Karenzentschädigung: Diese Regelungen sollten Sie kennen
Ehemalige Mitarbeiter, die zur Konkurrenz wechseln, können für Unternehmen ein Problem sein. Schließlich können sich daraus Wettbewerbsnachteile ergeben. Deshalb verankern manche Arbeitgeber ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag. Es ist nur wirksam, wenn der frühere Beschäftigte zugleich eine Karenzentschädigung erhält. Diese Regelungen zum Thema Karenzentschädigung sollten Sie kennen – von der Frage, wann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirksam ist, bis zur Frage, wie sich ein neuer Job auf eine Karenzentschädigung auswirkt.
Karenzentschädigung: Definition
Ein Arbeitnehmer, der sich in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, darf nicht parallel für einen Konkurrenten seines Arbeitgebers tätig sein. Konkurrenz- und Wettbewerbstätigkeiten sind Arbeitnehmern im laufenden Arbeitsverhältnis nach § 60 Handelsgesetzbuch (HGB) nicht erlaubt. Ausnahmen von dieser Regel sind nur mit der Zustimmung des Arbeitgebers möglich.
Dieses Wettbewerbsverbot besteht grundsätzlich nur so lange, wie das Beschäftigungsverhältnis andauert. Nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen können sich Arbeitnehmer einen neuen Job suchen – auch bei der Konkurrenz. Genau das wollen viele Arbeitgeber mit einer Klausel im Arbeitsvertrag ausschließen. Besonders relevant sind Karenzentschädigungen bei Geschäftsführern und hochrangigen Mitarbeitern. Ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag verankert, dürfen Beschäftigte in einem bestimmten Zeitraum nicht jeden Job annehmen. Besonders in örtlicher Nähe zum ehemaligen Arbeitgeber dürfen sie nicht in Konkurrenz zu diesem treten.
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot schränkt den Beschäftigten in seiner freien Berufswahl gemäß Artikel 12 des Grundgesetzes ein. Abhängig von der konkreten Regelung im Arbeitsvertrag kann es für ihn schwierig sein, überhaupt einen vergleichbaren Job im jeweiligen Bereich zu finden, weil er damit gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen würde.
Um die Nachteile auszugleichen, die für Arbeitnehmer mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot einhergehen, ist eine solche Regelung nur wirksam, wenn sie mit einer Entschädigung verbunden ist. Arbeitgeber müssen ihren ehemaligen Beschäftigten für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Karenzentschädigung zahlen. Die Begriffsbezeichnung stammt vom lateinischen Wort für „Verzicht“ oder „Entbehrung“ ab. Die Karenzentschädigung dient als Kompensation für entgangenen Lohn.
Voraussetzungen: Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirksam?
Eine Karenzentschädigung kann bei der Aufnahme eines neuen Jobs nur fällig werden, wenn das nachvertragliche Wettbewerbsgebot für sich genommen wirksam ist. Arbeitgeber müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot rechtssicher im Arbeitsvertrag zu verankern:
- Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot darf für höchstens zwei Jahre vorgesehen sein.
- Aus der jeweiligen Regelung geht klar hervor, welche Jobs der betroffene Arbeitnehmer während des Wettbewerbsverbots (nicht) annehmen darf.
- Kein Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung: Die Zahlung einer Karenzentschädigung ist vorgesehen. Sie darf eine bestimmte Höhe nicht unterschreiten.
- Der (ehemalige) Arbeitgeber muss ein berechtigtes Interesse daran haben, dass sein Ex-Beschäftigter keinen neuen Job im Gültigkeitsbereich des Wettbewerbsverbots annimmt.
Sind die genannten Voraussetzungen ganz oder teilweise nicht erfüllt, wird das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber die Karenzentschädigung nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses einfach nicht zahlt. Unwirksam wäre ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag auch dann, wenn der Arbeitgeber zugleich ausschließen wollte, dass neben Gehalt oder Lohn weitere regelmäßige Bestandteile des Verdiensts in die Berechnung der Karenzentschädigung einfließen.
Welche Folgen hat ein unwirksames Wettbewerbsverbot?
Ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot aus bestimmten Gründen unwirksam, hat das Vorteile für Arbeitnehmer. Sie können sich dann entscheiden, ob sie sich dennoch an das Wettbewerbsverbot halten. In diesem Fall haben sie Anspruch auf die Karenzentschädigung, obwohl das Wettbewerbsverbot unwirksam ist.
Ebenso können Arbeitnehmer sich ohne Einschränkungen einen neuen Job suchen. Sie haben zwar keinen Anspruch mehr auf eine Karenzentschädigung, können vom ehemaligen Arbeitgeber aber auch nicht für diesen Schritt belangt werden.
Karenzentschädigung: Wie hoch ist sie?
Wenn im Rahmen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine Karenzentschädigung fällig wird, legt der Arbeitgeber deren Höhe fest. Völlig frei ist er in der Festlegung der Höhe der Karenzentschädigung allerdings nicht. Gemäß § 74 HGB muss eine Karenzentschädigung pro Jahr der Gültigkeit mindestens die Hälfte der zuletzt vertragsmäßig bezogenen Leistung ausmachen. Daraus folgt, dass nicht nur der Lohn oder das Gehalt als Berechnungsgrundlage für eine Karenzentschädigung herangezogen wird. Auch weitere Bestandteile des üblichen Verdiensts fließen ein.
Das kann zum Beispiel Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld betreffen. Geldwerte Vorteile fließen ebenfalls in die Berechnung der Karenzentschädigung ein, etwa Dienstwagen oder Smartphones, die auch privat genutzt werden dürfen. Ein mögliches 13. Monatsgehalt wirkt sich ebenso auf die Höhe der Karenzentschädigung aus wie eine Gewinnbeteiligung oder Zulagen (bspw. Sonntags– und Feiertagszulagen, Schmutzzulage).
Der ehemalige Arbeitgeber muss die Karenzentschädigung jeweils am Monatsende an seinen ehemaligen Mitarbeiter zahlen.
Karenzentschädigung: Steuern, Sozialversicherung und Arbeitslosengeld
Was ist bei einer Karenzentschädigung mit Steuern, der Sozialversicherung und dem Arbeitslosengeld? Beim Thema Karenzentschädigung und Steuer gilt: Empfänger einer Karenzentschädigung müssen diese versteuern, es fällt Einkommenssteuer darauf an. Sozialversicherungsbeiträge werden jedoch nicht fällig. Wenn die Kompensation nach der Kündigung ausgezahlt wird, gehen von der Karenzentschädigung keine Beiträge für die Sozialversicherung ab.
Womöglich beziehen Empfänger einer Karenzentschädigung Arbeitslosengeld, weil sie keinen passenden Job finden, der nicht durch das Wettbewerbsverbot ausgeschlossen wäre. Kürzungen beim Arbeitslosengeld I drohen jedoch nicht; eine Karenzentschädigung hat keine Auswirkungen auf die Ansprüche der Betroffenen.
Kann das Arbeitslosengeld auf die Höhe der Karenzentschädigung angerechnet werden? Das ist nicht abschließend geklärt, aber grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil aus dem Jahr 2011 festgelegt, dass nur der tatsächlich ausbezahlte Betrag auf eine Karenzentschädigung angerechnet werden darf (Az. 10 AZR 198/10). Diese Vorgabe führt dazu, dass praktisch ausgeschlossen ist, dass die Höhe der Karenzentschädigung durch den Bezug von Arbeitslosengeld sinkt. Eine Anrechnung ist nur erlaubt, wenn Betroffene durch Karenzentschädigung und Arbeitslosengeld mehr als 110 Prozent der früheren vertragsmäßigen Leistungen erhalten.
Wird die Karenzentschädigung noch gezahlt, wenn man einen neuen Job hat?
Endet der Anspruch auf den Erhalt einer Karenzentschädigung, wenn Arbeitnehmer einen neuen Job antreten? Es kommt auf das Gehalt an. Grundsätzlich kann ein zusätzliches Einkommen auf die Höhe der Karenzentschädigung angerechnet werden. Sie entfällt also nicht vollkommen, kann aber gekürzt werden.
Bei der Anrechnung eines neuen Jobs muss der ehemalige Arbeitgeber geltende Anrechnungsgrenzen beachten. Das Gehalt darf nur angerechnet werden, wenn der Arbeitnehmer dadurch zusammen mit der Karenzentschädigung über mehr als 110 Prozent seiner bisherigen vertragsmäßigen Leistungen verfügt. War für die Jobsuche ein Umzug nötig, liegt die Anrechnungsgrenze mit 125 Prozent der bisherigen vertragsmäßigen Leistungen noch höher.
Wird die Anrechnungsgrenze durch das neue Gehalt überschritten, darf der ehemalige Arbeitgeber die Karenzentschädigung um den überschüssigen Teil kürzen.
Jobangebot abgelehnt: Auswirkungen auf den Anspruch auf eine Karenzentschädigung
Haben Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf eine Karenzentschädigung, wenn sie Jobangebote ablehnen oder schlicht nicht auf Jobsuche gehen? Es kommt auf die Umstände an. Prinzipiell können die Betroffenen selbst entscheiden, was sie in der Zeit nach der Kündigung beim alten Arbeitgeber machen. Sie sind nicht dazu verpflichtet, sofort einen neuen Job zu suchen. Ebenso wenig müssen sie sofort Arbeitslosengeld beantragen.
Wer eine Karenzentschädigung erhält, muss auch nicht jeden Job annehmen, der nicht unter das Wettbewerbsverbot fällt. Nur bei einem „böswilligen Unterlassen“ gemäß § 74c HGB kann der ehemalige Arbeitgeber die Karenzentschädigung reduzieren. Um böswilliges Unterlassen kann es sich handeln, wenn Betroffene einen zumutbaren Job nicht annehmen oder sich für ein Jobangebot entscheiden, bei dem sie weniger verdienen als sie könnten.
Es ist die Aufgabe des ehemaligen Arbeitgebers, böswilliges Unterlassen nachzuweisen. Gelingt ihnen das, dürfen sie ein fiktives Gehalt auf die Höhe der Karenzentschädigung anrechnen. Praktisch gestaltet sich der Nachweis jedoch oft schwierig. Mit einer guten Begründung können Betroffene zudem verhindern, dass ihr Handeln als böswilliges Unterlassen eingestuft werden kann.
Darf der ehemalige Arbeitgeber die Zahlung der Karenzentschädigung einstellen?
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot liegt grundsätzlich eher im Interesse von Arbeitgebern als von Arbeitnehmern. Arbeitgeber entscheiden, ob sie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in den Arbeitsvertrag aufnehmen oder darauf verzichten. Doch wie verhält es sich, wenn im Arbeitsvertrag Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung vorgesehen sind – dürfen Arbeitgeber auch nachträglich darauf verzichten?
Das ist grundsätzlich möglich. Der Arbeitgeber kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot schriftlich aufheben. Die Karenzentschädigung muss er dann nur noch bis zum Ablauf des Jahres zahlen, in dem die Verzichtserklärung übermittelt wurde.
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