Desk Sharing: Vorteile und Nachteile vom geteilten Arbeitsplatz
Was sind die idealen Bedingungen für produktives Arbeiten? Aus Sicht einer steigenden Zahl an Unternehmen und Start-Ups lautet die Antwort: Desk Sharing. Dahinter steckt die Idee, dass Mitarbeiter keine festen Arbeitsplätze brauchen. Die Angestellten suchen sich jeden Tag einen freien Platz, an dem sie arbeiten können, und hinterlassen ihn nach getaner Arbeit wieder in aufgeräumtem Zustand. Hier erfahren Sie, wie das Arbeitsplatz-Sharing-Konzept funktioniert, welche Vor- und Nachteile mit Desk Sharing verbunden sein können und mit welchen Tipps die Umsetzung gelingen kann.
Was ist Desk Sharing?
Feste Arbeitsplätze, an denen jeden Tag dieselben Mitarbeiter zu finden sind: In manchen Firmen gehört dieses Bild der Vergangenheit an. Desk Sharing liegt im Trend und wird vor allem von Start-Ups und großen Unternehmen praktiziert. Das Konzept: Die Mitarbeiter haben keine festen Arbeitsplätze mehr, an denen sie sich einrichten. Stattdessen suchen sie sich jeden Morgen einen freien Arbeitsplatz. Entsprechend sind die Plätze nicht mit persönlichen Gegenständen eingerichtet, und auch die unmittelbare Arbeitsumgebung bleibt neutral.
Desk Sharing, das auch als Hot Desking oder Shared Desk bekannt ist, stammt ursprünglich wie viele andere Arbeitsplatz-Trends aus den USA. Unternehmen wie Google und Facebook praktizieren das Arbeitsplatz-Sharing schon länger. Typischerweise gibt es in einer ganzen Firma oder einer Abteilung, in der die Mitarbeiter sich die Arbeitsplätze teilen, weniger Arbeitsplätze als Mitarbeiter. Dahinter steht der Gedanke, dass normalerweise ohnehin nicht alle Schreibtische besetzt sind. Mitarbeiter sind in Meetings, auf Terminen, im Home-Office oder schlicht erkrankt.
Wie läuft Desk Sharing ab?
In der Praxis funktioniert Desk Sharing so, dass sich jeder Mitarbeiter bei Arbeitsbeginn einen passenden freien Arbeitsplatz sucht. Oft gilt das nicht nur für Angestellte, sondern auch für Führungskräfte. Manchmal teilen sich nicht alle Mitarbeiter, sondern nur einige wenige bestimmte Arbeitsplätze. Sie arbeiten etwa in einem Team und sind nicht zur selben Zeit anwesend. Auch in Schichtsystemen kann das Modell eine Option sein.
Damit der Shared Desk reibungslos funktioniert, nutzen manche Unternehmen ein Buchungssystem. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn es sich um eine große Zahl an Arbeitsplätzen handelt. So können sich Angestellte vorab einen Tisch für eine bestimmte Zeit reservieren. In anderen Fällen nehmen sich Mitarbeiter einfach einen Platz, der offensichtlich gerade unbesetzt ist. Für den besseren Überblick wird Desk Sharing deshalb meist in großen, offenen Räumen ohne Trennwände umgesetzt.
Voraussetzungen für Desk Sharing
Kein Arbeitsplatz kann blockiert werden. Vom Gang zur Toilette einmal abgesehen müssen Mitarbeiter den Schreibtisch räumen, sobald sie Feierabend machen oder eine Pause einlegen. Wer seinen Arbeitsplatz verlässt, muss ihn so hinterlassen, wie er ihn vorgefunden hat – ohne persönliche Notizen, Gegenstände oder Unterlagen. Nach der Mittagspause muss man sich also einen neuen Platz suchen, wenn der alte inzwischen neu besetzt wurde.
Desk Sharing kann nur funktionieren, wenn es für Mitarbeiter prinzipiell egal ist, von welchem Arbeitsplatz aus sie arbeiten. Zudem müssen alle Arbeitsplätze über die nötige Ausstattung verfügen, damit jeder Mitarbeiter sie produktiv nutzen kann. In Bereichen, wo die Mitarbeiter tendenziell den ganzen Tag am Schreibtisch verbringen, ist Desk Sharing weniger sinnvoll als dort, wo Mitarbeiter häufiger im Haus für Meetings oder außer Haus für externe Meetings unterwegs sind.
Die Vorteile von Desk Sharing
Mit Desk Sharing werden verschiedene Vorteile in Verbindung gebracht. Arbeitnehmern bietet das Konzept eine flexible Arbeitsweise. Sie können immer dort arbeiten, wo es gerade sinnvoll ist, und sind nicht auf einen Schreibtisch begrenzt. Weil die Arbeitsplätze keine persönlichen Gegenstände enthalten, sondern immer sauber und aufgeräumt sein müssen, kann der Fokus auf das Wesentliche mitunter besser gelingen. Die Ablenkung durch eine unruhige Umgebung ist weniger gegeben – statt Bergen an Unterlagen und Notizen besteht der Arbeitsplatz aus einem Computer und der nötigsten Büroausstattung.
Ein weiterer Vorteil von Desk Sharing betrifft die Kommunikation in einer Firma oder einer Abteilung. Die Absprache mit anderen kann durch offene Räume besser sein, weil viele Kollegen auf kurzem Weg erreichbar sind. Weil die Sitznachbarn häufig ständig wechseln, lernen sich die Mitarbeiter auch außerhalb ihres eigentlichen Teams besser kennen. Das kann die Zusammenarbeit insgesamt verbessern. Wenn auch Führungskräfte beim Desk Sharing mitmachen, sorgt das zudem für flachere Hierarchien. Das kann die Mitarbeiter motivieren und ihre Zufriedenheit erhöhen.
Der wohl größte Vorteil von Desk Sharing betrifft jedoch nicht Arbeitnehmer, sondern Arbeitgeber. Wenn sich Mitarbeiter Arbeitsplätze teilen und nicht für jeden Mitarbeiter überhaupt ein Platz vorhanden ist, wird insgesamt weniger Fläche benötigt. Damit sinken nicht nur die Kosten für Miete oder Kauf von Räumlichkeiten, auch bei den Ausstattungskosten für jeden Arbeitsplatz kann gespart werden. Im besten Fall geben Arbeitgeber die damit verbundenen Ersparnisse in Form von einem höheren Gehalt oder Benefits an ihre Mitarbeiter weiter.
Die Nachteile von Desk Sharing
Desk Sharing hat jedoch auch Nachteile, über die sich Arbeitgeber vor der Einführung eines solchen Modells im Klaren sein sollten. Einerseits betrifft das den reibungslosen Ablauf. Gibt es Probleme mit der IT und dem Zugriff auf eigene Daten von verschiedenen PCs aus, verlieren Mitarbeiter Zeit. Das kann die Leistung merklich verringern. Dass es keine festen Arbeitsplätze mehr gibt, führt dazu, dass benötigte Gegenstände und Unterlagen oft permanent in einem Rollcontainer herumgeschoben oder in einem Spind zwischengelagert werden müssen. Die Inbetriebnahme eines Arbeitsplatzes kann entsprechend Zeit in Anspruch nehmen – ebenso wie das Aufräumen vor der Pause und dem Feierabend. So entsteht bei den Mitarbeitern schnell Frust über das Arbeitsplatz-Modell.
Dass beim Desk Sharing keine persönlichen Gegenstände hinterlassen werden dürfen, gehört zu den Voraussetzungen dieses Modells. Persönliche Gegenstände wie Fotos oder Poster können jedoch ein Gefühl von Zugehörigkeit erzeugen und damit die Stimmung heben. Wer keinen eigenen Platz hat, fühlt sich tendenziell eher auf dem Sprung und kann Probleme haben, gedanklich voll beim Arbeitgeber anzukommen. Das kann die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber verringern.
Wer beim Arbeitsplatz-Sharing immer wieder neue Kollegen um sich herum hat, lernt zwar auch Menschen außerhalb seines Teams besser kennen. Der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit im Team können jedoch darunter leiden. Eher introvertierte Menschen können die ständigen Wechsel zudem als anstrengend empfinden. Zudem kann das Rennen um die besten Arbeitsplätze für Konflikte sorgen, wenn jemand das Gefühl hat, dass die guten Plätze immer schon besetzt sind.
Desk Sharing als Produktivitätskiller
Nicht immer ist ein Desk-Sharing-Konzept zu Ende gedacht. Mangelt es an einer soliden Planung, kann das im schlimmsten Fall dazu führen, dass den anwesenden Mitarbeitern zu wenig Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Wer sich mit einer Ecke in der Lounge begnügen muss, empfindet das womöglich als nicht eben förderlich für die eigene Produktivität.
Apropos Produktivität: Eine höhere Produktivität wird häufig als Pluspunkt von Desk Sharing angeführt. Je nach Umsetzung kann jedoch das Gegenteil der Fall sein. Gibt es keine räumliche Trennung zwischen den Arbeitsplätzen – etwa durch Trennwände – führt das häufig zu vielen Ablenkungen. Im Großraumbüro entsteht oft ein hoher Lärmpegel, der ein konzentriertes Arbeiten unmöglich machen kann. Dadurch kann es passieren, dass Mitarbeiter für Aufgaben deutlich länger brauchen als es an einem Arbeitsplatz der Fall gewesen wäre, an dem sie ungestörter sind.
Gemeinsam genutzte Arbeitsplätze bedeuten auch gemeinsam genutzte Tastaturen, Mäuse, Stifte und Telefone. Das erhöht das Risiko für die Verbreitung von Infektionskrankheiten, wenn die Gegenstände nicht jeden Tag penibel desinfiziert werden – was in der Praxis eher selten der Fall sein dürfte. Und noch einen Nachteil hat das Desk Sharing: Kunden und Kollegen irren eher im Unternehmen umher, weil sie nicht wissen, wo sich ihr Ansprechpartner gerade befindet.
Mit diesen Tipps klappt das Arbeitsplatz-Sharing
Ob Desk Sharing zum Erfolg in einer Firma oder zum Dorn im Auge der Mitarbeiter wird, hängt maßgeblich von einer guten Planung ab. Dazu gehört es, dass im Umgang mit den geteilten Arbeitsplätzen gewisse Regeln gelten, die jeder Beschäftigte kennt. Die folgenden Tipps können dazu beitragen, dass das Arbeitsplatz-Sharing für alle Beteiligten gewinnbringend ist.
Gute Planung: Passt das Konzept zu der Realität?
Arbeitgeber, die die Idee von Desk Sharing vielversprechend finden, sollten gut überlegen, ob das Modell in ihrem Fall tatsächlich (gut) funktionieren kann. Gibt es passende Räumlichkeiten? Stimmen die technischen Voraussetzungen für einen reibungslosen Arbeitsplatz-Wechsel? Könnten durch das Desk Sharing unerwünschte Nachteile auftreten?
In kleinen Büros und Teams mag es problemlos möglich sein, sich nach Belieben ständig an einem anderen Arbeitsplatz niederzulassen. Wo mehr Menschen zusammenarbeiten, wird es schnell unübersichtlich und mitunter auch chaotisch. Für Mitarbeiter ist es wahrscheinlich nervig, auf der Suche nach einem freien Platz durch die Firma zu laufen. Deshalb lohnt sich die selbstkritische Frage, ob Desk Sharing im Einzelfall wirklich vielversprechend ist. Das Konzept muss außerdem nicht zwingend im ganzen Unternehmen eingeführt werden. Manchmal ist es besser, es nur in bestimmten Bereichen oder Abteilungen zu etablieren.
Die passende Ausstattung der Arbeitsplätze
An einer guten Ausstattung der Desk-Sharing-Plätze sollte nicht gespart werden. Dabei geht es nicht nur um die richtige technische Ausstattung und die Größe der Arbeitsplätze. Auch die Ergonomie am Arbeitsplatz ist wichtig. Damit die unterschiedlichsten Mitarbeiter produktiv an jedem Platz arbeiten können, sind höhenverstellbare Tische und Stühle unerlässlich. Sie können flexibel an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden.
Klare Regeln zur Ordnung am Arbeitsplatz
Damit Desk Sharing funktioniert, braucht es eine Übereinkunft der Mitarbeiter zur Ordnung am Arbeitsplatz. So können Regeln für den Umgang mit gemeinsam genutzten Gegenständen wie Stiften, Lochern oder Tackern aufgestellt werden, die dann an jedem Arbeitsplatz ausgelegt oder an anderer Stelle ausgehängt werden. Zudem kommt es auf die Unterstützung der Arbeitnehmer an: Sie sollten die Arbeitsbereiche stets aufgeräumt und sauber zurücklassen. Werden hingegen Tassen zurückgelassen, Notizen abgelegt oder Müll hinterlassen, regiert schnell das Chaos.
Gute Bedingungen für konzentriertes Arbeiten schaffen
Die Arbeit im Großraumbüro – und dazu zählen viele Desk-Sharing-Bereiche – klingt oft vor allem für Arbeitgeber gut. Sie soll der Kommunikation und leichteren Absprache, der Kreativität und Produktivität dienen. Die Realität sieht in vielen Unternehmen anders aus: Die Mitarbeiter sind durch den Lärm gestresst und können durch fehlende Privatsphäre schlechter arbeiten. Deshalb ist bei großen Räumen Vorsicht geboten. Es kann sich lohnen, Raumteiler einzusetzen, um den Mitarbeitern etwas mehr Ruhe für ungestörtes Arbeiten zu bieten. Auch unterschiedliche Bereiche können sinnvoll sein – zum Beispiel ein Bereich, in dem es ruhig sein sollte, damit sich die Mitarbeiter besser konzentrieren können, ein Bereich für ungestörte Telefonate oder ein Bereich, wo es auch mal etwas lauter werden darf.
Unterlagen und Büroausstattung: Auf das Nötigste beschränken
An jedem neuen Arbeitstag und nach der Pause benötigte Unterlagen, Zubehör und Büroausstattung wie Stifte und Marker herumtragen zu müssen, kann für Arbeitnehmer leidig sein. Einfacher wird es, wenn kritisch überprüft wird, welches Zubehör tatsächlich benötigt wird. So ist der Transport zum nächsten Arbeitsplatz deutlich leichter.
Mitarbeiter einbeziehen
Zu guter Letzt: Arbeitgeber tun gut daran, ihre Mitarbeiter bei der Planung von Desk Sharing einzubeziehen. Wer ein einmal eingeführtes Desk-Sharing-Modell als Work in Progress und nicht als abgeschlossene Aufgabe sieht, bleibt flexibel – und kann auf Rückmeldungen der Mitarbeiter reagieren. Arbeitgeber sollten Feedback aktiv einfordern und sich bei kritischen Anmerkungen ihrer Mitarbeiter nicht einfach stur stellen, sondern die genannten Punkte beherzigen – zumindest, wenn sie immer wieder geäußert werden. Das theoretisch beste Modell bringt nichts, wenn es in der Praxis nicht funktioniert.
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