Whistleblowing in der Arbeitswelt: Bedeutung, Prozess & Schutz für Arbeitnehmer
Whistleblowing ist ein wichtiges Thema – nicht nur in der Arbeitswelt. Denn Whistleblower machen auf Missstände und Verfehlungen aufmerksam, von denen die Öffentlichkeit oder bestimmte Stellen im Unternehmen andernfalls nichts erfahren würden. Diese mutigen Menschen werden seit einiger Zeit durch das Hinweisgeberschutzgesetz geschützt. Was dieses Gesetz konkret bedeutet und wie wichtig Whistleblowing sein kann, lesen Sie hier.
Whistleblowing: Was versteht man darunter?
Whistleblowing bedeutet, dass vertrauliche Informationen an eine Meldestelle oder zum Beispiel die Presse weitergegeben werden. Allerdings darf Whistleblowing in keinem Fall mit dem Verrat von Betriebsgeheimnissen gleichgesetzt werden. Beim Whistleblowing geht es um Vorfälle, die ethisch, moralisch, gefährlich oder illegal sind. Whistleblower sind Menschen, die ihren eigenen Job oder sogar ihre Freiheit und ihr bisheriges Leben riskieren, um auf Missstände aufmerksam zu machen.
Beispiele für Whistleblowing
Wir haben einige Personen, die als Whistleblower Bekanntheit erlangt haben, aufgelistet:
- Edward Snowden: Der ehemalige NSA-Mitarbeiter machte im Jahr 2013 ein weltweites Überwachungsprogramm der USA öffentlich. Snowden sammelte Daten zu dem Überwachungsprogramm, von dem nicht nur amerikanische Bürger betroffen waren, und floh zunächst nach Hong Kong, wo er die Daten an Journalisten übergab. Nach der Veröffentlichung und dem Einsetzen des Skandals floh er nach Russland, wo er sich heute noch aufhält. In die USA kann er vermutlich nie wieder zurückkehren, da die Amerikaner gegen ihn Anklage wegen Spionage erhoben haben.
- Chelsea Manning: Als sie noch Soldatin war, kam sie an vertrauliche Informationen zu den Verfehlungen der US-Streitkräfte im Irak- und Afghanistankrieg. Diese Dokumente lud sie auf der Plattform Wikileaks hoch. 2010 wurde sie wegen Geheimnisverrat verhaftet und später zu 35 Jahren Haft verurteilt. Präsident Obama erließ ihr jedoch einen großen Teil ihrer Haftstrafe, so dass sie heute wieder auf freiem Fuß ist.
- Julian Assange: Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks ist aktuell in einem Hochsicherheitsgefängnis in Großbritannien – obwohl er schon seit über vier Jahren wieder in Freiheit leben sollte. Da die USA jedoch einen Antrag auf Auslieferung gestellt haben, wird Assange weiterhin festgehalten. In den USA ist er unter anderem wegen Veröffentlichung von geheimen Dokumenten angeklagt. Wie es mit Assange weitergeht, wird immer wieder in den Medien diskutiert. Er versteht sich als investigativer Journalist, der ein Fehlverhalten der Regierung öffentlich gemacht hat und damit eine der Kernaufgaben von Journalisten getan hat. In den USA drohen ihm bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft.
Abgrenzung zwischen Whistleblowing, Denunzierung und Geheimnisverrat
Whistleblowing, Denunzierung und Geheimnisverrat sind Begriffe, die häufig in Verbindung miteinander genannt werden. Diese Begriffe trennen jedoch ganz bestimmte und entscheidende Aspekte. Schauen wir uns daher die Definition dieser Begriffe einmal genauer an:
- Whistleblowing: Wie bereits weiter oben angesprochen, bezieht sich Whistleblowing darauf, dass Personen Verhalten öffentlich machen, dass in ethischer, moralischer oder anderer Weise verwerflich ist. Korruption oder Bestechung sind zum Beispiel Themen, die Whistleblower einer größeren Öffentlichkeit oder auch den betreffenden internen Stellen melden können. Whistleblower entscheiden sich dazu, diese Informationen zu veröffentlichen, weil sie sich davon eine Änderung der Zustände erhoffen. In manchen Fällen haben sie damit auch Erfolg und die betreffende Organisation bekennt sich zu mehr Transparenz oder anderen Maßnahmen, um die Missstände zu beheben.
- Denunzierung: Während Personen beim Whistleblowing durchaus positive Beweggründe haben und in vielen Fällen sogar ethisch oder moralisch geleitet sind, ist das bei der Denunzierung genau umgekehrt. Hier schwärzt eine Person eine andere oft aus niederen Beweggründen an. Vielleicht möchte die Person sich rächen oder aber sie verspricht sich einen persönlichen Gewinn. Im Unterschied zum Whistleblowing geschieht eine Denunzierung in der Regel bei Behörden oder anderen offiziellen Stellen. Da es bei der Denunzierung nicht darum geht, Missstände zu verbessern, sondern die Person eher darauf bedacht ist, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen, ist die Denunzierung auch nicht durch das Hinweisgeberschutzgesetz abgedeckt.
- Geheimnisverrat: Geheimnisverrat ist ein Vorwurf, der immer wieder auch Whistleblower trifft. Denn Geheimnisverrat bedeutet, dass Informationen veröffentlicht werden, die militärisch, sicherheitstechnisch oder politisch relevant sind und daher ein Geheimnis bleiben müssen. Wikileaks und Chelsea Manning sehen sich mit diesen Vorwürfen konfrontiert, da es bei der Offenlegung der Verfehlungen des amerikanischen Militärs eben um genau solche Informationen geht. Bei einem Geheimnisverraten erwarten die Person lange Haftstrafen. Wie wir gesehen haben, wurde Manning zu 35 Jahren Haft wegen Geheimnisverrat verurteilt und Assange muss eine noch deutlich höhere Haftstrafe befürchten.
Welche Arten von Whistleblowing gibt es?
Whistleblowing kann in verschiedenen Arten vorkommen. Häufig unterscheidet man die folgenden vier:
- Internes Whistleblowing: Beim internen Whistleblowing wendet sich ein Mitarbeiter an Stellen innerhalb des Unternehmens, um diese auf Missstände aufmerksam zu machen. Wenn einem Mitarbeiter zum Beispiel auffällt, dass ein anderer Mitarbeiter diskriminiert wird, kann er sich an seinen Vorgesetzten, die Compliance-Abteilung oder die Personalabteilung wenden und dort seine Beobachtung publik machen. Der große Vorteil des internen Whistleblowings liegt darin, dass der Vorfall unternehmensintern aufgearbeitet werden kann. Die Öffentlichkeit oder andere öffentliche Stellen erfahren im Idealfall nichts von dem Vorfall – das schützt das Ansehen des Unternehmens.
- Externes Whistleblowing: Beim externen Whistleblowing wird das Fehlverhalten dagegen öffentlich gemacht. Wenn ein interner Mitarbeiter zum Beispiel erfährt, dass der eigene Arbeitgeber die Bilanz des Unternehmens fälscht, um weiterhin an Investorengelder zu gelangen, wäre das eine Information, die sicherlich einige Menschen interessiert. Macht der Mitarbeiter diese Informationen öffentlich, spricht man von externem Whistleblowing. Diese Art des Whistleblowings kann unter anderem arbeitsrechtliche Konsequenzen für die Person haben. Denn laut Arbeitsrecht ist es unter bestimmten Umständen gerechtfertigt, dass Mitarbeiter gekündigt werden, wenn sie geheime interne Informationen weitergeben. Das Hinweisgeberschutzgesetz soll diesen Umstand zumindest ein wenig abmildern.
- Anonymes Whistleblowing: Personen, die Missstände anonym öffentlich machen, möchten den Konsequenzen, die das Arbeitsrecht bei Whistleblowing vorsieht, entgehen. Das Fehlverhalten wird öffentlich gemacht, ohne dass die Person ihre Identität enthüllt.
Whistleblowing in der Arbeitswelt: das Hinweisgeberschutzgesetz
Lange wurde um die Umsetzung eines sogenannten Whistleblowing-Gesetzes gerungen. Denn tatsächlich sind Unternehmen in den Mitgliedstaaten der EU schon länger dazu verpflichtet, ein Hinweisgeberschutzsystem umzusetzen. In Deutschland gab es mit der Umsetzung jedoch einige Probleme, so dass die Kommission Deutschland sogar vor dem Europäischen Gerichtshof verklage. Denn die Richtlinie sollte eigentlich bis 2021 in den Mitgliedstaaten umgesetzt sein.
Nun gibt es endlich auch eine Einigung in Deutschland: Seit dem 2. Juli 2023 gilt das Hinweisgeberschutzgesetz, das Whistleblower schützen soll, auch bei uns.
Jedoch gibt es eine Einschränkung: Lediglich Betriebe, die mehr als 50 Beschäftigte haben, müssen sich an die neuen rechtlichen Grundlagen halten. Kleinere Unternehmen sind damit nicht von dem Whistleblowing Gesetz betroffen. Diese Einschränkung des Geltungsbereichs geht laut Medienaussagen auf die CDU zurück, die sich im Bundesrat für diese Einschränkung stark gemacht hat.
Welche Verstöße sollen Whistleblower melden?
Nun fragen Sie sich vielleicht, welche Dinge Whistleblower den betreffenden Stellen melden können, ohne selbst Konsequenzen fürchten zu müssen. In der Regel können sich Whistleblower auf das Hinweisgeberschutzgesetz berufen und damit den Schutz genießen, wenn sie auf Missstände aus einem der folgenden Bereiche aufmerksam machen:
- Das Unternehmen oder eine Person verstößt gegen die Vorschriften des Strafgesetzbuchs.
- Verstöße gegen EU-Richtlinien oder gegen andere geltende Gesetze und Vorschriften auf Bundes- oder Länderebene.
- Im Unternehmen werden Ordnungswidrigkeiten begangen, die dazu führen, dass das Leben oder die Gesundheit von Personen bedroht ist. Vor allem Verstöße gegen den Arbeitsschutz sind in dieser Hinsicht relevant.
- Beamte, die sich nicht verfassungsgetreu äußern, können ebenfalls im Rahmen des Hinweisgeberschutzgesetzes gemeldet werden.
Ganz wichtig dabei: Nur wenn die meldende Person in irgendeiner Weise beruflich mit den betreffenden Missständen in Kontakt gekommen ist, lässt sich das Hinweisgeberschutzgesetz anwenden.
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