Durchsetzen gegen dominante Kollegen: Wie Sie damit umgehen
Es gibt wohl kaum eine Firma, in der nicht einige Kollegen wegen ihres sehr selbstbewussten Auftretens auffallen. Manche übertreiben es sogar und verhalten sich dominant gegenüber den übrigen Beschäftigten. Wenn auch Sie solche Kollegen haben, sollten Sie wissen, wie Sie sich gegen dominante Kollegen durchsetzen können. Wir helfen Ihnen dabei!
Dominante Kollegen: Wann gilt man als dominante Persönlichkeit?
Es kommt immer mal wieder vor, dass es im Team eine Person gibt, die sich als Anführer aufspielt, obwohl sie gar nicht diese Rolle hat.
Diese Kollegen bezeichnet man als dominant oder als durchsetzungsstark. Abhängig davon, wie ausgeprägt die Dominanz ist oder wie störend sie empfunden wird, arbeiten wir mehr oder weniger gerne mit diesen Personen zusammen.
Der Psychiater Raoul Schindler versuchte schon vor einigen Jahrzehnten zu erklären, warum Menschen in Gruppen unterschiedliche Rollen annehmen und welche das sind. Um zu verstehen, wie wir uns dominanten Kollegen gegenüber verhalten sollten, schauen wir uns das sogenannte rangdynamische Positionsmodell an, das auf Schindler zurückgeht:
Das rangdynamische Positionsmodell: die verschiedenen Rollen in der Gruppe
Schindler zufolge gibt es vier verschiedene Positionen in der Gruppe:
- Alpha: Häufig gibt es ein Mitglied, das die Führung vorgeben will. Die Person muss dabei gar nicht die eigentliche Führungskraft sein. Es gibt immer wieder Kollegen, die sich in leitende Position drängen, obwohl sie gar nicht die Befugnisse dafür haben.
- Beta: Personen, die zur Gruppe der Beta gehören, weisen in der Regel fundiertes Wissen auf. Ihr Status kommt also daher, dass sie Know-how haben, das die übrigen Teammitglieder nicht haben.
- Gamma: In den meisten Gruppen gehört die Mehrzahl der Mitglieder zu den Gammas. Häufig stimmen sie der Meinung der anderen zu und tragen nicht ganz so viele eigene Ideen zum Ablauf bei. Gammas fallen in vielen Fällen gar nicht weiter auf und können in der Masse untergehen.
- Omega: Etwas überspitzt könnte man Omegas als notorische Nörgler bezeichnen. Wo Gammas vorbehaltlos zustimmen, haben Personen, die in die Omega-Position gehören, etwas auszusetzen oder melden zumindest Bedenken an. Klingt zunächst vielleicht anstrengend, muss bei näherer Betrachtung aber gar nicht schlecht sein. Denn diesen Personen fallen unter Umständen Dinge auf, die nicht komplett durchdacht sind oder sie nehmen Zustände wahr, die verbesserungswürdig sind. Vor allem trauen sich diese Personen, genau diese Missstände anzusprechen. Wenn es gelingt, diese Person in eine konstruktive Richtung zu lenken, kann sie sehr wertvoll für die gesamte Gruppe und damit auch für das Unternehmen werden.
Kollege spielt sich als Chef auf: Was kann ich tun?
Es ist also normal, dass es im Team einen oder mehrere Kollegen gibt, die eine dominante Persönlichkeit haben. Abhängig davon, zu welcher Gruppe man selbst gehört, ist das mehr oder weniger störend. Klar ist, dass man in jedem Fall etwas unternehmen sollte, wenn die Dominanz des Kollegen deutlich über das Ziel hinausschießt.
Wenn Sie einen überaus dominanten Kollegen im Team haben, aber nicht wissen, wie Sie ihm oder ihr Paroli bieten sollen, helfen Ihnen vielleicht unsere Tipps weiter:
Gespräch mit dem dominanten Kollegen suchen
Der erste Schritt sollte bei den meisten Konfliktsituationen das direkte Gespräch mit der betreffenden Person sein. Wenn diese Person nun aber sehr dominant ist, dürfte das natürlich nicht ganz so einfach sein.
Hier ist daher gute Vorbereitung Pflicht. Sammeln Sie möglichst viele Beispiele von Situationen und/oder Bemerkungen, die Ihnen unangenehm aufgefallen sind. Wenn Sie diese Vorschläge vortragen, sollten Sie das möglichst ruhig tun.
Es ist nachvollziehbar, dass Sie aufgewühlt sind, wenn Sie dem dominanten Kollegen die Meinung sagen. Geben Sie diesem Impuls aber besser nicht nach. Denn das würde vermutlich nur dazu führen, dass sich der Konflikt zwischen Ihnen und dem Kollegen noch verschärft.
Wenden Sie stattdessen für Ihre Rückmeldung die sogenannten Feedbackregeln an. Das ist eine besondere Form der Rückmeldung, die es dem Hörer leichter machen soll, das Gesagte besser aufzunehmen.
Ob er jedoch in der Folge auch sein Verhalten ändert, steht auf einem anderen Blatt. Das Gespräch ist schließlich nur der Anfang der Intervention.
Andere Mitarbeiter ins Boot holen
Sollte der Kollege nicht nur dominant, sondern sogar intrigant sein, sollten Sie andere Kollegen um Unterstützung bitten. Denn beim Umgang mit intriganten Kollegen gilt, dass man sich besser doppelt oder dreifach absichert, bevor man es später bereut.
Wenn mehreren Kollegen mit dem dominanten Mitarbeiter sprechen, haben Sie später Zeugen, die bestätigen können, wie das Gespräch tatsächlich verlaufen ist. Denn ein intriganter Kollege wird vermutlich versuchen, die Situation zu seinem Vorteil zu drehen.
Noch aus einem weiteren Grund ist es sinnvoll, den Mitarbeiter nicht unter vier Augen zu sprechen. Wenn er sehr dominant ist, könnte das Gespräch recht schnell eskalieren. Er wird vermutlich nicht einsehen, warum er sich von Ihnen etwas sagen lassen sollte. Schließlich ist er das Alpha im Team – und Sie gehören nur zu den Befehlsempfängern. Jedenfalls in seiner Wahrnehmung.
Leicht in die gewünschte Richtung manipulieren
Dominante Kollegen sind bestrebt, mehr Macht zu bekommen oder ihre Macht auszuüben. Das können Sie für sich nutzen. Überlegen Sie sich eine Strategie, wie Sie den dominanten Kollegen dazu bringen, das zu tun, was Sie möchten, ohne dass er es merkt.
Diese Strategie könnte zum Beispiel so aussehen. Wenn Sie den dominanten Kollegen dazu bringen möchten, in Zukunft etwas freundlicher zu der Assistentin der Geschäftsleitung zu sein, können Sie Ihr Anliegen folgendermaßen formulieren:
„Herr Meier, mir ist aufgefallen, dass Sie hin und wieder ein wenig unfreundlich zu der Assistentin Frau Müller sind. Ich kann verstehen, dass Sie manchmal ungeduldig sind und Frau Müller es einem aufgrund ihrer Langsamkeit nicht einfach macht. Sie wissen es vielleicht nicht, aber Frau Müller hat ein sehr gutes Verhältnis zu ihrem Vorgesetzten, Herr Schmidt, und Herr Schmidt entscheidet, wer befördert wird und wer nicht. Es wäre daher sicherlich ein kluger Schachzug, sich etwas freundlicher gegenüber Frau Müller zu verhalten. So legt Sie eher ein gutes Wort für Sie ein.“
Den Vorgesetzten um Hilfe bitten
Wenn alle Maßnahmen nichts bringen, bleibt Ihnen wohl nur die letzte Möglichkeit. Sie müssen den Vorgesetzten über das Verhalten des Kollegen informieren. Haben Sie eine gute Führungskraft, sollte es ihm oder ihr ohnehin schon aufgefallen sein, dass besagter Kollege sich gerne als Chef aufspielt.
Vielleicht hat die Führungskraft den Kollegen gewähren lassen, weil sie sich einen Vorteil von dem Verhalten versprochen hat. Manche Kollegen sind derart dominant, dass sie nur zu gerne Kämpfe für den Vorgesetzten austragen. So könnte die Führungskraft zum Beispiel den dominanten Kollegen in Verhandlungen mit besonders unnachgiebigen Kunden schicken und im nächsten Schritt – wenn das Angebot zufriedenstellend ausgehandelt wurde – selbst das Lob dafür einheimsen.
So kann es passieren, dass dem Vorgesetzten gar nicht klar ist, dass die dominante Persönlichkeit des Kollegen auch Nachteile hat – und zwar für die anderen Kollegen. Wenn Sie mit dem Kollegen alleine nicht mehr fertig werden und seine Art den Zusammenhalt im Team und das Betriebsklima gefährdet, müssen Sie den Vorgesetzten darüber informieren. Ein guter Vorgesetzter wird sich um das Problem kümmern und versuchen, dem dominanten Kollegen Einhalt zu gebieten.
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