Chronisches Erschöpfungssyndrom: Symptome & Behandlung

Das chronische Erschöpfungssyndrom geht für die Betroffenen oft mit vielfältigen Symptomen einher. Der Alltag wird dadurch für viele auf den Kopf gestellt, und an Arbeit ist in vielen Fällen gar nicht zu denken. In diesem Artikel erfahren Sie, was das chronische Erschöpfungssyndrom ist, welche Symptome es haben kann und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

Ein Mann kommt kaum aus dem Bett, er leidet am Chronischen Erschöpfungssyndrom

Was ist das chronische Erschöpfungssyndrom?

Das chronische Erschöpfungssyndrom wird auch als chronisches Müdigkeitssyndrom oder Chronic Fatigue Syndrome (CFS), auf Deutsch auch chronisches Fatigue-Syndrom, bezeichnet. Es handelt sich um eine schwerwiegende neuroimmunologische Erkrankung. Früher ging man davon aus, dass die Erkrankung psychischer Natur ist. Heute weiß man, dass das chronische Erschöpfungssyndrom eine Multisystemerkrankung ist, die verschiedene Bereiche des Körpers betrifft. Insbesondere sind das das Immunsystem, das Nervensystem und der Hormonhaushalt.

Das charakteristische Merkmal des chronischen Erschöpfungssyndroms ist eine starke körperliche und psychische Erschöpfung, wobei das jedoch bei weitem nicht das einzige Symptom der Erkrankung ist. Der Begriff chronisches Erschöpfungssyndrom ist umstritten, auch, weil er nach Ansicht vieler verharmlosend klingt. Hinter dem CFS steckt eben keine leichte Müdigkeit, sondern die Lebensqualität der Betroffenen ist meist stark verringert und ein Alltag, wie er bisher üblich war, ist in der Regel nicht mehr möglich. Die Kritik am Begriff entzündet sich auch an der Tatsache, dass Erschöpfung nicht das einzige Symptom des chronischen Erschöpfungssyndroms ist.

Die Zahl der Betroffenen in Deutschland wird auf etwa 300.000 geschätzt. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, wobei die Ursachen hierfür unklar sind. Am häufigsten tritt die Erkrankung im Alter von 30 bis 35 Jahren auf. Die Beschwerden dauern für die Betroffenen für einen längeren Zeitraum an, meist über Monate oder Jahre. Irgendwann kann eine spontane Besserung eintreten, wobei oft unklar bleibt, ob das mit der Behandlung zusammenhängt oder nicht.

Welche Ursachen hat das chronische Erschöpfungssyndrom?

Die Ursachen des chronischen Erschöpfungssyndroms sind bislang nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass es in Folge einer Virusinfektion, etwa mit Epstein-Barr-Viren, nach einem grippalen Infekt, Lyme-Borreliose oder anderen Viruserkrankungen wie Dengue-Fieber auftreten kann. Mitunter treten die Symptome auch nach Operationen, einer Schwangerschaft oder schweren Verletzungen erstmals auf. In der Regel bricht die Erkrankung plötzlich aus, der Verlauf kann aber auch schleichend sein und ist dann von einer stetigen Zunahme der Beschwerden gekennzeichnet.

Beim chronischen Erschöpfungssyndrom handelt es sich wahrscheinlich um eine Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem richtet sich dann gegen sich selbst. Der Energiestoffwechsel in den Mitochondrien, die Zellen mit Energie versorgen, ist dabei gestört. Es wird vermutet, dass manche Menschen aufgrund einer genetischen Prädisposition anfälliger für das chronische Fatigue-Syndrom sind als andere, wobei die genauen genetischen Marker nicht bekannt sind.

Es ist zu vermuten, dass verschiedene Faktoren darüber entscheiden, ob das chronische Erschöpfungssyndrom auftritt oder nicht. Ebenso können bestimmte Umstände dafür sorgen, dass das CFS anhält. Dazu gehören zum Beispiel starker körperlicher oder psychischer Stress, soziale Isolation, Unfälle, Operationen, erneute Infekte und Nahrungsmittelunverträglichkeiten.

Chronisches Erschöpfungssyndrom: Abgrenzung zu anderen Erkrankungen

Es gibt verschiedene körperliche und psychische Erkrankungen, deren Symptome denen des chronischen Erschöpfungssyndroms ähneln. Das betrifft zum Beispiel Burnout. Für Burnout ist eine tief gehende, andauernde Erschöpfung wie beim CFS typisch. Auch andere Symptome des chronischen Erschöpfungssyndroms, wie zum Beispiel Schlafstörungen oder Depressionen, treten häufig auch bei Burnout-Patienten auf.

Nichtsdestotrotz handelt es sich um unterschiedliche Erkrankungen mit unterschiedlichen Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten. Burnout ist meist das Resultat eines Lebensstils, der durch ein hohes Arbeitspensum, viel Stress und hohe Anforderungen an sich selbst gekennzeichnet ist. Kommt es zu einem Burnout, fühlen sich die Betroffenen antriebslos, sind ständig müde und empfinden oft kaum noch Freude, ähnlich wie bei einer Depression. Die Überschneidung einiger Symptome führt mitunter dazu, dass das chronische Erschöpfungssyndrom als Burnout fehldiagnostiziert wird.

Abgegrenzt werden muss das CFS auch vom Fatigue-Syndrom, welches bei schweren Erkrankungen wie zum Beispiel Krebs auftreten kann. Auch hierbei handelt es sich, wie die Bezeichnung schon nahelegt, um eine krankhafte Erschöpfung. Bestimmte Symptome können denen des CFS ähneln, haben aber anders als beim chronischen Erschöpfungssyndrom eine klar auszumachende Ursache: die zugrundeliegende Erkrankung. Krebserkrankungen kosten etwa viel Kraft und zehren körperlich wie psychisch an den Energiereserven. Bei einer solchen Fatigue unterscheiden sich nicht zuletzt die Behandlungsmöglichkeiten von jenen beim chronischen Erschöpfungssyndrom: Vielen Betroffenen hilft Bewegung gegen ihre Abgeschlagenheit, was beim CFS kontraproduktiv wäre.

Erschöpfungssyndrom: Diese Symptome können auf chronische Erschöpfung hindeuten

Mit dem chronischen Erschöpfungssyndrom kann eine Vielzahl an Symptomen einhergehen. Das kennzeichnende, wenn auch längst nicht einzige Merkmale ist eine starke Erschöpfung und bleierne Müdigkeit, die einfach nicht weggeht. Die Erschöpfung kann sich körperlich und geistig bemerkbar machen. Die Belastbarkeit der Betroffenen ist gering; schon nach leichter Anstrengung können sich die Beschwerden stark verschlechtern. Viel Ruhe und Schlaf sind zwar grundsätzlich hilfreich, bringen aber meist keine ausreichende Verbesserung der Situation.

Weitere häufige Symptome des chronischen Fatigue-Syndroms sind unter anderem

  • Halsschmerzen
  • geschwollene Lymphknoten
  • Muskelschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Schlafstörungen
  • Konzentrationsstörungen
  • Gedächtnisschwäche
  • Verspannungen
  • Verdauungsprobleme, Übelkeit, Magenschmerzen
  • schwankendes Gewicht
  • Verlust der Libido
  • Schwäche
  • Schwindel
  • Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln
  • Kurzatmigkeit
  • Stimmungsschwankungen
  • Erhöhte Anfälligkeit für Infekte
  • Panikattacken

Klinische Kriterien: Wann ein chronisches Erschöpfungssyndrom diagnostiziert werden kann

Bevor die Diagnose chronisches Erschöpfungssyndrom gestellt werden kann, müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Der behandelnde Arzt wird deshalb zunächst Blut abnehmen, körperliche Untersuchungen durchführen und vielleicht auch bildgebende Verfahren wie Ultraschall nutzen. Bei der Diagnostizierung des chronischen Erschöpfungssyndroms werden häufig die sogenannten Kanadischen Konsenskriterien herangezogen.

Die Kanadischen Konsenskriterien zur Diagnose von CFS setzen alle der folgenden Symptome voraus:

  • wiederkehrende körperliche und/oder mentale Erschöpfung
  • eine Verschlimmerung der Symptome nach Belastung, wobei es anschließend lange dauert, bis man sich davon erholt hat
  • Schlafstörungen
  • Schmerzen, etwa der Muskeln, von Gelenken oder Kopfschmerzen

Außerdem müssen mindestens zwei neurologische oder kognitive Symptome vorhanden sein, zum Beispiel Bewegungsstörungen oder Konzentrationsprobleme. Zudem muss mindestens ein Symptom aus mindestens zwei der folgenden Kategorien zutreffen:

  • autonome Manifestationen: etwa Schwindel, Herzrhythmusstörungen, Übelkeit, Reizdarm
  • neuroendokrine Manifestationen: etwa Schweißausbrüche, geringe Körpertemperatur, Appetitlosigkeit, Gewichtsschwankungen
  • immunologische Manifestationen: etwa Halsschmerzen, grippeähnliche Symptome

Die Symptome müssen für mindestens sechs Monate anhalten, bevor ein chronisches Erschöpfungssyndrom diagnostiziert werden kann.

Chronisches Fatigue-Syndrom: Behandlung und Möglichkeiten

Eine allgemein anerkannte Therapie des chronischen Müdigkeitssyndroms gibt es bislang nicht. Stattdessen richtet sich die Therapie nach den individuellen Beschwerden, die im Einzelfall vorliegen. Die Behandlung erfolgt damit symptomatisch, weil die Ursachen der Erkrankung nicht hinreichend bekannt sind, so dass man dort nicht ansetzen kann.

Meist handelt es sich um eine Kombination aus medikamentösen und nicht-medikamentösen Ansätzen, wenn ein chronisches Erschöpfungssyndrom behandelt wird. Eingesetzt werden können zum Beispiel Schmerzmittel, Antibiotika bei chronischen bakteriellen Infektionen oder Antidepressiva bei starken Stimmungsschwankungen. Ebenfalls infrage kommen unter anderem Entspannungsübungen, die etwa bei Schlafstörungen helfen können, und Verhaltenstherapie, die den Betroffenen helfen kann, ihren Alltag besser zu bewältigen.

Die Betroffenen sollten körperliche und psychische Anstrengungen soweit es geht vermeiden und lernen, sich ihre Kräfte einzuteilen. Dazu ist auch ein geregelter Tagesablauf hilfreich. Auch eine Ernährungsumstellung kann zu einer Verbesserung der Symptomatik beitragen, wenn die Betroffenen dadurch mehr Vitamine, Nährstoffe und Ballaststoffe zu sich nehmen. Eine weitere Option ist eine Reha. Dabei können zum Beispiel Einzel- und Gruppentherapie, Krankengymnastik, Ergotherapie, Kreativtherapie und Ernährungsberatung auf dem Programm stehen.

Kann man mit dem chronischen Fatigue-Syndrom noch arbeiten?

Eine starke körperliche und mentale Erschöpfung und verminderte Konzentrationsfähigkeit sind für das chronische Erschöpfungssyndrom typisch. Die Fatigue, gemeinsam mit weiteren Symptomen des CFS, beeinträchtigt das tägliche Leben der Betroffenen in den meisten Fällen enorm. An Arbeit ist unter diesen Umständen für viele gar nicht zu denken. Manche Fälle des chronischen Erschöpfungssyndroms sind so schwerwiegend, dass die Betroffenen das Bett kaum verlassen können. In solchen Fällen können die Patienten pflegebedürftig werden.

Manchmal kann eine leichte Arbeitstätigkeit in geringem Umfang trotz des CFS möglich sein, in vielen Fällen sind die Betroffenen jedoch nicht arbeitsfähig. Viele Betroffene sind zunächst immer wieder krankgeschrieben. Sie erhalten dann jeweils sechs Wochen lang eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber und anschließend Krankengeld von der Krankenkasse. Ist auch nach längerer Zeit keine Arbeitsfähigkeit gegeben und besteht auch nicht die Aussicht darauf, kann der Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente geprüft werden.

CFS im Beruf: Sollte man offen mit chronischer Erschöpfung umgehen?

Angenommen, eine Arbeitstätigkeit ist trotz des chronischen Müdigkeitssyndroms möglich: Wie offen sollte man dann mit seiner Erkrankung umgehen? Sollte man dem Chef sagen, dass man CFS hat? Und wie geht man am besten vor, wenn man sich für einen neuen Job bewirbt?

Eines vorweg: Sie sind nicht dazu verpflichtet, Ihrem Arbeitgeber mitzuteilen, dass Sie am chronischen Erschöpfungssyndrom leiden. Sie können das natürlich freiwillig tun. Vielleicht waren sie schon öfter oder über längere Zeit deswegen krankgeschrieben und wissen, dass der Arbeitgeber sich fragt, was Sie haben. Wenn Sie möchten, können Sie offen mit dem Vorgesetzten darüber sprechen. Dabei spielt sicherlich auch das Vertrauensverhältnis eine Rolle, das Sie zu Ihrem Chef haben.

Bei Bewerbungen ist es nicht empfehlenswert, auf das chronische Erschöpfungssyndrom einzugehen. Es wäre zwar im Sinne der Transparenz aus Arbeitgebersicht wünschenswert, von Anfang an zu wissen, dass ein Bewerber eine bestimmte Erkrankung hat. Für Sie als Bewerber würde ein offener Umgang mit dem chronischen Fatigue-Syndrom aber wahrscheinlich bedeuten, dass Sie nur Absagen erhalten. Die wenigsten Arbeitgeber werden sich für einen Kandidaten entscheiden, von dem sie wissen, dass er womöglich immer wieder wegen seiner Krankheit im Job ausfällt.

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