Arbeit auf Abruf: So ist sie geregelt
Die meisten Arbeitnehmer wissen lange im Voraus, an welchen Tagen sie arbeiten werden. Nicht so bei der Arbeit auf Abruf: Hier teilt der Arbeitgeber wesentlich kurzfristiger mit, wann ein Beschäftigter gebraucht wird. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Regelungen bei der Abrufarbeit beachtet werden müssen und welche Vor- und Nachteile mit ihr verbunden sein können.
Arbeit auf Abruf: Was ist das?
In einem Arbeitsverhältnis einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer normalerweise auf bestimmte Arbeitszeiten, die grundsätzlich gelten. Die Arbeit auf Abruf stellt einen Sonderfall dar, denn hier gibt es keine festen Arbeitszeiten. Stattdessen arbeiten die Beschäftigten nur, wenn es der Arbeitgeber möchte, weil er gerade Bedarf an Arbeitskräften hat. Oder, wie es in § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) heißt:
„Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf)“.
Ein Arbeitgeber kann nicht einfach irgendwann entscheiden, dass er Arbeit auf Abruf einführen möchte. Er muss sich auf das Modell mit dem Arbeitnehmer geeinigt haben. Das geschieht in der Regel mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags. Ohne die Zustimmung des Mitarbeiters kann Abrufarbeit also nicht angeordnet werden.
In der Praxis geht Abrufarbeit mit wechselnden Arbeitszeiten und Schwankungen beim wöchentlichen Arbeitspensum einher – immer abhängig von der anfallenden Arbeit. Oft sind die Schwankungen durch die Saison bestimmt.
Das wirtschaftliche Risiko, Arbeitnehmer nicht ausreichend beschäftigen zu können, trägt normalerweise der Arbeitgeber. Gibt es zu wenig zu tun, muss er in solchen Fällen trotzdem den üblichen Lohn zahlen. Bei Arbeit auf Abruf ist das anders, weil die Mitarbeiter ohnehin nur nach Bedarf eingeplant werden.
Abrufarbeit, Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst: Wo liegen die Unterschiede?
Arbeit auf Abruf ist von der Rufbereitschaft und dem Bereitschaftsdienst abzugrenzen. Rufbereitschaft findet in Zeiten statt, in denen die Beschäftigten normalerweise nicht arbeiten müssen. Sie müssen sich jedoch auf einen möglichen Arbeitseinsatz einstellen, wenn sie in Rufbereitschaft sind. In der Regel können sie sich dabei an einem Ort ihrer Wahl aufhalten – zum Beispiel zuhause. Zeiten der Rufbereitschaft sind nicht als Arbeitszeiten zu werten, abgesehen natürlich von tatsächlichen Arbeitseinsätzen. Rufbereitschaft kann in der Regel lediglich für Zeiten festgelegt werden, wo nur ausnahmsweise Arbeit anfällt.
Ähnlich gelagert ist der Bereitschaftsdienst. Auch hier müssen Arbeitnehmer nur bei Bedarf arbeiten. Sie sind aber meist schon vor Ort, zum Beispiel im Krankenhaus. Bereitschaftsdienst muss anders als Rufbereitschaft grundsätzlich vergütet werden. Die Vergütung kann jedoch geringer ausfallen als das reguläre Entgelt. Bereitschaftsdienst ist nur möglich, wenn in den betreffenden Zeiträumen erfahrungsgemäß die Zeit ohne Arbeit überwiegt.
So ist die Arbeit auf Abruf geregelt
Wenn ein Arbeitgeber Abrufarbeit einführt, muss er die gesetzlichen Regelungen beachten. Die wichtigsten Aspekte haben wir hier für Sie zusammengefasst – von Mindestarbeitszeiten und Höchstarbeitszeiten über die Ankündigungsfrist bis zum Urlaubsanspruch bei Arbeit auf Abruf.
Mindest- oder Höchstarbeitszeiten müssen festgelegt sein
Die wichtigste Grundlage für die Ausgestaltung von Arbeit auf Abruf stellt das Teilzeit- und Befristungsgesetz dar. Die Bedingungen für Abrufarbeit sind in § 12 TzBfG festgelegt. Dort ist etwa festgehalten, dass Arbeitgeber sich mit ihren Beschäftigten auf eine bestimmte tägliche und wöchentliche Arbeitszeit einigen müssen.
Es muss klar sein, wie viel der Arbeitnehmer mindestens oder höchstens arbeiten muss. Das ist als Mindestarbeitszeit beziehungsweise Höchstarbeitszeit bekannt und sollte im Arbeitsvertrag geregelt sein.
Ist das nicht der Fall, ergibt sich automatisch eine Vereinbarung über die gesetzlich vorgeschriebene Mindestarbeitszeit von 20 Stunden. Wenn der Arbeitnehmer schon länger für die Firma tätig ist, bemisst sich die Wochenarbeitszeit davon abweichend an der bislang geleisteten durchschnittlichen Arbeitszeit. Diese Mindeststunden müssen vergütet werden – auch dann, wenn der Mitarbeiter sie gar nicht voll leistet. Nicht abgerufene Arbeitszeit kann nur auf einen anderen Zeitraum übertragen werden, wenn es eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung gibt.
Gemäß dem Brückenteilzeitgesetz vom Dezember 2018 darf die tatsächliche Arbeitszeit bei Arbeit auf Abruf höchstens um 25 Prozent nach oben von der Mindestarbeitszeit abweichen. Außerdem darf die festgelegte Höchstarbeitszeit um maximal 20 Prozent unterschritten werden.
Auch die Dauer der täglichen Arbeitszeit sollte bei Abrufarbeit festgelegt sein. Ist das nicht der Fall, gilt Folgendes: Der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter mindestens an drei aufeinanderfolgenden Stunden einsetzen. Das ergibt sich aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz und bedeutet, dass minimal drei Stunden vergütet werden müssen – auch, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nur zwei Stunden da war.
Abrufarbeit: Wann muss der Arbeitgeber Bescheid sagen?
Für Arbeitnehmer bedeutet Arbeit auf Abruf, dass sie kaum im Voraus planen können – sie wissen schließlich nie frühzeitig, wann sie arbeiten müssen. Der Arbeitgeber kann allerdings nicht völlig spontan festlegen, dass jemand zur Arbeit kommen muss. Gesetzlich ist eine Ankündigungsfrist von vier Tagen vorgeschrieben. Ist sie gewahrt, besteht für Beschäftigte die Pflicht, zu diesen Zeiten auch tatsächlich zu arbeiten.
Die Ankündigung muss an einem Werktag von Montag bis Freitag erfolgen. Wenn ein Beschäftigter also beispielsweise am Donnerstag arbeiten soll, müsste der Arbeitgeber das schon am Freitag mitteilen. Abweichungen von der gesetzlichen Ankündigungsfrist bei Abrufarbeit sind möglich, wenn es entsprechende Regelungen in einem anwendbaren Tarifvertrag gibt.
Möchte der Chef, dass man kurzfristig bei der Arbeit erscheint, muss ein Arbeitnehmer dem nicht nachkommen, wenn der Arbeitgeber das nicht rechtzeitig angekündigt hat. Bei spontanen Anfragen können Sie also guten Gewissens Nein sagen. Viele Arbeitgeber versuchen es trotzdem – und viele Arbeitnehmer willigen ein, weil es ihnen passt, sie das Geld brauchen oder sich Sorgen machen, dass der Arbeitgeber andernfalls verstimmt sein könnte.
Was ist mit Urlaub bei Arbeit auf Abruf?
Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht auf Erholungsurlaub. Das ist bei Arbeit auf Abruf nicht anders – auch wenn es immer wieder vorkommt, dass Arbeitgeber sich davor drücken möchten, Urlaub zu gewähren.
Wenn nichts anderes festgelegt ist, gilt der Mindesturlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz. Die Berechnung der Mindest-Urlaubstage ist bei Abrufarbeit manchmal gar nicht so leicht, weil die Arbeitszeiten und das Arbeitspensum typischerweise häufig wechseln. Entscheidend ist die durchschnittliche Arbeitszeit.
In welchen Branchen und Jobs kommt Abrufarbeit vor?
Grundsätzlich kann Arbeit auf Abruf in allen Branchen und Jobs genutzt werden. Praktisch ist Abrufarbeit aber nur für Bereiche typisch, wo das Arbeitsaufkommen stark schwanken kann. Klassische Beispiele sind der Einzelhandel und die Gastronomie mit ihren saisonalen Schwankungen.
So benötigen zum Beispiel viele Geschäfte des Einzelhandels zu bestimmten Zeiten mehr Mitarbeiter. Besonders das Weihnachts- und das Ostergeschäft sind lukrativ. In der Gastronomie ist abends und am Wochenende mehr los, für Cafés und Restaurants mit Sitzplätzen im Freien ist außerdem die warme Jahreszeit besonders arbeitsintensiv. Manche Lokale werden sogar nur dann überhaupt frequentiert, wenn das Wetter gut ist – zum Beispiel Restaurants in Naherholungsgebieten, die bei Regen oder Kälte einfach nicht angelaufen werden.
Auch die Arbeit in Freizeiteinrichtungen ist vergleichsweise häufig mit Arbeit auf Abruf verbunden. Arbeit auf Abruf ist bei Minijobs besonders häufig. Sie kann jedoch auch mit Teilzeitarbeit verbunden sein. Bei Vollzeitjobs kommt Abrufarbeit hingegen praktisch nicht vor – dabei ist schließlich von vornherein klar, dass der Arbeitnehmer jeden Tag gebraucht wird.
Welche Vorteile hat die Arbeit auf Abruf?
Arbeit auf Abruf bringt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber verschiedene Vorteile mit sich. Aus Sicht von Arbeitnehmern bestehen die Vorteile der Abrufarbeit darin, dass man flexibel bleibt. Wer nicht regelmäßig arbeiten oder bestimmte feste Arbeitstage haben möchte, ist mit Abrufarbeit weniger festgelegt. Wenn Beschäftigte zeitlich flexibel sind und es sie nicht stört, nicht weit in die Zukunft planen zu können, spricht oft nichts gegen das Modell Abrufarbeit.
Die meisten Vorteile hat Arbeit auf Abruf allerdings für Arbeitgeber. Für Arbeitgeber ist es immer mit einem gewissen Risiko verbunden, Arbeitnehmer einzustellen. Es kann schließlich passieren, dass zu wenig zu tun ist, die Mitarbeiter aber trotzdem bezahlt werden müssen. Mit der Arbeit auf Abruf lässt sich dieses Problem umgehen. Die Beschäftigten arbeiten nur, wenn tatsächlich Bedarf an Personal besteht. Das spart Betriebsausgaben und kann ein wirtschaftlicheres Arbeiten ermöglichen.
Nachteile der Arbeit auf Abruf
Die Nachteile von Arbeit auf Abruf betreffen fast ausschließlich Beschäftigte. Einerseits ist das Modell durch große Flexibilität gekennzeichnet. Andererseits ist diese Flexibilität nichts Positives aus Sicht von Arbeitnehmern – schließlich sind nicht sie flexibel, sondern der Arbeitgeber. Für Arbeitnehmer bedeutet Abrufarbeit, dass sie ihren Alltag schlecht planen können. Schlimmstenfalls wissen sie erst wenige Tage vorher, ob sie an einem bestimmten Tag arbeiten müssen. Manche Arbeitgeber fragen noch spontaner an, ob ein Mitarbeiter nicht arbeiten kann – und viele Arbeitnehmer fühlen sich unter Druck, Ja zu sagen.
Wer auf Abruf arbeitet, kann somit zum Beispiel nicht einfach einen Kurs belegen, der jede Woche zum selben Termin stattfindet. Problematisch ist das Modell auch, wenn ein Beschäftigter Kinder hat, die während der Arbeit von einem Babysitter betreut werden müssen.
Ebenso wenig planbar wie die Arbeitszeiten ist das Gehalt. Wie viel man bei einem Job, der mit Arbeit auf Abruf verbunden ist, verdienen kann, hängt davon ab, wie oft der Arbeitgeber Bedarf an der eigenen Arbeitskraft hat. Das kann stark schwanken – und für entsprechende Unterschiede beim monatlichen Gehaltseingang sorgen. Ein Trost für Arbeitnehmer ist, dass der Arbeitgeber nicht abgerufene Stunden bis zur Mindestarbeitszeit trotzdem vergüten muss.
Nachteile für Arbeitgeber hat das Modell Abrufarbeit nahezu nicht. Wer früh genug Bescheid sagt, kann sich schließlich darauf verlassen, dass die Mitarbeiter zu den gewünschten Zeiten bereitstehen. Lediglich für Arbeitgeber, die sich gewisse Regelmäßigkeiten bei der Personalplanung wünschen, ist Arbeit auf Abruf nicht die beste Wahl.
Alternativen zur Arbeit auf Abruf
Für Arbeitnehmer, die auf Abruf arbeiten, ist ihr Job selten eine langfristige Lösung. Es mag Beschäftigte geben, die mit dem Mangel an Planbarkeit kein Problem haben, weil sie sonst keine Verpflichtungen haben und auch keine Freizeitaktivitäten fest planen wollen. Bei vielen Beschäftigten sorgt die Arbeit auf Abruf jedoch regelmäßig für Frust. Man kann schließlich keine Pläne machen, wenn man nicht weiß, wie man in den nächsten Wochen arbeiten muss.
Dabei gibt es viele Alternativen zu einem Job, der mit Arbeit auf Abruf verbunden ist. Bei vielen Minijobs haben Sie etwa feste, wöchentlich wiederkehrende Arbeitszeiten. Das gilt auch für Teilzeitstellen. Bei der Jobsuche sollten Sie aber genau hinsehen beziehungsweise nachfragen, denn gerade bei Jobs, die in Schichten erledigt werden, sind die Dienstpläne oft nicht wesentlich früher fertig als eine Woche im Voraus. Manche Arbeitgeber suchen dafür ganz gezielt nach Mitarbeitern für bestimmte Tage. Dadurch wissen Sie, wann Sie arbeiten müssen und wann nicht.
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