Überqualifiziert? Tipps für Bewerber und Unternehmen

Ohne die passenden Kompetenzen und Erfahrungen gestaltet sich die Jobsuche schwierig. Doch auch zu viele Qualifikationen können problematisch sein. Stuft der Arbeitgeber einen Bewerber als überqualifiziert ein, entscheidet er sich womöglich lieber für einen anderen Kandidaten. Mit welchen Vorurteilen überqualifizierte Bewerber zum Teil zu kämpfen haben, warum sich die Einstellung von hoch qualifizierten Kandidaten dennoch lohnen kann und wie Bewerber ihre Chancen verbessern können – darum geht es in diesem Artikel.

Ein Mann hält ein Gehirn, was tun, wenn man überqualifiziert ist?

Was bedeutet es, überqualifiziert zu sein?

Für den Erfolg bei der Jobsuche ist es ein Problem, wenn es Bewerbern an Qualifikationen mangelt. Umgekehrt kann es aber auch unvorteilhaft sein, wenn jemand als überqualifiziert wahrgenommen wird. Doch was bedeutet das – und warum kann es hinderlich bei Bewerbungen sein?

Wenn ein Bewerber überqualifiziert ist, übersteigen seine Kompetenzen und Erfahrungen das, was für eine bestimmte Stelle nötig ist. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass jemand studiert hat, obwohl eine Ausbildung für den Arbeitgeber ausreichend gewesen wäre. Oder dass jemand schon eine Führungsposition innehat, wenn er sich auf eine einfache Stelle als Fachkraft bewirbt.

Sowohl für Jobsuchende als auch für Verantwortliche in Unternehmen kann ein Zuviel an Qualifikationen ein Manko sein. Arbeitgeber fürchten häufig, dass es sich nicht lohnt, überqualifizierte Bewerber einzustellen. Sie könnten sich schließlich unterfordert fühlen – und im Zweifel schnell wieder weg sein. Wenn es tatsächlich so kommt, ist das auch für Arbeitskräfte keine angenehme Situation.

Wann Bewerber als überqualifiziert gelten können

Als überqualifiziert könnten zum Beispiel Bewerber gelten, die

  • eine Führungsposition innehaben oder -hatten, sich nun aber für einen Einstiegsjob bewerben.
  • im oberen Management gearbeitet haben, nun aber Abteilungsleiter werden möchten.
  • einen höheren Abschluss haben, als der Arbeitgeber voraussetzt.
  • mehr Erfahrung haben, als für die Stelle nötig ist.
  • in eine Branche einsteigen möchten, für die geringere Qualifikationen erforderlich sind – zum Beispiel ein Wechsel aus der Finanzbranche in den Landschaftsbau.
  • durch ein Arbeitszeugnis überqualifiziert wirken.

Es kann verschiedene Gründe dafür geben, warum Bewerber überqualifiziert sind oder von Arbeitgebern als überqualifiziert wahrgenommen werden. Es kann zum Beispiel sein, dass jemand nach der Pleite seines Arbeitgebers oder einem Stellenabbau einen neuen Job sucht. Abhängig von den Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt könnte sich die Person gezwungen sehen, sich für Stellen zu bewerben, die eine geringere Qualifizierung erfordern.

Beruflicher Neuanfang mit einem Job, für den geringere Qualifikationen erforderlich sind

Ein weiteres Szenario: Jemand kehrt aus der Elternzeit oder einer längeren Auszeit zurück in den Beruf. Das kann dazu führen, dass der Bewerber wieder weiter unten einsteigen muss, weil er durch die Jobpause unattraktiver für Arbeitgeber geworden ist. Es kann auch sein, dass sich seine Prioritäten und Vorstellungen verändert haben, sodass er gezielt eine andere Art von Job sucht, bei der er weniger Verantwortung trägt. Das geht häufig mit geringeren Anforderungen einher.

Eine berufliche Neuorientierung kann ebenfalls zur Folge haben, dass Bewerber als überqualifiziert wahrgenommen werden. Zwar sind die Betroffenen dann nicht unbedingt in dem Bereich überqualifiziert, in den sie einsteigen möchten. Sie haben aber womöglich allgemein höhere Qualifikationen, als bei der neuen Stelle gefragt sind.

Gesundheitliche Einschränkungen können ein weiterer Faktor sein. Wer zum Beispiel nicht mehr so viel arbeiten kann oder wem der Stress zu viel geworden ist, der sucht womöglich ganz bewusst nach Stellen, in denen die Erwartungen an Mitarbeiter niedriger sind.

Überqualifiziert für den Job: Vorteile und Nachteile für Arbeitnehmer

Für Bewerber kann es sowohl Vorteile als auch Nachteile haben, überqualifiziert für eine Stelle zu sein. Die Jobsuche kann für solche Kandidaten frustrierend sein: Obwohl sie alle Voraussetzungen erfüllen, bekommen sie als Überqualifizierte Absagen. Ob sie sich selbst daran stören würden, dass sie eigentlich mehr können oder erfahrener sind als nötig, interessiert womöglich niemanden. Je hinderlicher die Überqualifizierung bei der Jobsuche ist, desto demotivierender kann es für Bewerber sein.

Es gibt aber auch Arbeitgeber, die weniger Vorbehalte gegenüber Bewerbern mit umfangreichen Qualifikationen haben. Dann kann es ein Vorteil sein, als Bewerber viel vorweisen zu können. Das berufliche Profil von überqualifizierten Bewerbern kann Arbeitgeber beeindrucken, auch wenn die Qualifikationen für die betreffende Stelle entbehrlich sind.

Im Job selbst kann eine Überqualifizierung ebenfalls positive und negative Auswirkungen haben. Überqualifizierte Arbeitskräfte haben wahrscheinlich keine Probleme damit, ihre Aufgaben gut und effizient zu erledigen. Das hilft ihnen im Joballtag und kann förderlich für einen schnellen Aufstieg sein. Es könnte Arbeitnehmer aber auch langweilen, sich mit Dingen beschäftigen zu müssen, die unter ihrem Niveau sind. Das kann dazu führen, dass die Zufriedenheit im Job nicht allzu hoch ist – und jemand schon nach kurzer Zeit wieder auf Jobsuche ist.

Was überqualifizierte Mitarbeiter für Arbeitgeber bedeuten

Viele Arbeitgeber haben Vorbehalte gegenüber Bewerbern, die sie als überqualifiziert einstufen. Das hängt mit den Nachteilen zusammen, die überqualifizierte Mitarbeiter für Unternehmen mit sich bringen können. Schlimmstenfalls gibt es mit überqualifizierten Mitarbeitern Probleme. Zum Beispiel, weil diese sich im Joballtag unterfordert fühlen und langweilen. Vielleicht fehlt ihnen die Herausforderung, sodass sie sich schnell anderweitig orientieren. Eine Kündigung wegen Überqualifikation ist ärgerlich für Arbeitgeber: Nach einem Weggang müssen die Verantwortlichen die Stelle neu ausschreiben, wieder Bewerbungen sichten und Vorstellungsgespräche führen. All das kostet Zeit und Geld.

Mitarbeiter mit überdurchschnittlichen Qualifikationen können ein Unternehmen jedoch auch bereichern. Umfangreiche Erfahrungen und Fachwissen spiegeln nicht nur Expertise wider, sondern oft auch Persönlichkeitsmerkmale, die in jedem Job nützlich sind. So könnte jemand etwa eine rasche Auffassungsgabe haben sowie engagiert und belastbar sein. Davon profitiert ein Arbeitgeber auch dann, wenn die Qualifikationen von Beschäftigten die Anforderungen an ihre Stelle übersteigen.

Schnelle Einarbeitung, höhere Produktivität – was mit überqualifizierten Mitarbeitern möglich ist

In der Praxis kann sich das durch eine kurze Einarbeitungszeit zeigen. Neue Mitarbeiter sind dadurch schneller voll einsatzfähig, was ihrem Erfolg im Job und dem Erfolg des Arbeitgebers gleichermaßen zugutekommt. Erfahrung und Fachwissen können dafür sorgen, dass Mitarbeiter besonders produktiv sind und schnell Verantwortung übernehmen können.

Überqualifizierte Mitarbeiter sind außerdem oft sehr anpassungsfähig, wodurch sie in vielen Bereichen eingesetzt werden können. Es ist dadurch leichter, flexibel auf veränderte Gegebenheiten und Chancen zu reagieren. Umfangreiche Erfahrungen sorgen zudem dafür, dass Beschäftigte gut darin sind, Probleme zu lösen und kreative Strategien zu entwickeln. Davon kann das ganze Team profitieren.

Wenn jemand sehr qualifiziert ist, hat er womöglich das Zeug zur Führungskraft. Dadurch kann ein schneller Aufstieg in eine leitende Rolle möglich sein, was sowohl für die Karriere des Mitarbeiters als auch für das Unternehmen vorteilhaft sein kann. Nicht zuletzt hat ein erfahrener Arbeitnehmer womöglich ein großes berufliches Netzwerk, das der Arbeitgeber gewinnbringend für Projekte oder das Recruiting nutzen kann.

Erfolgreich bewerben trotz Überqualifikation: Tipps für Jobsuchende

Umfangreiche Qualifikationen können es schwieriger machen, einen Job zu finden. Als Bewerber können Sie mit der richtigen Strategie trotzdem fündig werden. Es fängt mit den Stellen an, die Sie ins Visier nehmen. Im besten Fall finden Sie Stellenangebote, für die Sie nur minimal überqualifiziert sind. Dann ist es womöglich kein größeres Problem, dass Sie mehr können oder erfahrener sind als notwendig.

Wenn Ihre Überqualifikation nicht von der Hand zu weisen ist, kann es sinnvoll sein, sie von sich aus zu thematisieren. Dafür eignet sich das Bewerbungsschreiben. Sie können in einigen wenigen Sätzen verdeutlichen, was Sie motiviert. Suchen Sie zum Beispiel einen Job, der Ihnen eine bessere Work-Life-Balance ermöglicht? Möchten Sie lieber inhaltlich arbeiten, statt als Führungskraft alle Fäden in der Hand zu halten? Oder haben Sie einfach mehr Lust auf einen Job in einer anderen Branche? Wenn der Arbeitgeber das Gefühl hat, dass Ihr Wechsel durchdacht ist, kann ihm das die Sorge nehmen, dass Sie im neuen Job unzufrieden sein könnten.

Überqualifiziert Bewerbungen schreiben: Den eigenen Mehrwert herausstellen

Eine andere Strategie kann darin bestehen, dem Arbeitgeber zu verdeutlichen, welchen Mehrwert Sie dem Unternehmen bieten können – gerade wegen Ihrer Erfahrung und Expertise. Sie können im Anchreiben zum Beispiel darlegen, dass Sie besonders anpassungsfähig sind und deshalb im Job schneller produktiv sein können. Oder dass Sie mit Ihren Ideen das Team bereichern können.

Es ist außerdem sinnvoll, den Lebenslauf mit Bedacht zu formulieren. Schneiden Sie ihn auf die spezifische Stelle zu und rücken Sie die Qualifikationen in den Fokus, die dafür maßgeblich sind. Um nicht überqualifiziert zu wirken, können Sie bestimmte Erfahrungen nach weniger klingen lassen. Ein Ansatz hierfür ist die Beschreibung früherer Tätigkeiten: Sie können Aufgaben in den Vordergrund rücken, für die geringere Anforderungen nötig sind. Wenn sich keine größeren Lücken ergeben, können Sie auch bewusst Qualifikationen weglassen, die für die Stelle ohnehin nicht relevant sind.

Seien Sie auf Rückfragen zu Ihren Qualifikationen im Bewerbungsgespräch vorbereitet. Es ist wichtig, dass Sie ehrlich und authentisch antworten. Machen Sie deutlich, dass Sie sich bewusst für die betreffende Stelle beworben haben und Ihnen klar ist, dass sie von Ihren bisherigen Erfahrungen abweicht. Wenn Sie überzeugend antworten, wird eine Absage wegen Ihrer Überqualifikation unwahrscheinlicher.

Überqualifizierte Bewerber aus Sicht von Personalverantwortlichen: Absagen oder einstellen?

Eine Absage wegen Überqualifikation? Dieses Muster lässt sich in vielen Unternehmen beobachten. Werden Bewerber als überqualifiziert wahrgenommen, kann das dazu führen, dass Personalverantwortliche sie pauschal ablehnen. Schuld daran sind oft Vorurteile und Vorbehalte.

Verantwortliche könnten beispielsweise daran zweifeln, dass ein solcher Mitarbeiter lange an Bord wäre. Der Verdacht: Für die Person wäre der Job nur eine Lösung auf Zeit. Ist etwas Passenderes in Sicht, ist der Beschäftigte schnell wieder weg. Bedenken kann es auch wegen einer möglichen Unterforderung geben. Eine weitere gängige Sorge: Ein überqualifizierter Mitarbeiter könnte das Teamgefüge stören. Oder zur Herausforderung für Führungskräfte werden. Nicht zuletzt ist es denkbar, dass Bewerber mit umfangreichen Qualifikationen ein höheres Gehalt fordern.

Was also tun im Umgang mit überqualifizierten Bewerbern? Es lohnt sich für Arbeitgeber, hoch qualifizierte Kandidaten nicht pauschal abzulehnen, sondern im Einzelfall zu entscheiden. Ein Mitarbeiter, der mehr kann, als er müsste, kann auch eine Bereicherung für Teams sein. Er kann womöglich schnell eingearbeitet werden, ist flexibel einsetzbar und bringt kreative Ideen ein. Nicht zuletzt können solche Mitarbeiter so gefördert werden, dass sie nach kurzer Zeit Führungsverantwortung übernehmen können.

Wäre ein überqualifizierter Bewerber eine gute Wahl?

Um im Einzelfall zu klären, ob ein überqualifizierter Bewerber infrage kommt, ist einerseits die Bewerbung wichtig. Wirkt es, als sei die angestrebte Stelle eine Notlösung? Oder macht der Bewerber deutlich, dass er weiß, worauf er sich einlässt – und dass er sich somit ganz bewusst für den Job entscheidet?

Andererseits sollten Personalverantwortliche im Bewerbungsgespräch genau hinsehen. Mit gezielten Fragen ist es möglich, die Motivation und Absichten solcher Kandidaten besser einzuschätzen.

Die folgenden Fragen könnten etwa hilfreich sein:

  • „Ihre Qualifikationen gehen weit über das hinaus, was wir verlangen. Warum haben Sie sich trotzdem beworben?“
  • „Könnte Ihnen nicht langweilig werden angesichts Ihrer umfangreichen Kompetenzen und Erfahrungen?“
  • „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“
  • „Wie passt diese Stelle zu Ihren langfristigen Zielen?“
  • „Welche Erwartungen haben Sie an die Stelle?“

Tipps zur Einbindung und Förderung von hoch qualifizierten Mitarbeitern

Wenn ein überqualifizierter Bewerber eingestellt wird, ist es wichtig, ihn optimal zu integrieren. Das umfasst eine durchdachte Einarbeitung ebenso wie eine individuelle Förderung. Wenn Verantwortliche solchen Mitarbeitern aufzeigen, wie sie sich im Unternehmen entwickeln könnten, bleiben sie eher langfristig dort. Hilfreich ist auch, ihnen die Möglichkeit zu geben, Verantwortung zu übernehmen und sich einzubringen. Das motiviert und kann damit die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen.

Wichtig sind außerdem regelmäßige Feedback-Gespräche. Darin können Verantwortliche die Bedürfnisse und Erwartungen, aber auch die Zufriedenheit der Beschäftigten in Erfahrung bringen. Zugleich sollten Führungskräfte im Joballtag feinfühlig dafür sein, ob ein hoch qualifizierter Beschäftigter zufrieden wirkt oder nicht. Das ermöglicht es, bei Bedarf frühzeitig das Gespräch zu suchen, um herauszufinden, was den Betroffenen stört oder was ihm fehlt.

Es lohnt sich für Unternehmen, kompetenten und erfahrenen Mitarbeitern bei ihrer Arbeit Freiräume zu geben. So können sie eher kreativ sein und innovative Ideen entwickeln. Dadurch wird zudem ein Raum geschaffen, in dem die Beschäftigten ihre Expertise und Erfahrung gewinnbringend einbringen und ihr Potenzial voll entfalten können. Das ist für sie selbst ebenso bereichernd wie für ihren Arbeitgeber.

Bildnachweis: Sergey Nivens / Shutterstock.com

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