Führungsstile: Übersicht, Vor- und Nachteile
Im Fußball läuft das meist so: Spielt die Mannschaft mehrere Mal schlecht, muss der Trainer gehen. Im Berufsleben werden Führungskräfte nicht ganz so zügig gefeuert, obwohl schlechte Motivation und fehlende Produktivität im Team auch hier mit dem Führungsstil des Vorgesetzten zusammenhängen können. Vielleicht steckt dahinter aber gar keine böse Absicht, sondern einfach die Unkenntnis verschiedener Führungsstile. Wer daran etwas ändern möchte, sollte jetzt weiterlesen. Denn wir stellen verschiedene Führungsstile vor und listen ihre Vor- und Nachteile auf.
Führungsstile: Was versteht man darunter?
Als Führungsstil im Job bezeichnet man die Art und Weise, in der sich ein Vorgesetzter seinen Mitarbeitern gegenüber verhält. Nicht immer entscheiden sich Führungskräfte jedoch bewusst für eine bestimmte Art von Mitarbeiterführung. Einige lassen sich auch einfach von ihrer Intuition und ihrer eigenen Persönlichkeit leiten.
Unstrittig ist, dass der Führungsstil des Vorgesetzten einen starken Einfluss auf die Mitarbeiter haben kann. Was wir an uns selbst beobachten können: Einige Menschen kommen gut damit zurecht, mit größtmöglicher Freiheit arbeiten und entscheiden zu können. Andere dagegen brauchen klare Ansagen und feste Deadlines.
Kurzum, nicht jeder Führungsstil eignet sich für jeden Mitarbeiter. Noch schwieriger wird die Sache dadurch, dass die Führungsstile, wie sie in der Wissenschaft beschrieben werden, nur in Ausnahmefällen in genau dieser Reinform vorkommen.
Führungsstile nach Kurt Lewin
Der Psychologe Kurt Lewin gilt als Begründer der Beschreibungen klassischer Führungsstile. Dabei untersuchte er zunächst gar nicht, wie sich unterschiedliche Führungsstile in beruflichen Zusammenhängen auswirken können. Bei seinen Studien konzentrierte er sich stattdessen auf Gruppen von Jugendlichen und wie diese mit unterschiedlichen Arten von Führung umgehen.
Trotzdem können seine Erkenntnisse heute dafür genutzt werden, Führungskräften einen Einblick in die verschiedenen Stile zu geben. Denn er studierte hauptsächlich, wie sich folgende Faktoren je nach Führungsstil ändern:
- Effizienz
- Produktivität
- Teambuilding und Zusammenhalt der Gruppe
- Zufriedenheit
Das sind genau die Punkte, die auch für Führungskräfte wichtig sind, wenn sie das Beste aus ihrem Team herausholen wollen.
Kooperativer Führungsstil
Dieser Führungsstil wird auch demokratischer Führungsstil genannt. Und er hält, was der Name verspricht: Der Vorgesetzte bindet seine Mitarbeiter bei den Entscheidungen ein. Häufig wird dabei vorab ganz offen im Team diskutiert, welcher Weg eingeschlagen werden soll.
Was nicht bedeutet, dass die Führungskraft ihre Kompetenzen komplett abgibt. Wenn nötig, darf auch im kooperativen Führungsstil ein „Machtwort“ gesprochen werden und der Vorgesetzte die Entscheidung ganz allein treffen.
Weiteres Kennzeichen: Der Vorgesetzte zieht sich immer mehr aus der Rolle des Kontrolleurs zurück und lässt die Mitarbeiter eigene Entscheidungen treffen und sogar die Arbeitsergebnisse selbst überprüfen.
Die Vor- und Nachteile des kooperativen Führungsstils
Daraus ergeben sich eine ganze Menge Vorteile:
- Die Mitarbeiter lernen ein großes Maß an Eigenverantwortung.
- Sie bekommen einen Einblick in unternehmerische Entscheidungen und Abläufe.
- Sie sind motivierter und produktiver, weil sie zum großen Teil selbstbestimmt arbeiten dürfen.
- Mitarbeiter identifizieren sich stärker mit dem Unternehmen, was die Bindung an den Arbeitgeber fördert und Kündigungen unwahrscheinlicher macht.
Auf der anderen Seite lauern aber auch Gefahren, wenn Führungskräfte das richtige Maß nicht finden:
- Mitarbeiter können sich im Klein-Klein verlieren, weil ihnen die nötige Führung fehlt.
- Der Vorgesetzte kann seine Autorität und Entscheidungsgewalt verlieren.
- Die Konkurrenz im Team kann über ein gesundes Maß hinaus anwachsen, wenn Vorgesetzte nicht regulierend eingreifen.
- Entscheidungen, die das gesamte Team betreffen, können sehr lange dauern, weil jeder Mitarbeiter seine Meinung dazu abgeben darf.
Der autoritäre Führungsstil
Auch bei dem autoritären Führungsstil ist der Name ziemlich gut gewählt. Hier ist der Vorgesetzte noch eine klare Autoritätsperson, die das Sagen hat. Mitarbeiter sind in erster Linie dazu da, die Anweisungen der Führungskraft zu befolgen.
Die Vor- und Nachteile des autoritären Führungsstils
Obwohl dieser Führungsstil zunächst etwas altmodisch anmutet, kann er doch mit einigen Vorteilen überzeugen:
- Entscheidungen werden vom Chef allein getroffen. Das erhöht die Geschwindigkeit ungemein.
- Jeder Mitarbeiter weiß idealerweise genau, was er wann tun soll.
- Der Vorgesetzte kontrolliert die einzelnen Schritte und sorgt dafür, dass alles reibungslos abläuft.
Auf der anderen Seite gibt es auch Nachteile:
- Wenn der Vorgesetzte überarbeitet oder überfordert ist, kommt es schneller zu falschen Entscheidungen. Eine Rücksprache mit den Mitarbeitern fehlt bei diesem Führungsstil nämlich komplett.
- Ist die Führungskraft krank oder im Urlaub, gibt es nur selten einen Mitarbeiter, der an seine Stelle treten kann. Das kann Prozesse verzögern.
Der Laissez-faire Führungsstil
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass bei diesem Führungsstil jeder Mitarbeiter macht, was er machen will. Denn die Führungskraft hält sich nahezu komplett aus dem Geschehen raus und überlässt den Mitarbeitern die Entscheidung.
Bis hierhin ähnelt der Laissez-faire-Führungsstil dem kooperativen Führungsstil. Er geht aber noch einen ganzen Schritt weiter: Wenn Mitarbeiter gute Leistungen bringen, lobt die Führungskraft nicht. Umgekehrt werden schlechte Leistungen aber auch nicht gerügt. Der Vorgesetzte ist bei diesem Führungsstil also nahezu unsichtbar und setzt zum Großteil auf die Eigenverantwortung der Mitarbeiter.
Die Vor- und Nachteile des Laissez-faire Führungsstils
Auch dieser Stil hat verschiedene Vor- und Nachteile. Die Vorteile:
- Mitarbeiter können genau so arbeiten, wie sie möchten. Das fördert die Eigenverantwortung und Kompetenz.
- Mitarbeiter sind zufriedener, wenn sie eigene Entscheidungen treffen können. Auch das wirkt sich positiv auf die Motivation und Produktivität aus.
Nachteile gibt es ebenso beim Laissez-faire-Stil:
- Einige Mitarbeiter sind überfordert, wenn sie wenig bis gar keine Unterstützung bekommen.
- Mitarbeiter könnten untereinander zu Rivalen werden, wenn es keine klare Führungsposition gibt.
Situativer Führungsstil: Abhängig von den individuellen Anforderungen
Die vorangehenden Führungsstile gehören zu den Klassikern, die jede Führungskraft (und gerne auch die Angestellten) kennen sollten. Jedoch darf man nicht vergessen, dass es sich dabei um die Beschreibung von Gruppenprozessen von vor einigen Jahrzehnten handelt. Noch dazu waren die Untersuchungen von Kurt Lewin gar nicht auf die Berufswelt ausgerichtet – was nicht bedeutet, dass sie keine wertvollen Einblicke liefern können.
In jüngerer Vergangenheit haben sich jedoch neue Führungsstile entwickelt, die sich eher an den beruflichen Gegebenheiten orientieren – beispielsweise der situative Führungsstil.
Der situative Stil ist dadurch gekennzeichnet, dass verschiedene Situationen verschiedenes Handeln erfordern. Anders ausgedrückt: Was bei dem einen in der Situation A gut funktioniert, muss noch lange nicht in der Situation B von Erfolg gekrönt sein.
Das ist aber noch nicht alles: Nicht nur verschiedene Situationen erfordern verschiedene Führungsstile. Die unterschiedlichen Mitarbeiter brauchen unterschiedliche Führung – auch darauf ist der situative Führungsstil vorbereitet und ausgerichtet, weshalb er zwischen verschiedenen Modellen wechselt. Er ist abhängig vom jeweiligen Mitarbeiter:
- Autoritär (telling): Wenn Mitarbeiter Probleme haben, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, empfiehlt sich dieser Führungsstil. Dabei bekommt der Mitarbeiter klare Anweisungen, an denen er sich orientieren kann.
- Kooperativ (selling): Hierbei wird der Mitarbeiter schon ein Stück weiter in den Prozess einbezogen. Die Führungskraft trifft zwar immer noch die Entscheidungen, der Mitarbeiter kann sich aber beteiligen.
- Karitativ (participating): In dieser Stufe orientiert sich der Vorgesetzte weniger an den Aufgaben an sich, sondern eher am Mitarbeiter. Dieser soll dazu befähigt werden, Entscheidungen noch häufiger allein zu treffen. Die Führungskraft ist dazu da, zu erkennen, was der Mitarbeiter benötigt und ihn bestmöglich zu unterstützen.
- Laissez-faire (delegating): Die letzte Stufe des situativen Führungsstils kennen wir bereits. Auch jetzt darf der Mitarbeiter wieder seine eigenen Entscheidungen treffen. Er muss dafür aber auch die Verantwortung übernehmen. Allerdings wurde er durch die vorhergehenden Stufen vorbereitet, sodass die Nachteile nun weniger ausgeprägt sein dürften.
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