Mindestlohn: Höhe, Anspruch & Ausnahmen
Unternehmen müssen möglichst wirtschaftlich geführt werden, um wettbewerbsfähig zu sein. Das führt dazu, dass viele Arbeitgeber bei den Löhnen und Gehältern ihrer Mitarbeiter sparen. Damit diese nicht zu gering ausfallen, gibt es seit dem Jahr 2015 einen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland. Für wen gilt der Mindestlohn? Wer hat keinen Anspruch darauf? Und wie hoch ist der Mindestlohn gegenwärtig? Darum geht es in diesem Beitrag.
Mindestlohn: Was ist das?
In Deutschland gibt es seit dem 1. Januar 2015 einen gesetzlichen Mindestlohn. Was bedeutet das? Die jeweils aktuelle Höhe des Mindestlohns in Deutschland stellt die absolute Lohnuntergrenze dar. Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten mindestens diesen Betrag pro Stunde zahlen. Der Mindestlohn darf im Regelfall nicht unterschritten werden, aber es steht Arbeitgebern natürlich frei, freiwillig ein höheres Gehalt oder einen höheren Lohn zu zahlen.
Ob in Deutschland ein Mindestlohn eingeführt werden sollte, war lange ein Streitthema zwischen den Parteien. Kritiker haben befürchtet, durch die Einführung eines Mindestlohns würden Arbeitsplätze ins Ausland verlagert, wo Arbeitskräfte billiger wären. Befürworter des Mindestlohns verweisen hingegen darauf, dass sich Arbeit lohnen muss. Sind die Löhne zu niedrig, kann es sein, dass die Einnahmen selbst bei einer Vollzeit-Tätigkeit nicht zum Leben reichen. Das gilt besonders in Städten mit hohen Mieten.
Geregelt ist der Mindestlohn im Mindestlohngesetz, kurz MiLoG. Darin geht es unter anderem darum, wann der Mindestlohn fällig wird, wie sich die Mindestlohnkommission zusammensetzt, die über die Höhe des Mindestlohns entscheidet, und die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohngesetzes.
Wer legt die Höhe des Mindestlohns in Deutschland fest?
Beim gesetzlichen Mindestlohn handelt es sich nicht um einen fixen Betrag, dessen Höhe sich nicht verändert. Die Höhe des Mindestlohns in Deutschland wird regelmäßig angepasst. Auf welche Beträge er jeweils steigen soll, legt nach dem MiLoG die Mindestlohnkommission fest. Dabei handelt es sich um ein unabhängiges Gremium. Neben Vertretern der Arbeitgeber gehören auch Vertreter der Gewerkschaften sowie wissenschaftliche Mitglieder zur Mindestlohnkommission.
Die Mindestlohnkommission legt nicht nur die Höhe des Mindestlohns fortlaufend fest, sie ist auch dafür zuständig, die Auswirkungen des Mindestlohns zu evaluieren. Dabei geht es insbesondere darum, wie sich der gesetzliche Mindestlohn auf den Schutz von Arbeitnehmern, die Wettbewerbsbedingungen und Produktivität sowie die Beschäftigung in bestimmten Branchen und Regionen auswirkt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung schlagen sich alle zwei Jahre in einem Bericht an die Regierung nieder, mit dem die Kommission zugleich Vorschläge zur künftigen Höhe des Mindestlohns unterbreitet.
Wie hoch ist der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland?
Seit seiner Einführung im Januar 2015 ist der Mindestlohn immer wieder erhöht worden. Betrug er im Jahr 2015 zunächst 8,50 Euro pro Stunde, liegt die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns inzwischen seit dem 1. Januar 2024 bei 12,41 Euro pro Stunde. Ist der Mindestlohn brutto oder netto? Gemeint sind Brutto-Beträge, von denen entsprechend noch Steuern und Sozialversicherungsabgaben abgehen.
Zum 1. Januar 2025 soll der gesetzliche Mindestlohn auf 12,82 Euro pro Stunde angehoben werden.
Branchenmindestlöhne ergänzen den gesetzlichen Mindestlohn
Beim gesetzlichen Mindestlohn handelt es sich um einen flächendeckenden Mindestlohn für ganz Deutschland. Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es verschiedene Branchenmindestlöhne, die speziell für Beschäftigte in bestimmten Branchen gedacht sind. Sie sind auch als Tariflöhne bekannt. Tariflöhne dürfen den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten. Dort, wo es Branchenmindestlöhne gibt, weichen Lohn oder Gehalt also nach oben vom allgemeinen Mindestlohn ab.
Tariflöhne ergeben sich aus anwendbaren Tarifverträgen für bestimmte Branchen. Sofern ein Tarifvertrag für Beschäftigte gilt, dürfen ihnen Arbeitgeber keinen geringeren Lohn zahlen als den Branchenmindestlohn. Nach oben darf jedoch von einem Tariflohn abgewichen werden.
Wer hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn?
Für wen gilt der Mindestlohn? Der Geltungsbereich des Mindestlohns ergibt sich aus dem Mindestlohngesetz. § 1 Absatz 1 MiLoG legt fest: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch Arbeitgeber“.
Somit ist klar: Grundsätzlich gilt der gesetzliche Mindestlohn für alle Arbeitnehmer in Deutschland. Dabei ist unerheblich, ob es sich um eine Vollzeitbeschäftigung oder einen Teilzeitjob, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis oder eine befristete Stelle handelt. Der Mindestlohn gilt auch für Minijobs.
Mindestlohn: Diese Ausnahmen gelten
Kann sich also jeder Beschäftigte auf den Mindestlohn berufen, wenn es um seine Vergütung geht? Nein. Es gibt beim Mindestlohn verschiedene Ausnahmen, die dazu führen, dass Arbeitgeber den Betroffenen auch weniger zahlen können als den Mindestlohn.
Keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben:
- Freiberufler und andere Selbständige
- Menschen, die eine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben
- Minderjährige Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung
- Auszubildende (hier besteht Anspruch auf die Mindestausbildungsvergütung)
- Langzeitarbeitslose, die einen neuen Job ausüben (gilt nur für die ersten sechs Monate einer neuen Beschäftigung)
- Beschäftigte, die eine Einstiegsqualifizierung machen oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung teilnehmen
- Ein-Euro-Jobber und andere Beschäftigte, die sich in einer Maßnahme zur Arbeitsförderung befinden
- Praktikanten in bestimmten Fällen
Wann bekommen Praktikanten Mindestlohn?
Manche Praktikanten haben Anspruch auf den Mindestlohn, andere nicht. Wovon hängt das ab? Es kommt auf die individuellen Umstände an.
Keinen Anspruch auf Mindestlohn haben Praktikanten, die
- ein Pflichtpraktikum – egal welcher Länge – machen, das von Schule, Universität oder im Rahmen einer Ausbildung vorgesehen ist sowie
- Praktikanten, die freiwillig ein Praktikum zur beruflichen Orientierung machen. Dafür darf das Praktikum höchstens drei Monate andauern.
Ein Anspruch auf Mindestlohn besteht hingegen, wenn
- ein freiwilliges Praktikum länger als drei Monate dauert.
- Voraussetzung hierfür ist, dass der Praktikant volljährig ist oder eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen kann.
In den meisten Fällen haben Praktikanten somit keinen Anspruch auf eine Bezahlung mit dem Mindestlohn. In Praktika, in denen der Mindestlohn nicht greift, können Arbeitgeber selbst entscheiden, ob und wie viel sie ihren Praktikanten zahlen. Das hat zur Folge, dass nach wie vor viele Praktika gänzlich unbezahlt sind. Wenn sie überhaupt etwas verdienen, dann erhalten Praktikanten oft nur wenige Hundert Euro pro Monat. Die Branche macht allerdings einen Unterschied: Wer ein Praktikum bei einer Unternehmensberatung, bei Wirtschaftsprüfern oder in der IT macht, erhält oft deutlich mehr Geld als jemand, der ein Praktikum bei Zeitungen, dem öffentlichen Rundfunk oder anderen Medien absolviert.
Arbeitgeber verweigert Mindestlohn: Betroffene können klagen
Nicht jeder Arbeitgeber hält sich an die Vorgaben des Mindestlohngesetzes. Das führt dazu, dass viele Arbeitnehmer den Mindestlohn nicht erhalten, obwohl sie einen Anspruch darauf hätten. Besonders in Branchen, wo Schwarzarbeit weit verbreitet ist, kommt das immer wieder vor. Arbeitgeber wiegen sich in Sicherheit – wer sie anzeigt, müsste sich schließlich auch selbst belasten.
Diesen Schritt gehen viele Betroffene tatsächlich nicht. Sie nehmen das niedrigere Gehalt hin, um ihren Job nicht zu verlieren. Das gilt auch für manche Arbeitnehmer, die so viele Überstunden machen müssen, dass die Mindestlohn-Vorgaben de facto unterlaufen werden.
Betroffene müssen sich allerdings nicht mit einem mickrigen Gehalt zufriedengeben, wenn ein Anspruch auf den Mindestlohn besteht. Sie können ihr Recht juristisch geltend machen. Eine Klage ist bis zu drei Jahre rückwirkend möglich. Oft reicht allerdings schon ein Gespräch mit dem Arbeitgeber aus – ihm wird nichts daran gelegen sein, eine Klage am Hals zu haben.
Wer schwarz bezahlt wird, kann den Arbeitgeber bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit melden. Der Arbeitgeber kann dann zu einer Geldstrafe verurteilt werden, zusätzlich muss er unrechtmäßig nicht gezahlte Beiträge an die Sozialversicherungsträger nachzahlen. Wer überlegt, rechtliche Schritte gegen seinen Arbeitgeber einzuleiten, sollte sich am besten von einem Fachanwalt beraten lassen.
Bildnachweis: John Kehly / Shutterstock.com