Schlechtes Arbeitszeugnis: Was tun?
Für Bewerbungen sind Arbeitszeugnisse ein wichtiger Erfolgsfaktor. Doch was, wenn ihr letztes Arbeitszeugnis gar nicht gut ausgefallen ist? Das kann dafür sorgen, dass mögliche neue Arbeitgeber sie nicht einmal zum Vorstellungsgespräch einladen. Das Zeugnis in einer Bewerbung einfach weglassen ist meist trotzdem keine gute Idee – auch das fällt negativ auf.
Dennoch haben sie verschiedene Optionen, wenn das Zeugnis vom letzten Arbeitgeber nicht so positiv ist wie erhofft. In diesem Beitrag erfahren sie, wie der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis geregelt ist und wie sie gegen eine schlechte Einstufung vorgehen kannst.
Das Arbeitszeugnis als Entscheidungskriterium bei Bewerbungen
Wenn sie sich für eine Stelle bewerben, zählen für die Entscheidungsträger beim Unternehmen viele Faktoren. Wichtig sind einerseits ihr Lebenslauf und ihr Anschreiben. Aber auch bestimmte Nachweise dürfen nicht fehlen. Die wichtigsten Anlagen stellen häufig die aktuellsten Arbeitszeugnisse dar. Fehlen sie, lässt das Zweifel beim Personalverantwortlichen aufkommen – vor allem dann, wenn es sich um das jüngste Zeugnis handelt.
Der Verdacht liegt in solchen Fällen nahe, dass der Bewerber ein wirklich schlechtes Zeugnis erhalten und es deshalb nicht verwendet hat. Daher ist es keine gute Idee, das Zeugnis einfach wegzulassen, wenn es nicht so gut ist wie erhofft. Meist ist auch ein durchschnittliches Zeugnis besser als die Befürchtungen des Personalers.
Andererseits ist es auch nicht eben förderlich für deine Chancen, wenn sie ihrer Bewerbung ein schlechtes Arbeitszeugnis beilegen. Was also tun? Zunächst müssen sie wissen, welche Kriterien ein Arbeitszeugnis erfüllen muss.
Welche Kriterien muss ein Arbeitszeugnis erfüllen?
Als Arbeitnehmer haben sie in der Regel einen Anspruch darauf, dass ihnen ihr Arbeitgeber zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses ein Zeugnis ausstellt. In einfachen Arbeitszeugnissen werden nur die Eckdaten der Zusammenarbeit beschrieben, während ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zusätzlich eine Leistungsbewertung enthält. Auch das Verhalten des Arbeitnehmers gegenüber anderen Personen – etwa dem Chef und den Kollegen – wird darin beurteilt. Diese Variante ist der Standard, weil sie aussagekräftiger ist als das einfache Zeugnis.
Ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis besteht dann, wenn sie als regulärer Angestellter für einen Arbeitgeber tätig waren. Das gilt auch, wenn sie in Teilzeit oder auf Aushilfsbasis gearbeitet haben. Auch nach einem Praktikum können sie um ein Zeugnis bitten. Als freier Mitarbeiter haben sie hingegen keinen solchen Anspruch, sie können allerdings um eine Referenz bitten.
Ein Arbeitszeugnis muss zwei wichtige Kriterien erfüllen: es muss wahr und wohlwollend sein. Es soll einem Arbeitnehmer keine Steine in den Weg legen und ihn bei der Jobsuche hindern, muss aber dennoch den Tatsachen entsprechen.
Wann ist ein Arbeitszeugnis schlecht?
Ein schlechtes Arbeitszeugnis ist auf den ersten Blick oft gar nicht so leicht zu erkennen. Das liegt daran, dass die Beurteilung wohlwollend sein muss. War ein Arbeitgeber nicht zufrieden, kann er das nur auf Umwegen im Arbeitszeugnis ausdrücken. Offene Kritik ist nicht erlaubt.
Deshalb hat sich längst eine Art Geheimsprache etabliert. Mit bestimmten Formulierungen drücken Arbeitgeber auf den ersten Blick etwas Positives aus. Bei näherer Betrachtung zeigt sich dann aber, dass die Beurteilung doch eher negativ ist – etwa, weil sie bestimmte Codes enthält oder entscheidende Wörter fehlen.
Eine negative Wertung steckt auch oft dahinter, wenn ein Aspekt gar nicht erwähnt wird. Wird etwa das Verhältnis zum Vorgesetzten außen vor gelassen, liest ein möglicher neuer Arbeitgeber daraus, dass die Beziehung schlecht war.
Es sind oft Nuancen, die den Unterschied machen. So sollte nicht nur die Beziehung zum Vorgesetzten beschrieben werden, sondern auch die zu Kollegen und Kunden (oder anderen relevanten Personen). Diese Personen werden nach ihrer Wichtigkeit genannt, also zuerst der Vorgesetzte, dann Kollegen und Kunden. Wird der Vorgesetzte erst an letzter Stelle genannt, kann das ein Hinweis auf Probleme sein.
Zu kurz und fehlerhaft? Auch das ist negativ
Jedes Arbeitszeugnis enthält eine abschließende Beurteilung. Diese liest sich so oder so ähnlich: „Die ihr übertragenen Aufgaben erfüllte sie stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“. Dieser Satz entspricht der Schulnote 1. Ist von der „vollen Zufriedenheit“ die Rede, entspricht das der Note 2. Fehlt das „stets“, ist auch das eine Abwertung. „Zu unserer Zufriedenheit“ würde nur noch der Note 4 entsprechen – obwohl es eigentlich nicht so negativ klingt.
Wenig positiv wirkt auch ein sehr kurzes Zeugnis. Hier kommt der Verdacht auf, dass es nicht mehr Gutes zum Arbeitgeber zu sagen gab. Ist der Inhalt unvollständig und werden nicht alle wichtigen Leistungen oder Erfolge beschrieben, ist das ebenfalls problematisch. Es kann auch ein Hinweis auf eine wenig positive Beurteilung sein, wenn sich widersprüchliche Bewertungen im Zeugnis finden. Lobt sie ihr ehemaliger Arbeitgeber an der einen Stelle, ist aber in anderen Bereichen wenig überschwänglich, wirft das Fragen auf – besonders, wenn das Beurteilte miteinander zusammenhängt.
Auch Rechtschreibfehler hinterlassen keinen guten Eindruck. Achten sie auch auf die Schlussformel. Hier drückt der ehemalige Arbeitgeber seine Wünsche für die Zukunft aus. Weil das freiwillig ist, lesen viele Personaler umso mehr in die Formulierungen hinein. Ein überaus zufriedener Arbeitgeber wird sein Bedauern darüber ausdrücken, dass der Mitarbeiter sein Unternehmen verlässt, und ihm weiterhin viel Erfolg und alles Gute wünschen.
Der gesamte Eindruck entscheidet darüber, ob ein Zeugnis positiv ist oder nicht. Wenn sie sich nicht sicher sind, wie gut ihr Zeugnis ist, kann es sinnvoll sein, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu Rate zu ziehen.
Welche Möglichkeiten gibt es, gegen ein schlechtes Arbeitszeugnis vorzugehen?
Wenn sie befürchten, dass ihr Arbeitszeugnis schlecht ist, sollten sie die Beurteilung zunächst einmal nicht einfach akzeptieren. Wenn sie sich bewerben möchten, haben sie sonst ein Problem – rauslassen ist keine Option, ein schlechtes Zeugnis aber natürlich ebenso wenig förderlich. Bedenken sie, dass das Zeugnis auch bei Bewerbungen in der nicht ganz so nahen Zukunft wichtig ist, wenn der Job noch zu ihren aktuellsten Erfahrungen gehört.
Oft ist ein schlechtes Zeugnis keine Absicht. Gerade Arbeitgeber, die wenig Erfahrung im Schreiben von Zeugnissen haben, vergessen mitunter wichtige Angaben oder formulieren etwas nüchterner, was dann negativer wirkt als es gemeint ist.
Der erste Schritt sollte deshalb sein, mit dem Arbeitgeber das Gespräch zu suchen. Erklären sie, welche Formulierungen ihnen aufgefallen sind und wieso diese aus ihrer Sicht problematisch sind. Oft reicht das schon aus, um sich auf andere Formulierungen zu einigen. Sie können auch anbieten, die entsprechenden Passagen selbst zu formulieren und sie dann dem früheren Chef zu schicken.
Setze dem Arbeitgeber eine Frist zur Überarbeitung
Bleibt ihr ehemaliger Arbeitgeber hingegen stur, sollten sie ihm einen schriftlichen Widerspruch schicken. Falls weitere Schritte nötig sind, sind sie mit einem formalen Widerspruch in einer guten Ausgangslage. Setzen sie dem Arbeitgeber darin unbedingt auch eine Frist, bis zu der er nachgebessert haben muss. Beschreiben sie, an welchen Passagen sie sich stören und warum und schlagen gegebenenfalls alternative Formulierungen vor.
Wenn der Arbeitgeber die Frist verstreichen lässt, bleibt ihnen nur noch der Rechtsweg. Hierbei ist die sogenannte Nachweispflicht wichtig. Ist ihr Zeugnis durchschnittlich, müssen sie beweisen können, dass es zu schlecht ist. Ist es hingegen unterdurchschnittlich, muss sich der ehemalige Arbeitgeber dafür rechtfertigen. Als durchschnittlich gelten Zeugnisse mit einer abschließenden Note 2 oder 3, dies ist jedoch Auslegungssache.
Falls sie rechtliche Schritte erwägen, lassen sie sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten. Oft reicht das Schreiben von einem Anwalt, um den Arbeitgeber zu veranlassen, das Zeugnis zu überarbeiten. Beim Gang vor das Arbeitsgericht kann es sinnvoll sein, zunächst eine einstweilige Verfügung durch das Gericht zu erwirken. Das ist dann empfehlenswert, wenn sie das Zeugnis dringend brauchen, weil sie sich bewerben möchten.