Freistellung: Was Sie darüber wissen sollten
Die Grundlagen eines Arbeitsverhältnisses sind simpel: Der Arbeitnehmer erbringt eine Arbeitsleistung, wofür ihn der Arbeitgeber im Gegenzug entlohnt. Daraus folgt, dass der Beschäftigte nicht einfach der Arbeit fernbleiben darf. Eine Ausnahme von dieser Regel besteht jedoch, wenn der Mitarbeiter vom Arbeitgeber freigestellt wird. Wann kann es zu einer Freistellung von der Arbeit kommen? Was bedeutet sie für die Bezahlung? Und wie wirkt sich eine Freistellung auf den Urlaubsanspruch aus? Das und mehr zum Thema Freistellung erfahren Sie in diesem Artikel.
Was bedeutet eine Freistellung von der Arbeit?
Normalerweise ist ein Arbeitnehmer zur Arbeit verpflichtet. Die vertraglich festgelegten Tätigkeiten auszuüben ist seine Hauptpflicht als Arbeitnehmer, und die Voraussetzung für den Anspruch auf Entlohnung durch den Arbeitgeber. In bestimmten Fällen kann die Arbeitspflicht jedoch ausgesetzt werden. Das ist als Freistellung von der Arbeit – oder Suspendierung – bekannt.
Bei einer Freistellung ist die Pflicht zu arbeiten dauerhaft oder zeitweise aufgehoben. Der Beschäftigte muss nicht mehr bei der Arbeit erscheinen, der Arbeitgeber verzichtet für die Dauer der Freistellung ausdrücklich auf seine Arbeitsleistung. Zugleich besteht das Arbeitsverhältnis fort. Es ruht zwar, läuft aber formell weiter. Betroffene sind also in Freistellungsphasen nicht arbeitslos.
Wie lange kann eine Freistellung dauern?
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können eine Freistellung im Einvernehmen beschließen. Abhängig von den individuellen Umständen kann der Arbeitgeber alternativ einseitig über eine Freistellung entscheiden. Auch auf Bestreben des Arbeitnehmers kann es zu einer Freistellung kommen. Die Freistellung muss dann in der Regel beim Arbeitgeber beantragt werden. In vielen Fällen geht eine Freistellung von der Arbeit mit einer Freistellungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einher, wo die Details der beruflichen Auszeit geregelt sind.
In ihrer Dauer ist eine Freistellung variabel. Sie kann einen Tag oder eine Woche dauern, aber auch mehrere Monate. Außerdem kann eine Freistellung widerruflich oder unwiderruflich sein. Bei einer widerruflichen Freistellung behält sich der Arbeitgeber das Recht dazu vor, den Mitarbeiter zurück zur Arbeit zu rufen. Bei einer unwiderruflichen Freistellung ist das nicht möglich.
Wann kann es zu einer Freistellung kommen?
Grundsätzlich kann es in drei Fällen zu einer Freistellung kommen:
- der Arbeitnehmer bittet den Arbeitgeber um eine Freistellung
- der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, einen Mitarbeiter freizustellen
- der Arbeitgeber entscheidet einseitig über die Freistellung
Freistellung auf Wunsch des Arbeitnehmers
In manchen Fällen geht der Wunsch nach einer Freistellung vom Arbeitnehmer aus. Wenn ein Beschäftigter keinen Rechtsanspruch auf eine Freistellung durch den Arbeitgeber hat, kann er den Arbeitgeber nichtsdestotrotz darum bitten, freigestellt zu werden. Eine solche Freistellung ist in der Regel unbezahlt. Sie kommt zum Beispiel infrage, wenn der Arbeitnehmer einen längeren Urlaub machen möchte oder schlicht eine Pause braucht. Auch eine Fort- oder Weiterbildung kann eine Freistellung rechtfertigen, ebenso Kinderbetreuung. Macht ein Beschäftigter Altersteilzeit, geht das ebenfalls mit einer Freistellungsphase einher.
Gesetzliche Verpflichtung: Wann Arbeitgeber Beschäftigte freistellen müssen
In manchen Fällen sind Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet, Mitarbeiter freizustellen. In den meisten Fällen handelt es sich dann um eine bezahlte Freistellung. Beispiele für gesetzlich verpflichtende Freistellungen sind etwa:
- Um eine Freistellung handelt es sich zum Beispiel, wenn ein Beschäftigter Urlaub macht. Jeder Arbeitnehmer hat schließlich einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz.
- Auch ein Freizeitausgleich für Überstunden ist rechtlich eine Freistellung.
- Ist ein Mitarbeiter arbeitsunfähig, zum Beispiel wegen einer Erkrankung, darf der Arbeitgeber nicht von ihm verlangen, zu arbeiten.
- Eine Freistellung ist verpflichtend, wenn ein Arbeitnehmer Bildungsurlaub machen möchte. Einen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung für Bildungsurlaub gibt es in allen Bundesländern außer Bayern und Sachsen.
- Frauen im Mutterschutz dürfen einige Wochen vor und nach der Geburt ihres Kindes nicht arbeiten. Außerdem kann ein Arzt ein Tätigkeitsverbot aussprechen. Der Arbeitgeber muss werdende Mütter zudem für ärztliche Untersuchungen freistellen. So sieht es das Mutterschutzgesetz (MuSchG) vor.
- Anspruch auf eine Freistellung von der Arbeit haben auch Mitarbeiter, die in Elternzeit gehen möchten.
- Die eigene Hochzeit ist ein weiterer Grund für eine Freistellung.
- Das gilt auch für Notsituationen, etwa in der Familie. Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten dann aufgrund seiner Fürsorgepflicht ihm gegenüber freistellen.
- Möchte ein Arbeitnehmer Angehörige pflegen, hat er nach § 3 Pflegezeitgesetz (PflegZG) Anspruch auf eine unbezahlte Freistellung durch den Arbeitgeber.
- Mitarbeiter des Betriebsrats müssen vom Arbeitgeber nach den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ebenfalls freigestellt werden, um Betriebsratstätigkeiten nachgehen zu können.
- Wer sich nach einer Kündigung einen neuen Job suchen muss, hat für die Jobsuche nach § 629 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Anspruch auf eine bezahlte Freistellung von der Arbeit.
Ist der Anspruch auf eine Freistellung gesetzlich verankert, ist in der Regel keine Erklärung über die Freistellung erforderlich. Wer etwa erkrankt und nicht arbeiten kann, braucht keine explizite Erlaubnis des Arbeitgebers, um der Arbeit fernbleiben zu dürfen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes reicht in diesem Fall aus.
Freistellung auf Bestreben des Arbeitgebers
Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, beschäftigt zu werden. Ohne Weiteres kann der Arbeitgeber deshalb nicht über eine Freistellung verfügen. Sein Recht, eine Freistellung anzuordnen, ist beschränkt. In manchen Situationen kann der Arbeitgeber jedoch auch ohne die Zustimmung des betroffenen Mitarbeiters entscheiden, dass dieser freigestellt wird. Das setzt voraus, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Freistellung gegenüber dem Beschäftigungsinteresse des Mitarbeiters überwiegt.
- Ein denkbarer Fall ist die Freistellung nach einer Kündigung. Mitunter stellen Arbeitgeber gekündigte Mitarbeiter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeit frei. Das ist in der Regel maximal für drei Monate möglich und kann insbesondere mit einer verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigung einhergehen. Auch nach einer betriebsbedingten Kündigung kann eine Freistellung bis zum Austritt aus dem Unternehmen möglich sein.
- Eine Freistellung kommt auch infrage, wenn es zu wenig Arbeit gibt, um einen Mitarbeiter zu beschäftigen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Betrieb vorübergehend stillsteht, weil es technische oder organisatorische Probleme gibt.
- Der einseitige Beschluss über eine Freistellung eines Mitarbeiters kann das Resultat eines erschütterten Vertrauensverhältnisses sein. Möglicherweise hat der Arbeitgeber Grund zur Annahme, dass der Arbeitnehmer eine Straftat begeht, er Betriebsgeheimnisse weitergibt oder gegen das Wettbewerbsverbot verstößt.
- Auch, wenn der Arbeitnehmer sich oder andere gefährden würde, wenn er weiterhin zur Arbeit käme, kann der Arbeitgeber im Alleingang über eine Freistellung verfügen.
Was ist mit dem Gehalt bei einer Freistellung?
Eine Freistellung kann bezahlt oder unbezahlt sein. Es kommt auf die individuellen Umstände an, ob Sie weiterhin eine Vergütung vom Arbeitgeber erhalten oder nicht.
Eine bezahlte Freistellung betrifft meist Fälle, in denen die Freistellung vom Arbeitgeber ausgeht oder wo dieser durch gesetzliche Bestimmungen dazu gezwungen ist, einen Mitarbeiter von der Arbeit freizustellen.
Haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Freistellung, sind sie auf das Entgegenkommen des Arbeitgebers angewiesen. Stimmt dieser einer Freistellung von der Arbeit zu, ist sie in der Regel unbezahlt.
Neben gesetzlichen Bestimmungen können auch der Arbeitsvertrag, ein geltender Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung regeln, wann eine Freistellung bezahlt oder unbezahlt ist.
Freistellung: Was passiert mit dem Urlaubsanspruch?
Mitunter versuchen Arbeitgeber, bestehende Urlaubsansprüche von Mitarbeitern mit deren Freistellung zu verrechnen. Ist das erlaubt? Es kommt wie so oft auf die Umstände an.
Bei einer widerruflichen Freistellung können verbleibende Urlaubstage in der Regel nicht auf die Freistellung angerechnet werden. Das würde dem Zweck des Erholungsurlaubs unterlaufen. Wer nicht weiß, wann der Arbeitgeber ihn zur Arbeit zurückruft, kann schließlich keinen Urlaub planen. In solchen Fällen wird es normalerweise so geregelt, dass der Beschäftigte erst Urlaub nimmt und im Anschluss daran vom Arbeitgeber freigestellt wird.
Bei einer unwiderruflichen Freistellung ist die Anrechnung von Urlaubsansprüchen hingegen durchaus denkbar. Der Urlaubsanspruch gilt dann als durch die Freistellung erfüllt. In diesem Szenario muss der Beschäftigte nicht fürchten, dass er kurzfristig doch wieder arbeiten muss.
Ob Urlaubstage auf eine Freistellung angerechnet werden können, kann darüber hinaus im Arbeitsvertrag, einem anwendbaren Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt sein.
Erwirbt man während der Freistellung einen Urlaubsanspruch?
Eine andere Frage ist die, ob man während einer Freistellung einen Urlaubsanspruch erwirbt. Das war tatsächlich lange der Fall. Wer etwa ein Sabbatical gemacht hat, hat zwar nicht gearbeitet, aber trotzdem Anspruch auf Urlaubstage gehabt.
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19. März 2019 ist das anders: Das BAG hat entschieden, dass sich in Freistellungsphasen kein Urlaubsanspruch aufbaut (Az. 9 AZR 315/17). Das gilt auch für Freistellungen im Rahmen von Altersteilzeit.
Sozialversicherung während einer Freistellung
Auch das Thema Sozialversicherung kann während einer Freistellung bedeutsam sein. Bei einer bezahlten Freistellung gibt es diesbezüglich keine Probleme; Sie sind für die Dauer der Freistellung wie gehabt über den Arbeitgeber sozialversichert.
Bei einer unbezahlten Freistellung ist das anders: Über den Arbeitgeber sind Sie nur noch für höchstens einen Monat versichert. Danach muss er Sie bei der Sozialversicherung abmelden. Erst, wenn Sie wieder arbeiten, können Sie wieder über den Arbeitgeber versichert werden. In der Zwischenzeit müssen Sie sich selbst um Krankenversicherung und Co kümmern.
Bei einer unwiderruflichen Freistellung durch den Arbeitgeber können Sie zwar weiterhin sozialversichert sein. Wenn die Freistellungsphase beginnt, gelten Sie jedoch als beschäftigungslos im Sinne der Arbeitslosenversicherung. Damit haben Sie die Möglichkeit, sich von der Arbeitsagentur bei der Jobsuche unterstützen zu lassen. Arbeitslos sind Sie dabei offiziell nicht.
Darf man während einer Freistellung eine andere Arbeit ausüben?
Wer für längere Zeit von der Arbeit freigestellt ist, würde die freie Zeit womöglich gerne nutzen. Darf man während einer Freistellung einer anderen Arbeitstätigkeit nachgehen?
Es kommt auf die Umstände im Einzelfall an. Wichtig ist insbesondere, wie die Aufnahme einer Nebentätigkeit in Ihrem Fall geregelt ist. Das können Sie in der Regel im Arbeitsvertrag nachlesen. In vielen Fällen müssen Sie sich Nebentätigkeiten vorab vom Arbeitgeber genehmigen lassen. Mit der Erlaubnis des Arbeitgebers ist eine Nebentätigkeit während einer Freistellung grundsätzlich möglich. Es darf sich aber nicht um eine verbotene Konkurrenztätigkeit handeln.
Wenn Sie offiziell (noch) nicht freigestellt sind, sondern Urlaub haben, ist eine andere Arbeitstätigkeit hingegen in der Regel nicht erlaubt. Während eines Urlaubs zu arbeiten würde schließlich dem Zweck von Erholungsurlaub zuwiderlaufen.
Wenn Sie nicht sicher sind, was erlaubt ist, sollten Sie mit Ihrem Arbeitgeber sprechen. Auch die Freistellungsvereinbarung kann Ihnen Klarheit verschaffen.
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