andererseits wirkt eine solche Antwort überheblich und wenig reflektiert.
Einen konstruktiven Umgang mit der Schwäche demonstrieren
Ist eine Schwäche gefunden, geht es um die richtige Formulierung im eigentlichen Vorstellungsgespräch. Es ist hier wichtig, im selben Atemzug darauf zu verweisen, dass man das Problem nicht nur erkannt hat, sondern bereits an dessen Beseitigung arbeitet.
Das könnte bedeuten, dass der Bewerber zugibt, nicht gerne vor einem größeren Publikum zu sprechen. Und die Lösung dieses Problems könnte darin bestehen, dass er freiwillig Präsentationen übernimmt, um mehr Übung zu bekommen und dadurch sein Selbstbewusstsein zu stärken. Auch ein Rhetorikkurs wäre ein Beleg dafür, dass der Bewerber an einem solchen Makel gezielt arbeitet.
Mehr als eine Schwäche sollten Bewerber übrigens freiwillig nicht nennen. Nur falls der Personaler oder der Arbeitgeber gezielt nach weiteren Schwachstellen bohren, sollten diese dargelegt werden. Es lohnt sich deshalb, mehr als eine Schwäche im Hinterkopf zu haben, sich im Vorstellungsgespräch aber ansonsten auf einen Makel zu konzentrieren.
Wenn es darum geht, die Schwäche im Vorstellungsgespräch zu nennen, sollte der Bewerber darauf achten, frei zu sprechen. Es wirkt wenig überzeugend, wenn die Aussagen des Interessenten auswendig gelernt klingen oder ohne Elan heruntergebetet werden.
Beispiele für Schwächen im Vorstellungsgespräch
Wenn es im Vorstellungsgespräch darauf ankommt und der Bewerber in der einen oder anderen Form gebeten wird, seine eigenen Makel zu reflektieren, kommt es auf eine offene und ehrliche Antwort an. In dieser Antwort sollte der Bewerber auch zeigen, dass ihm das Problem bewusst ist und er konstruktiv damit umgeht – also bereits an einer Lösung arbeitet. Einschränkende Worte wie „ab und zu“, „manchmal“ oder „gelegentlich“ können helfen, das Problem geringfügiger wirken zu lassen.
So könnte das im Gespräch beispielsweise klingen:
- „Ich spreche nicht so gerne vor einem größeren Publikum. Ich habe jedoch vor einigen Wochen angefangen, einen Rhetorikkurs zu besuchen – nun fällt es mir schon leichter, vor vielen Menschen frei zu sprechen.“
- „Es fällt mir schwer, zu anderen Nein zu sagen. Manchmal habe ich deshalb in der Vergangenheit zu viele Projekte und Aufgaben übernommen. Ich versuche nun, besser abzuwägen, ob ich die zusätzliche Aufgabe tatsächlich bewältigen kann, bevor ich anderen Hilfe zusage.“
- „Manchmal bin ich etwas zu direkt. Ich habe mir jedoch angewöhnt, etwa Kritik netter zu verpacken, weil die meisten Menschen dann besser darauf reagieren und sich nicht angegriffen fühlen.“
- „Ich bin manchmal wenig organisiert und gehe zu viele Dinge gleichzeitig an. Ich habe jedoch begonnen, mir systematische Listen zu erstellen – seitdem fällt es mir sehr viel leichter, den Überblick zu behalten.“
- „Bis ich eine E-Mail zu meiner Zufriedenheit formuliert habe, kann es schon eine Weile dauern. Dafür bin ich danach sicher, die richtigen Worte gefunden zu haben – und bekomme auch ganz überwiegend positive Resonanz auf meine digitale Korrespondenz.“
- „Sie haben die Lücke in meinem Lebenslauf ja sicherlich wahrgenommen. In dieser Zeit habe ich mich neu orientiert und meine bisherige Laufbahn kritisch unter die Lupe genommen. Dafür bin ich seither umso sicherer, nun wirklich die richtige Richtung eingeschlagen zu haben.“
- „Ich telefoniere nicht so gerne. Es hilft mir jedoch, mir vorher ein Skript zum Gesprächsverlauf zurechtzulegen. Dann fühle ich mich besser vorbereitet und weiß genau, was ich sagen möchte – das gibt mir Sicherheit bei Telefonaten.“
Vermieden werden sollte hingegen die Nennung von Schwächen, die sich sehr negativ auf den gewünschten Job auswirken würden. Wenn der Bewerber hier allzu ehrlich ist und ein großes Manko nennt, katapultiert er sich unter Umständen direkt aus dem Rennen. Negative Merkmale, die in dieser Form nicht genannt werden sollten, sind beispielsweise: „Ich habe ein großes Problem, Deadlines einzuhalten“ oder „Pünktlichkeit ist ein Problem für mich“.
Alternative Formulierungen: So fragen Personaler den Bewerber nach seinen Schwächen
Manchmal lautet die Frage, mit der ein Bewerber im Vorstellungsgespräch konfrontiert wird, ganz direkt: „Was sind Ihre größten Schwächen?“. Das ist jedoch nicht zwingend der Fall. Es gibt eine ganze Reihe von möglichen anderen Formulierungen, die jedoch auf dasselbe abzielen. Diese ersetzen die direkte Frage nach den Schwächen des Bewerbers immer häufiger.
Mit indirekten Fragen gehen viele Personaler etwas subtiler vor und erhoffen sich so ungekünstelte Einsichten in die Schwächen des Kandidaten. Die Gesprächspartner wollen damit Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Bewerbers ziehen. Auch ist es nicht unüblich, dem Bewerber zunächst eine Frage nach seinen positiven Eigenschaften zu stellen, um dann plötzlich umzuschwenken und eine Frage zu stellen, die auf dessen Schwachstellen abzielt.
Möglicherweise erfragt der Gesprächspartner die Schwächen des Kandidaten auf eine solche Art und Weise:
- Welche Eigenschaft mögen Sie an Kollegen und/oder Vorgesetzten nicht?
- Wie ausgeprägt, würden Sie sagen, ist Ihr Verantwortungsbewusstsein?
- Sind Sie eher ein Anführer oder jemand, der lieber im Hintergrund agiert?
- Auf einer Skala von eins bis zehn – wie würden Sie Ihre Fähigkeit, vor einer größeren Menschenmenge zu sprechen, bewerten?
- An welchen Merkmalen müssen Sie noch arbeiten?
- Was ist Ihr größter Fehler?
- Welchen Charakterzug würden Sie gerne an sich ändern?
- Was ärgert Sie im beruflichen Alltag?
- Wie würden Sie Ihre Konfliktfähigkeit auf einer Skala von eins bis zehn einschätzen?
- Wie würden Ihre Freunde Sie beschreiben?
Besondere Vorsicht gilt bei der Aufforderung, bestimmte Eigenschaften auf einer Skala anzusetzen. Wer hier eine Antwort zwischen eins und vier gibt, signalisiert dem Personaler damit eine recht ausgeprägte Schwäche. Auch wenn die Antwort zwischen fünf und sieben liegt, ist das für viele Personaler wenig überzeugend – hier gibt es in ihren Augen Nachholbedarf. Es lohnt sich deshalb, bei einer solchen Frage kurz innezuhalten und eine passende Antwort abzuwägen. Allzu oft neigen Bewerber dazu, hier intuitiv – und vorschnell – zu antworten.
Ebenfalls wichtig ist es, die Antwort zu begründen, damit die eigene Einschätzung für den Personaler und den Chef nachvollziehbar ist.