Achtsamkeit: Definition – Vorteile – Übungen

Achtsamkeit liegt im Trend. Aber was steckt eigentlich hinter dem Konzept? Was bringt Achtsamkeit? Und wie kann man lernen, im Alltag achtsamer zu sein? Hier erfahren Sie mehr über die Hintergründe und Vorzüge von Achtsamkeit, außerdem geben wir Ihnen Tipps, um Achtsamkeit in Ihr tägliches Leben zu integrieren.

Eine Gruppe Menschen macht Übungen zur Achtsamkeit

Definition: Was ist Achtsamkeit und woher stammt das Konzept?

Achtsamkeit oder Mindfulness, wie der Ansatz im Englischen heißt, ist eine Herangehensweise an alle Dinge des täglichen Lebens. Der US-amerikanische ehemalige Professor Jon Kabat-Zinn, der als Begründer der modernen Achtsamkeitslehre gilt, definiert Achtsamkeit als „das Bewusstsein, das entsteht, wenn man dem gegenwärtigen Moment bewusst Aufmerksamkeit schenkt, ohne ihn zu bewerten“. Achtsam zu sein bedeutet, seinen Fokus ganz bewusst auf das zu richten, was man gerade tut beziehungsweise erlebt. Das Ziel ist es, gedanklich voll im Moment zu sein, statt gedankenlos zu agieren oder Dinge beiläufig zu machen.

Achtsamkeit liegt momentan voll im Trend, ist aber keineswegs ein neues Konzept. Es handelt sich dabei vielmehr eine alte buddhistische Praxis, wobei es Hinweise darauf gibt, dass Hindus schon wesentlich früher Meditationsübungen durchgeführt haben. Die Wurzeln der Achtsamkeit liegen damit insbesondere im Buddhismus und dem Hinduismus, wobei es in vielen Religionen und Bräuchen achtsame Elemente gibt.

Aus buddhistischer Perspektive ist der normale wache Zustand eines Menschen sehr limitiert. Demnach gleicht er in vielerlei Hinsicht eher einem Traum, weil die meisten Menschen viele Dinge unbewusst und automatisch machen, anstatt ernsthaft darüber nachzudenken, was sie tun und denken. Viele Dinge laufen mehr oder weniger beliebig ab, und längst nicht alle kleinere und größeren Entscheidungen werden bewusst getroffen. Bei der Achtsamkeit geht es darum, diesen Zustand hinter sich zu lassen und aufzuwachen, um sein Leben bewusster zu leben und alle Möglichkeiten zu nutzen.

Welche Vorteile es haben kann, achtsam zu sein

Viele Menschen sind gedanklich überall, nur nicht bei dem, was sie gerade tun. Sie denken zum Beispiel über etwas nach, was in der Vergangenheit liegt, oder machen sich Sorgen darüber, was die Zukunft bringt. Dabei machen sich viele nicht bewusst, dass man in Wahrheit nur die Gegenwart, den jetzigen Moment, wirklich hat. Die Gefahr ist groß, dass dieser Moment einfach an einem vorbeizieht, wenn man sich nicht auf ihn konzentriert. Wenn man sich klarmacht, dass das ganze Leben letztendlich nichts anderes als eine Aneinanderreihung von einzelnen Momenten ist, wird die Tragweite eines achtlosen Daseins deutlich: Schlimmstenfalls kann auf diese Weise das ganze Leben mehr oder weniger an einem vorbeiziehen.

Hier setzt die Achtsamkeitslehre an. Sie ermöglicht es Menschen, den einzelnen Moment bewusster zu erleben und dadurch auch mehr zu schätzen. Viele Menschen sind glücklicher, wenn sie achtsam durch den Alltag gehen. Dabei kann man nicht nur besondere Momente wirklich als das wertschätzen, was sie sind, sondern auch alltägliche Dinge wie Händewaschen, Duschen oder Abspülen können als angenehmer empfunden werden. Achtsamkeit sorgt für mehr Klarheit, weil man sich und die eigenen Beweggründe besser versteht. Gleichzeitig gewinnt man Abstand zu den eigenen Gefühlen und Gedanken, was bewusstere Entscheidungen ermöglicht.

Achtsamkeit kann helfen, unerwünschte Verhaltensmuster zu durchbrechen

Dadurch ist es mithilfe von Achtsamkeit möglich, sich aus Verhaltensweisen zu befreien, denen man sich zuvor ausgeliefert gefühlt hat. Angenommen, jemand reagiert auf bestimmte Trigger immer wieder mit Wutanfällen, wofür er sich später schämt. Achtsamkeitstraining kann ihm helfen, anders damit umzugehen und seine Wut so zu verringern. Oder eine übergewichtige Person möchte abnehmen, isst aber immer nebenher und bemerkt gar nicht, wie viel Essen sie in sich hineinschaufelt. Ein achtsamer Umgang mit dem Essen kann helfen, solche Ernährungsmuster zu überwinden und dadurch an Gewicht zu verlieren.

Wer weiß, was er denkt und fühlt, aber diese Gedanken und Gefühle mit dem nötigen Abstand wahrnimmt, kann mit vielen Situationen konstruktiver umgehen. Das kann auch negative Erlebnisse und Gefühle betreffen, die man eigentlich lieber verdrängen würde. Mithilfe von Achtsamkeit kann man sich solchen Emotionen stellen und lernen, sie durch einen anderen Umgang damit hinter sich zu lassen.

Wenn jemand weniger Zeiten hat, in denen er hektisch von einer Aktivität zur nächsten hetzt, ohne sich seiner Gedanken und Gefühle bewusst zu sein, kann er damit seinen Stress verringern. Achtsam zu sein bedeutet damit auch, mehr Ruhe und Entspannung zu finden. Wer Achtsamkeit praktiziert, ist oft zufriedener – mit sich selbst, seinem Leben und seinem Umfeld. Die Beziehung zu anderen Menschen kann durch Achtsamkeit verbessert werden, außerdem kann das Selbstmitgefühl steigen, was für ein größeres Selbstbewusstsein und eine mehr Selbstsicherheit sorgen kann.

So profitieren Sie von Achtsamkeit im Job

Auch im Job ist ein achtsames Vorgehen überaus nützlich, und zwar in vielerlei Hinsicht. Zum Beispiel, wenn es darum geht, wie Sie Ihre Aufgaben erledigen. Durch Achtsamkeit können Sie sich besser auf die Arbeit konzentrieren. Das kann nicht nur für bessere Ergebnisse sorgen, sondern Sie sind womöglich auch schneller und haben weniger Stress, weil Sie sich nicht so leicht ablenken lassen. Wer gedanklich wirklich voll bei dem ist, was er gerade macht, ist außerdem oft kreativer, klarer und handelt bewusster und zielgerichteter. All das wirkt sich positiv auf die Leistung im Job aus, was wiederum neue Chancen nach sich ziehen kann. Damit ist Achtsamkeit ein Erfolgs- und Karrierefaktor.

Wer achtsam im Arbeitsalltag ist, erreicht auch deshalb häufig mehr, weil er sich darüber im Klaren ist, worauf er eigentlich hinarbeitet. Das erhöht nicht zuletzt die Zufriedenheit im Beruf. Sie können über Achtsamkeit auch Ihren Stress verringern, indem Sie bestimmte Trigger für negative Gefühle wie Hektik oder Ängste erkennen und anders damit umgehen. Außerdem gelingt es Ihnen eher, Verhaltensweisen zu verändern, die bisher mehr oder weniger automatisch abgelaufen sind, Ihnen aber geschadet haben.

Ebenso förderlich ist Achtsamkeit im Job für die Beziehungen zu anderen Menschen, egal, ob es um Vorgesetzte oder Kollegen geht. Wer voll im Moment ist, hört zum Beispiel anderen eher wirklich zu, was diese bemerken und sicherlich als positiv empfinden werden. Das kann Ihre Beziehung zu diesen Personen stärken, außerdem können Sie Konflikte früher wahrnehmen und rechtzeitig entschärfen. Achtsamkeit kann helfen, Kompromisse zu finden, und ermöglicht Ihnen einen konstruktiveren Umgang mit schwierigen Personen, mit denen Sie im Job zu tun haben.

Achtsamkeitstraining: Wie kann man Achtsamkeit lernen?

Nun fragen Sie sich womöglich, wie man lernen kann, achtsamer im Alltag zu sein. Dafür gibt es verschiedene Ansätze. Achtsamkeit ist das Herzstück der buddhistischen Meditation. Das wird schon durch die Bezeichnung Buddha deutlich: Ein Buddha ist der, der erleuchtet ist, und der seine wahre Natur kennt. Das kann nur über Achtsamkeit gelingen. Sie müssen aber kein Buddhist sein, um Achtsamkeitsmeditation und Achtsamkeit im Allgemeinen erlernen zu können.

Meditation ist nichtsdestotrotz ein wichtiger Pfeiler des Achtsamkeitstrainings. Durch Meditation können Sie Ihre Denkweisen verändern. Sie können lernen, sich Gedanken und Gefühle bewusster zu machen, ohne sie zu bewerten oder bestimmten Impulsen sofort nachzugeben. Meditation ist letztlich nichts anderes als ein Training der Fähigkeit, im Moment zu sein und zu bleiben.

Achtsamkeit ist aber nicht nur auf Meditationen, die vom Alltag losgelöst sind, beschränkt. Ein achtsamer Alltag setzt voraus, dass Sie Achtsamkeit in Ihren Alltag integrieren und auf alltägliche Dinge übertragen. Alles, was Sie tun, können Sie achtsam tun – zum Beispiel, sich Socken anziehen, die Hände eincremen, Gemüse für das Abendessen schneiden, Musik hören oder eine Tasse Kaffee trinken.

Wichtig zu wissen: Das Konzept der Achtsamkeit ist simpel, jeder kann es lernen. Achtsamkeit im Alltag zu leben ist jedoch nicht einfach. Es braucht viel Einsatz und Disziplin, um wirklich achtsam zu leben. Die Tendenz, Dinge gedankenlos zu machen und Gedanken und Gefühle gar nicht bewusst wahrzunehmen, ist stark. Das zu durchbrechen, braucht viel Übung. Erwarten Sie also nicht zu viel von sich – Achtsamkeit ist nur möglich, wenn Sie beharrlich und dauerhaft am Ball bleiben.

Achtsamkeitsübungen: Mit diesen Übungen können Sie Ihre Achtsamkeit steigern

Wenn Sie Ihre Achtsamkeit trainieren möchten, können Sie das über diverse Ansätze und Übungen erreichen. Hier stellen wir Ihnen vier beispielhafte Achtsamkeitsübungen vor, durch die Sie achtsamer werden können.

Bewusst ein- und ausatmen

Die simpelste Achtsamkeitsübung ist zugleich eine der effektivsten: das bewusste Erleben des Ein- und Ausatmens. Diese Übung können Sie jederzeit und überall machen. In der Dauer sind Sie variabel: Es hat schon einen spürbaren Effekt, wenn Sie sich fünf Atemzüge lang auf den Atem konzentrieren. Sie können das aber auch eine oder mehrere Minuten lang tun. Und so geht’s: Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf Ihre Atmung. Atmen Sie tief über die Nase ein, halten Sie den Atem kurz und atmen Sie dann langsam wieder über die Nase oder den Mund aus. Das wiederholen Sie so oft Sie möchten. Diese Achtsamkeitsübungen trainiert nicht nur Ihre Achtsamkeit, sondern beruhigt auch unmittelbar: die langsame Atmung signalisiert dem Gehirn Entspannung.

Achtsamkeitsmeditation

Wenn Sie an Achtsamkeitstraining ernsthaft interessiert sind, führt an Achtsamkeitsmeditation kein Weg vorbei. Sie können Meditation über einen Kurs oder eine App erlernen, aber im Zweifel geht es auch ohne einen Lehrer. Suchen Sie sich einen ruhigen Ort, wo Sie sich bequem hinsetzen können, zum Beispiel auf einen Stuhl oder dem Sofa. Nehmen Sie sich anfangs fünf bis zehn Minuten Zeit. Später können Sie auch länger meditieren, aber für den Anfang reicht diese Zeitspanne.

Atmen Sie zunächst einige Male bewusst tief ein und aus. Danach schließen Sie die Augen. Das ist nicht zwingend, macht es Ihnen aber leichter, sich auf die Meditation zu konzentrieren. Nun richten Sie Ihre Aufmerksamkeit darauf, wie sich Ihr Körper auf dem Stuhl, dem Sofa oder einem anderen Untergrund anfühlt. Welche Stellen berühren den Boden? Wie fühlt sich das an? Was können Sie in Ihrer Umgebung hören? Als Nächstes scannen Sie Ihren Körper gedanklich von oben bis unten ab. Beginnen Sie am oberen Ende Ihres Kopfes und lassen Sie Ihre Aufmerksamkeit langsam über alle Körperteile bis zu den Zehenspitzen gleiten.

Nach diesem Body-Scan konzentrieren Sie sich auf Ihren natürlichen Atemfluss. Fühlen Sie, wie der Atem durch Ihre Nasenlöcher in den Körper eintritt und von dort seinen Weg nimmt. Spüren Sie, wie sich Ihre Brust bei der Atmung hebt und senkt. Es kann hilfreich sein, den Atem zu zählen, um die Konzentration darauf aufrechtzuerhalten.

Meditation erfordert eine stete Praxis

Im Verlauf Ihrer Achtsamkeitsmeditation werden zwangsläufig Gedanken und Gefühle auftauchen. Versuchen Sie, geistig einen Schritt zurückzutreten, um Abstand dazu zu gewinnen. Sie können sich zum Beispiel vorstellen, dass Sie auf einer Liege im Garten liegen und hoch in den Himmel schauen. Die vorbeiziehenden Wolken sind Ihre Gedanken und Gefühle. Beobachten Sie diese Impulse, ohne sie zu bewerten oder sich näher mit ihnen zu befassen. Oder stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem Bach. Ihre Gedanken und Gefühle ziehen wie Blätter im Wasser dahin. Nehmen Sie sie wahr, aber greifen Sie nicht ein.

Meditation erfordert eine stete Praxis. Entwickeln Sie also eine Routine im Meditieren. Sie können zum Beispiel jeden Morgen als Erstes nach dem Aufstehen meditieren und sich so auf den Tag einstimmen, oder abends, wenn Sie im Bett liegen. Es ist hilfreich, über den Tag verteilt immer mal wieder kurz zu meditieren, um Ihre Praxis zu festigen. Dazu reicht es im Zweifel, den Atem für einige Atemzüge bewusst zu beachten. Ihre Augen müssen dafür nicht geschlossen sein.

Viele Menschen haben falsche Vorstellungen von Meditation. Es geht dabei nicht primär um Entspannung, auch wenn das ein Nebeneffekt der Meditation sein kann. Erwarten Sie auch nicht, dass Sie nach kurzer Zeit spürbare Fortschritte gemacht haben. Es ist schwer, sich seiner Gedanken und Gefühle bewusst zu werden, und es klappt meist erst nach Jahren intensiver Praxis halbwegs gut. Nichtsdestotrotz: Jede Achtsamkeit im Alltag, jeder Moment, den Sie bewusst erleben, ist ein Schritt hin zu einem achtsameren Leben.

Aufmerksamkeit auf den Moment lenken

Eine einfache Achtsamkeitsübung, die Ihnen helfen kann, voll im Moment anzukommen, ist die 5-4-3-2-1-Technik. Dabei nutzen Sie all Ihre Sinne, wodurch Sie Ihre Aufmerksamkeit gezielt lenken. Die Technik eignet sich für alle möglichen Situationen und Umstände.

Und so geht’s: Sehen Sie sich in Ihrer Umgebung um. Welche fünf Dinge sehen sie? Welche vier Dinge können Sie berühren oder spüren? Welche drei Geräusche hören Sie? Welche zwei Dinge können Sie riechen? Und welchen einen Geschmack können Sie schmecken? Diese Übung eignet sich auch sehr gut dazu, Panikattacken und anderen Ängsten zu begegnen.

Sich auf einen Gegenstand fokussieren

Um Ihren Fokus zu trainieren, eignet sich diese Übung besonders gut. Sie konzentrieren sich dabei ganz auf einen bestimmten Gegenstand. Suchen Sie sich einen beliebigen Gegenstand in Ihrem Sichtfeld, zum Beispiel einen Stift, eine Kerze oder eine Tasse. Nun versuchen Sie für einen gewissen Zeitraum – zum Beispiel drei bis fünf Minuten –, Ihre Aufmerksamkeit ganz bei diesem Gegenstand zu belassen. Betrachten Sie ihn von allen Seiten. Wenn Sie gedanklich abschweifen, lenken Sie Ihren Fokus wieder auf den Gegenstand um. So lernen Sie mit der Zeit, Ihre Aufmerksamkeit länger bei einer Sache zu belassen. Das ist auch im Joballtag sehr nützlich, weil es Ihnen beim konzentrierten Arbeiten hilft.

Bildnachweis: GingerKitten / Shutterstock.com

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