Mündlicher Arbeitsvertrag: Chancen, Risiken und Absicherung
Wenn der Bewerbungsprozess für den Kandidaten positiv gelaufen ist, bietet der Arbeitgeber dem Bewerber einen Arbeitsvertrag an. Hin und wieder kann es passieren, dass der neue Arbeitnehmer schon anfangen soll zu arbeiten, bevor der Arbeitsvertrag in Schriftform vorliegt. Andere Arbeitsverhältnisse werden gar nicht schriftlich geschlossen, sondern beide einigen sich auf einen mündlichen Arbeitsvertrag. Was das bedeutet, ob ein mündlicher Arbeitsvertrag bindend ist und was Arbeitnehmer beachten sollten, aber wir hier zusammengefasst.
Mündlicher Arbeitsvertrag: Was versteht man darunter?
Ein mündlicher Arbeitsvertrag wird nur mündlich geschlossen. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall kein Schriftstück, mit dem er beweisen könnte, dass er ein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber eingegangen ist.
Bei Neben- oder Saisonjobs kann das schon einmal vorkommen. Wenn der Chef dringend einen Mitarbeiter braucht, ist vielleicht nicht die Zeit, einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu schließen.
Juristen weisen noch auf einen weiteren Punkt hin: Es muss sogar noch nicht einmal ein mündlicher Arbeitsvertrag vorliegen. In bestimmten Fällen kann das Arbeitsverhältnis auch durch sogenanntes schlüssiges Verhalten zustande kommen. Ein denkbarer Fall wäre zum Beispiel, dass ein Bauer eine saisonale Aushilfskraft fragt, ob sie, also die Aushilfe, jeden Tag zwei Stunden arbeiten könnte. Sie schließen aber weder einen schriftlichen noch einen mündlichen Arbeitsvertrag. Am nächsten Tag kommt die Aushilfe und fängt an zu arbeiten. Da der Bauer nicht interveniert, gehen in diesem Fall Juristen regelmäßig davon aus, dass damit ein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist.
Bei einem mündlichen Arbeitsvertrag einigen sich in der Regel beide Parteien, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer darauf, dass beide ein Arbeitsverhältnis eingehen wollen. Häufig sind bei einem mündlichen Arbeitsvertrag auch die Konditionen geklärt, zu denen das Arbeitsverhältnis aufgenommen werden soll. Insofern unterscheiden sich mündlicher und schriftlicher Arbeitsvertrag nicht.
Ein großer Unterschied liegt jedoch darin, dass der Arbeitnehmer nicht nachweisen kann, auf welche Konditionen er sich mit seinem Chef geeinigt hat. Das kann im schlimmsten Fall ein Grund für Probleme werden.
Ein mündlicher Arbeitsvertrag ist trotzdem gültig. Das liegt, nach Angabe von Juristen, daran, dass beide Parteien eine übereinstimmende Willenserklärung abgegeben haben. Der Arbeitgeber hat einen Arbeitsvertrag angeboten und der Arbeitnehmer hat den Vertrag angenommen. Damit ist ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
Mündlicher Arbeitsvertrag und Beweislast
Was mündlich vereinbart wurde, lässt sich nur schwer beweisen. Arbeitnehmer, die mit ihrem Arbeitgeber in einen Konflikt über die vereinbarten Konditionen geraten, könnten somit das Nachsehen haben. Wenn der Chef bessere Konditionen versprochen hat, als er später bereit ist zu geben, kommt die Beweislast bei einem mündlichen Arbeitsvertrag ins Spiel und mit ihr das Nachweisgesetz (NachwG).
Dieses Gesetz besagt nämlich, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hat, die wichtigsten Inhalte des Vertrages in schriftlicher Form zu bekommen. Einen komplett mündlichen Arbeitsvertrag gibt es daher nur in Ausnahmefällen. Zum Beispiel dann, wenn eine Aushilfe für einen Monat oder weniger eingestellt wurde. Der Arbeitgeber muss die wichtigsten Vertragspunkte nämlich spätestens einen Monat nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses seinem Arbeitnehmer übergeben.
(Übrigens: Für verbindliche Aussagen sollten Sie einen Experten wie zum Beispiel einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu Rate ziehen. Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und wir können keine Gewähr für die Aussagen übernehmen, da wir hier lediglich allgemeine Zusammenhänge darstellen, die einer groben Orientierung dienen können.)
Zu diesen Inhalten, die der Arbeitnehmer seinem Beschäftigten in Schriftform aushändigen muss, gehören:
- Name und Anschrift der beiden Vertragsparteien
- Der Termin, zu dem das Arbeitsverhältnis begonnen hat
- Genau Beschreibung der Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer ausführen soll
- Ort, an dem die Arbeit erbracht werden soll
- Höhe des Entgelts, das vereinbart wurde
- Anzahl der wöchentlich oder monatlich zu leistenden Stunden
- Anzahl der Urlaubstage pro Jahr
- Kündigungsfristen
- Sofern es sich um einen befristeten Arbeitsvertrag handelt, muss die Dauer der Befristung in diesem Dokument festgehalten werden
- Hinweis darauf, ob für den Arbeitnehmer ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine andere Vereinbarung gilt
Diesen Nachweis muss der Arbeitnehmer unbedingt in Schriftform erhalten und der Arbeitgeber muss diesen Nachweis unterschreiben. Es reicht nicht aus, wenn der Chef die Konditionen in einer E-Mail oder einer anderen elektronischen Nachricht für den Beschäftigten zusammenfasst.
Befristeter Arbeitsvertrag: Die Ausnahme
Soll das Arbeitsverhältnis befristet geschlossen werden, reicht ein mündlicher Arbeitsvertrag nicht aus. Auch wenn sich beide Vertragsparteien einig darüber sind, dass der Arbeitsvertrag befristet geschlossen werden soll und eine mündliche Vereinbarung in Ordnung ist, sieht das der Gesetzgeber nicht so. Ein befristeter Arbeitsvertrag muss in jedem Fall schriftlich festgehalten werden.
Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer denken, einen befristeten Arbeitsvertrag mündlich geschlossen zu haben, entspricht das nicht der Wahrheit. Juristen weisen immer wieder darauf hin, dass mündlich geschlossene Arbeitsverträge unbefristet sind.
Achtung: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Bei Fragen zum mündlichen Arbeitsvertrag und anderen rechtlichen Aspekten sollte man immer einen Fachmann befragen, wenn man eine verbindliche Auskunft haben möchte. Wir können in diesem Artikel lediglich allgemeine Zusammenhänge wiedergeben und übernehmen keine Gewähr für die Aussagen.
Ist ein mündlicher Arbeitsvertrag bindend?
Wie wir gesehen haben, ist auch ein mündlicher Arbeitsvertrag gültig. Sollte der Beschäftigte noch keinen schriftlichen Nachweis über die konkreten Konditionen haben, gelten die gesetzlichen Vorschriften.
Bei einer 5-Tage-Woche würde das zum Beispiel bedeuten, dass der Mindesturlaub bei 20 Tagen pro Jahr liegt. Da mittlerweile jedoch viele Arbeitgeber deutlich bessere Bedingungen bieten und sich der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber auf mehr Urlaub einigen konnte, ist es ratsam, so schnell wie möglich einen schriftlichen Nachweis darüber zu bekommen.
Nach mündlicher Zusage Arbeitsvertrag absagen?
Der mündliche Arbeitsvertrag ist natürlich für beide Seiten bindend. Für Arbeitnehmer heißt das, dass sie es sich nicht einfach anders überlegen und am ersten Tag trotz mündlichem Arbeitsvertrag nicht zur Arbeit erscheinen dürfen.
Im Normalfall wird der Arbeitgeber nicht bestrebt sein, einen Mitarbeiter zum Arbeiten zu drängen, der dazu keine Lust hat. Auf der anderen Seite könnten jedoch Schadenersatzansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer entstehen. Das hängt jedoch von den konkreten Umständen ab und kann nur von einem Fachanwalt beantwortet werden.
Welche Kündigungsfrist gilt bei einem mündlichen Arbeitsvertrag?
Auch in diesen Fall gilt, dass im Zweifel die gesetzlichen Vorschriften gelten. Sollten Sie als Arbeitnehmer also keine schriftliche Bestätigung von ihrem Arbeitgeber im Sinne des Nachweisgesetzes erhalten haben, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist.
In der Probezeit ist die Kündigung in der Regel innerhalb eines Arbeitstages möglich. Ist die Probezeit bereits abgelaufen, beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist vier Wochen – entweder zum 15. des Monats oder zum Monatsletzten.
Mündlichen Arbeitsvertrag nachträglich schriftlich festhalten
Fühlt sich der Arbeitnehmer mit dem rein mündlichen Arbeitsvertrag nicht wohl, kann der Mitarbeiter mit seinem Chef klären, ob die Punkte, die mündlich besprochen wurden, auch schriftlich festgehalten werden können.
Juristen weisen darauf hin, dass Arbeitnehmer in der Regel einen Anspruch darauf haben, dass der mündliche Arbeitsvertrag nachträglich schriftlich festgehalten wird. Lohnen kann sich dieses Vorgehen für beide Seiten, da dadurch die wichtigsten Konditionen nachvollziehbar festgehalten werden und sich weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber benachteiligt fühlen dürften.
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