Urlaubsabgeltung: Wer bekommt wieviel?
Wenn ein Arbeitnehmer seinen Urlaub vor dem Ende eines Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr nehmen kann, muss er ausbezahlt werden. Kommt eine Urlaubsabgeltung auch in anderen Fällen infrage? Hat sie Auswirkungen auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld? Und wie hoch fällt die Kompensation für nicht genommene Urlaubstage aus? Das und mehr erfahren Sie in diesem Artikel.
Urlaubsabgeltung: Was ist das?
Alle Arbeitnehmer haben einen gesetzlich verankerten Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Die Urlaubstage müssen grundsätzlich „in Natur“ genommen werden, was bedeutet, dass jemand tatsächlich frei haben muss. Es ist nicht vorgesehen, dass Resturlaub ausbezahlt wird – außer, das Arbeitsverhältnis endet und es ist nicht mehr möglich, die verbleibenden Urlaubstage zu nehmen.
Gibt es vor dem Austritt eines Beschäftigten aus dem Unternehmen keine Möglichkeit mehr, Urlaub zu machen, ist die Urlaubsabgeltung die Alternative. Statt der Urlaubstage bekommen Beschäftigte dann den Lohn, der ihnen im Rahmen einer Entgeltfortzahlung für den Urlaub zugestanden hätte.
Der Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung ergibt sich aus § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dort heißt es: „Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten“.
Eine Urlaubsabgeltung stellt steuerpflichtigen Lohn im Sinne des Einkommenssteuergesetzes dar. Deshalb muss das Geld grundsätzlich versteuert werden.
Wann kommt eine Urlaubsabgeltung infrage?
Das Recht von Arbeitnehmern auf Erholungsurlaub darf nicht unterlaufen werden. Urlaubstage müssen grundsätzlich genommen werden. Weder darf der Arbeitgeber seine Mitarbeiter dazu auffordern, auf Urlaubstage zu verzichten, noch dürfen sie das ihrerseits freiwillig tun.
Monetärer Ersatz für nicht genommene Urlaubstage kommt, anders als etwa beim Ausgleich von Überstunden, in der Regel nicht infrage. Eine Urlaubsabgeltung ist nur vorgesehen, wenn ein Arbeitsverhältnis gekündigt wurde und es dem Beschäftigten nicht mehr möglich ist, übrige Urlaubstage bis zum letzten Arbeitstag zu nehmen.
Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine ordentliche oder eine außerordentliche, fristlose Kündigung handelt. Es ist auch unerheblich, ob es theoretisch möglich gewesen wäre, die Urlaubstage zu einem früheren Zeitpunkt zu nehmen. Der betroffene Arbeitnehmer muss ebenso wenig zuvor versucht haben, seinen Urlaubsanspruch durchzusetzen.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Im laufenden Arbeitsverhältnis ist die Zahlung einer Urlaubsabgeltung keine Option, und zwar auch dann nicht, wenn der Arbeitsvertrag bereits gekündigt wurde. Der Arbeitgeber darf in Verbindung mit einer Kündigung nicht etwa vorsorglich restliche Urlaubstage auszahlen, die ebenso gut genommen werden könnten.
Wie hoch ist die Urlaubsabgeltung?
In ihrer Höhe entspricht eine Urlaubsabgeltung dem üblichen Lohn, den Arbeitnehmer an den betreffenden Tagen verdient hätten. Mögliche variable Bestandteile des Lohns, zum Beispiel Umsatzprovisionen, sind dabei inklusive. Somit hängt es vom Tageslohn der Betroffenen ab, womit sie im Fall einer Urlaubsabgeltung rechnen können.
Viele Arbeitnehmer wissen allerdings nicht so genau, wie hoch ihr tägliches Gehalt ist. Das können Sie leicht ausrechnen – und im selben Zuge eine Berechnung der Urlaubsabgeltung anstellen.
Urlaubsabgeltung: Berechnung der Höhe
Um Ihr tägliches Gehalt auszurechnen, errechnen Sie zunächst Ihr Quartalsgehalt. Dafür multiplizieren Sie Ihr Monatsgehalt mit 3 (Monaten). Weil ein Quartal 13 Wochen hat, rechnen Sie im nächsten Schritt das Wochengehalt aus, indem Sie diese Summe durch 13 teilen.
Nun wissen Sie, was Sie pro Woche verdienen, und müssen dieses Gehalt nur noch durch die Anzahl Ihrer wöchentlichen Arbeitstage teilen, um Ihren Tageslohn herauszufinden. Den multiplizieren Sie anschließend noch mit der Zahl der Urlaubstage, die abgegolten werden sollen.
Urlaubsabgeltung bei Krankheit und Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Was gilt?
Es kann passieren, dass ein Arbeitnehmer kurz vor dem Ende seines Beschäftigungsverhältnisses erkrankt. Darf der Chef in diesem Fall verbleibende Urlaubstage mit Tagen der Arbeitsunfähigkeit verrechnen? Nein, das geht nicht – der Urlaubsanspruch bleibt bei Krankheit grundsätzlich bestehen.
Das gilt auch ganz grundsätzlich, wenn jemand im laufenden Arbeitsverhältnis für längere Zeit erkrankt ist. Laut Europarecht dürfen Arbeitnehmer nicht wegen einer Krankheit schlechter gestellt sein als andere. Zeitliche Obergrenzen für den Erhalt von Urlaubstagen gibt es trotzdem: Nach spätestens 15 Monaten verfallen Urlaubsansprüche.
Ist ein Beschäftigter so lange krank, dass er seinen Resturlaub vor dem Austritt aus der Firma nicht mehr nehmen kann, müssen die übrigen Urlaubstage in Form einer Urlaubsabgeltung ausgezahlt werden.
Kann der Anspruch auf Urlaubsabgeltung umgangen werden?
Ist es möglich, den Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung zu umgehen? So mancher Arbeitgeber versucht es, und es gibt Situationen, in denen der betroffene Arbeitnehmer dem zustimmen würde. Aber geht es überhaupt?
Theoretisch ja, allerdings nicht pauschal. Es ist nicht zulässig, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer schon auf einen Verzicht auf eine Urlaubsabgeltung einigen, bevor sich der Anspruch darauf praktisch überhaupt ergeben hat.
Eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag oder einem Aufhebungsvertrag, nach der Urlaubstage generell nicht abgegolten werden müssen, wäre damit nicht wirksam. Eine freiwillige Verzichtserklärung, nachdem der Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung entstanden ist, wäre hingegen denkbar – zum Beispiel im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses und der Verhandlung über eine Abfindung.
Anspruch auf Urlaubsabgeltung durchsetzen: Wie beantragt man eine Urlaubsabgeltung?
Viele Arbeitnehmer fragen sich, was sie tun müssen, um die Urlaubsabgeltung zu erhalten. Eigentlich müssen Sie dafür als Beschäftigter gar nichts tun. Der Arbeitgeber kümmert sich um die Berechnung der Urlaubsabgeltung und zahlt Ihnen das Geld normalerweise ungefragt aus. Es kann aber passieren, dass der Arbeitgeber nicht aktiv wird.
In diesem Fall sollten Sie Ihren Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung schriftlich geltendmachen. Das geht am besten mit einem Brief, den Sie an die zuständige Person im Unternehmen richten.
Bedenken Sie dabei, dass Ansprüche auf eine Urlaubsabgeltung den üblichen Ausschlussfristen unterliegen, sofern im Arbeitsvertrag welche vereinbart sind oder sie sich aus einem geltenden Tarifvertrag ergeben. Viele Ausschlussfristen erstrecken sich über drei Monate, weshalb Sie sich mit dem Einfordern von Geld, das Ihnen aufgrund Ihrer verbleibenden Urlaubstage zusteht, nicht zu lange Zeit lassen sollten.
Wie ein Antrag auf Urlaubsabgeltung aussehen könnte, können Sie am folgenden Musterschreiben sehen.
Urlaubsabgeltung: Musterschreiben
[Kontaktdaten des Absenders]
[Kontaktdaten des Empfängers]
Antrag auf Urlaubsabgeltung
Sehr geehrte Frau XY,
am 31. Juli 2021 bin ich aus Ihrem Unternehmen ausgetreten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch zehn Urlaubstage übrig. Aus betriebsbedingten Gründen war es mir nicht möglich, den Resturlaub noch im laufenden Arbeitsverhältnis zu nehmen. Aus diesem Grund würde ich Sie bitten, mir für die betreffenden Tage eine Urlaubsabgeltung auszuzahlen.
Mit freundlichen Grüßen
[Vorname Nachname]
Urlaubsabgeltung und Arbeitslosengeld: Das sollten Sie beachten
Nach dem Austritt aus einem Unternehmen haben viele Arbeitnehmer nicht sofort einen neuen Job, sondern sind zunächst arbeitslos. Kann sich der Erhalt einer Urlaubsabgeltung auf das Arbeitslosengeld auswirken? Ja, das ist tatsächlich möglich.
Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 157 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Dort steht: „Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses.“
Das bedeutet, dass eine Urlaubsabgeltung dafür sorgt, dass das Arbeitslosengeld erst später ausgezahlt wird. Der Anspruch darauf ruht, er verfällt aber nicht für den entsprechenden Zeitraum, wie es bei einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld der Fall wäre. Theoretisch können Betroffene trotzdem insgesamt dieselbe Summe an Arbeitslosengeld erhalten, zumindest, wenn sie den Anspruchszeitraum voll ausschöpfen. Wer vorher einen neuen Job findet, hat praktisch doch auf Geld verzichtet.
Wenn der frühere Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung nicht zahlt, obwohl er das müsste, bekommen die Betroffenen hingegen Arbeitslosengeld, auch wenn ihr Anspruch darauf eigentlich ruht. Auch das ergibt sich aus § 157 SGB III.
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