Arbeitgeber abmahnen: Geht das überhaupt?
Geht es im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis um eine Abmahnung, denken wohl die meisten automatisch, dass ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber abgemahnt wird. Aber geht es auch umgekehrt – kann ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber abmahnen, wenn dieser gegen seine Pflichten verstößt? Ja! Wann es denkbar ist, den Arbeitgeber abzumahnen, welche Fristen Sie dabei haben und wie man eine Abmahnung für den Arbeitgeber schreibt, erfahren Sie hier.
Abmahnung an Arbeitgeber: Grundsätzlich möglich
Eine Abmahnung ist ein arbeitsrechtliches Mittel, um auf Pflichtverstöße in einem Arbeitsverhältnis zu reagieren. Dabei spielt es keine Rolle, welcher der beiden Vertragspartner – Arbeitnehmer oder Arbeitgeber – seine Pflichten verletzt hat. Zwar kommt es wesentlich häufiger zu einer Abmahnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber als umgekehrt, allerdings ist auch dieses Szenario grundsätzlich denkbar.
Eine Abmahnung im Arbeitsrecht erfüllt mehrere Funktionen:
- Sie fungiert als Rüge und macht deutlich, dass der Vertragspartner, der den anderen abmahnt, ein bestimmtes Verhalten nicht hinnimmt. Dieses Verhalten muss in der Abmahnung möglichst konkret beschrieben werden, damit der abgemahnten Person klar ist, worum es geht. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sie dieses Verhalten künftig unterlassen kann.
- Sie dient als Ermahnung und soll dafür sorgen, dass der Vertragspartner sich ab sofort pflichtkonform verhält.
- Sie dient als Warnung: Kommt es erneut zu ähnlich gelagerten Pflichtverstößen, behält sich der abmahnende Vertragspartner das Recht vor, das Vertragsverhältnis zu kündigen. Dadurch werden die Konsequenzen deutlich, die folgen können, wenn die Abmahnung ignoriert wird.
Wofür kann man den Chef abmahnen?
Grundsätzlich ist eine Abmahnung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer immer dann möglich, wenn dieser seine Pflichten verletzt. Die Pflichten des Arbeitgebers ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Arbeitsvertrags und gesetzlichen Vorgaben. Auch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können Pflichten für den Arbeitgeber beinhalten. Verstößt er dagegen, ist eine Abmahnung prinzipiell denkbar.
Wenn es dazu kommt, dass ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber abmahnt, hat das in der Praxis meist mit Problemen mit der Zahlung des Gehalts zu tun. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vereinbarte Bezahlung für seine Arbeit. Der Arbeitgeber muss das Gehalt vollständig zum vereinbarten Zeitpunkt zahlen. Das ist jedoch nicht immer auch tatsächlich der Fall. Manche Arbeitgeber zahlen zu spät oder überweisen nur einen Teil des Lohns. Dann kommt eine Abmahnung durch den Arbeitnehmer infrage.
Arbeitgeber abmahnen bei Mobbing
Der Arbeitgeber hat gegenüber seinen Mitarbeitern eine Fürsorgepflicht. Das bedeutet, dass er für deren Sicherheit am Arbeitsplatz sorgen muss. Außerdem darf er nicht untätig werden, wenn es zu Konflikten kommt. Besonders gravierend sind dabei Mobbingfälle im Team. Sofern der Arbeitgeber von den Mobbingvorfällen weiß, aber nicht im Sinne des betroffenen Mitarbeiters interveniert, kann dieser ihn dafür abmahnen. Auch wenn das Mobbing vom Chef selbst ausgeht – auch bekannt als Bossing – ist eine Abmahnung des Arbeitgebers möglich.
Weitere mögliche Gründe für eine Abmahnung für den Arbeitgeber sind zum Beispiel Überstunden, die der Arbeitgeber ohne rechtliche Grundlage vom Arbeitnehmer einfordert, oder nicht gewährte Urlaubstage. Falls Sie unsicher sind, ob eine Abmahnung an den Arbeitgeber in Ihrem Fall möglich ist, lassen Sie sich am besten bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten.
Abmahnung für Arbeitgeber: Welche Frist gilt?
Viele Arbeitnehmer glauben, dass sie ihren Arbeitnehmer innerhalb bestimmter Fristen abmahnen müssen, damit die Abmahnung wirksam ist. Das ist allerdings nicht der Fall. Es gibt keine allgemeingültigen gesetzlichen Vorgaben zu Fristen bei Abmahnungen, und zwar ungeachtet dessen, von welchem Vertragspartner die Abmahnung ausgesprochen wird.
Das heißt allerdings nicht, dass Sie sich mit Ihrer Abmahnung an den Arbeitgeber allzu lange Zeit lassen sollten. An die Stelle von gesetzlichen Fristen tritt die aktuelle Rechtsprechung. Demnach kann eine Abmahnung als verwirkt angesehen werden, wenn zwischen dem darin bemängelten Vorfall und der Abmahnung zu viel Zeit verstreicht.
Zwar wäre es im Zweifel eine Einzelfallentscheidung, wann eine Abmahnung zu spät kommt. Sie können sich jedoch an einer Sechs-Monats-Frist orientieren. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie den Arbeitgeber innerhalb einiger Wochen nach seiner Pflichtverletzung abmahnen.
Wie schreibt man eine Abmahnung an den Arbeitgeber?
Wenn Sie Ihren Chef abmahnen möchten, können Sie das prinzipiell nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich tun. Selbst eine Abmahnung per Mail oder über WhatsApp wäre denkbar. Es spricht allerdings vieles dafür, eine schriftliche Abmahnung in Briefform zu nutzen. Nur so haben Sie einen Nachweis über die Abmahnung. Falls es mit dem Chef noch Probleme gibt, haben Sie mit einer schriftlichen Abmahnung etwas Konkretes in der Hand.
Wenn Sie eine Abmahnung für den Arbeitgeber verfassen, sollten Sie einige Aspekte beachten, damit die Abmahnung auch wirklich wirksam ist. Eine Abmahnung muss in ihrem Inhalt immer möglichst konkret und eindeutig sein. Das heißt: Wenn der Arbeitgeber Ihnen zum Beispiel wiederholt zu spät Ihr Gehalt zahlt, schreiben Sie nicht, dass es „häufig“ oder „regelmäßig“ zu verspäteten Zahlungen gekommen ist. Stattdessen beschreiben Sie präzise, um welche Zeiträume es sich jeweils gehandelt hat. Wenn möglich, sollten Sie Ihre Schilderungen immer um die Angaben von Datum, Ort und Uhrzeit ergänzen. Falls es Zeugen gibt, können diese in der Abmahnung des Arbeitgebers benannt werden.
Fordern Sie den Arbeitgeber auf, sein Verhalten zu ändern
Im nächsten Schritt müssen Sie in der Abmahnung darauf hinweisen, dass das Verhalten des Arbeitgebers eine Pflichtverletzung darstellt. Sie können auch die konkrete Regelung benennen, um die es dabei geht. Fordern Sie Ihren Arbeitgeber dazu auf, sich fortan pflichtkonform zu verhalten, und drohen Sie mit einer Kündigung, falls das nicht geschieht. Falls es um ausstehende Gehaltszahlungen geht, fordern Sie den Arbeitgeber zur vollständigen Zahlung innerhalb einer bestimmten Frist auf, bevor Sie sich das Recht zu einer Kündigung vorbehalten. Anschließend unterzeichnen Sie das Schreiben handschriftlich.
Am Ende der Abmahnung können Sie eine Empfangsbestätigung des Arbeitgebers vorsehen. In einem entsprechenden Feld sollte der Arbeitgeber dann nach Eingang der Abmahnung mit seiner Unterschrift bestätigen, dass er die Abmahnung erhalten hat. Zur Unterschrift verpflichtet ist er allerdings nicht. Wenn Sie Ihre Abmahnung nicht persönlich übergeben, sondern per Post verschicken, empfiehlt sich ein Einschreiben mit Rückschein als Nachweis, dass Sie Ihre Abmahnung tatsächlich übermittelt haben.
Mögliche Folgen einer Abmahnung des Arbeitgebers
Bevor Sie eine Abmahnung an den Arbeitgeber verschicken, sollten Sie mögliche Konsequenzen dieses Schritts bedenken. Dass Sie überhaupt eine Abmahnung schreiben, bedeutet einerseits für den Arbeitgeber, dass er ein Problem hat – die meisten Arbeitnehmer zögern lange, bevor sie ihren Arbeitgeber abmahnen. Es muss also meist schon viel schieflaufen, damit ein Beschäftigter seinen Chef abmahnt.
Andererseits kann der Arbeitgeber sich verstimmt über die Abmahnung zeigen, was für Sie nachteilig sein kann, wenn Sie das Arbeitsverhältnis aufrechterhalten möchten. Eine Abmahnung macht schließlich deutlich, dass Sie notfalls zu weiteren juristischen Schritten gegen den Arbeitgeber bereit sind. Dieser Umstand kann die Beziehung zum Chef belasten.
In manchen Fällen ist es nichtsdestotrotz sinnvoll, den Arbeitgeber abzumahnen. Das gilt besonders, wenn viel auf dem Spiel steht und nicht zu erwarten ist, dass der Arbeitgeber ansonsten so handelt, wie man es sich wünscht. Oft kommt eine Kündigung nur nach einer vorherigen Abmahnung des Arbeitgebers in Betracht.
In anderen Fällen kann es jedoch alternativ ausreichen, ein offenes Gespräch mit dem Vorgesetzten zu führen. Dabei können Sie versuchen, die Angelegenheit informell zu klären. Wie aussichtsreich diese Option ist, hängt davon ab, wie Sie Ihren Arbeitgeber einschätzen.
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