Abmahnung: Wann droht eine Kündigung?

Mit der Abmahnung steht Arbeitgebern ein arbeitsrechtliches Mittel zur Verfügung, das bei Pflichtverstößen eines Mitarbeiters eingesetzt werden kann. Mit der „gelbe Karte“ wird ein betroffener Mitarbeiter gerügt und aufgefordert, sein Verhalten zu ändern. Passiert das nicht, droht die Kündigung. Doch welche Gründe kommen überhaupt für eine Abmahnung infrage? Und droht automatisch die Kündigung? Alles Wissenswerte zum Thema Abmahnung im Arbeitsrecht erfahren Sie in unserem Überblick.

Ein Mann hat einen Brief in der Hand und ist besorgt

Abmahnung im Arbeitsrecht: Die „gelbe Karte“ des Arbeitgebers

Wird ein Arbeitsverhältnis geschlossen, ergeben sich daraus Rechte und Pflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Doch nicht immer halten sich die Vertragspartner daran. Pflichtverstöße können das Arbeitsverhältnis belasten – und eine Abmahnung nach sich ziehen. Dabei kann sie sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer ausgesprochen werden. In diesem Ratgeber geht es primär um die Abmahnung durch den Arbeitgeber.

Die Abmahnung ist ein Mittel im Arbeitsrecht, das prinzipiell sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern zur Verfügung steht. Die umgangssprachliche „gelbe Karte“ ist dabei mehr als nur eine Rüge. Sie ist vielmehr als deutliche Warnung zu verstehen – und oft als Vorstufe zur Kündigung. Mit der Abmahnung macht der Abmahnende deutlich, dass er das darin bemängelte Verhalten nicht weiter tolerieren wird. Der Abgemahnte bekommt dadurch die Chance, sein Verhalten zu ändern und so eine Kündigung abzuwenden. Tut er dies nicht, kann der Vertragspartner ihm kündigen.

Gibt es eine Frist für die Abmahnung?

In vielen Fällen ist eine vorherige Abmahnung notwendig, um eine Kündigung aussprechen zu können. Aus diesem Grund erfolgt die Abmahnung in der Regel schriftlich, denn dann ist klar, welchen Inhalt sie hat und wann sie ausgesprochen wurde. Sie ist jedoch auch wirksam, wenn sie mündlich übermittelt wird.

Viele Arbeitgeber suchen zunächst das Gespräch mit ihren Mitarbeitern, bevor sie eine Abmahnung schreiben – meist in der Hoffnung, das Problem unbürokratisch klären zu können. Vorgeschrieben ist eine Anhörung allerdings nicht. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn geltende Tarifverträge eine vorherige Anhörung des Mitarbeiters vorschreiben.

An feste Fristen ist die Abmahnung im Arbeitsrecht nicht gebunden. Allerdings sollte zwischen dem Fehlverhalten und der Abmahnung nicht zu viel Zeit liegen. Der betroffene Mitarbeiter könnte sonst denken, der Arbeitgeber nehme sein Verhalten hin. Dann kann eine Abmahnung unter Umständen unwirksam sein.

Davon hängt die Wirksamkeit von Abmahnungen ab

Bei einer Abmahnung sind formelle Vorgaben zu beachten, damit sie wirksam und rechtlich haltbar ist. Selbst, wenn der Abgemahnte sie hinnimmt, kann eine Abmahnung im Nachhinein – etwa im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses – als unwirksam eingestuft werden. Eine unwirksame Abmahnung kann auch die Kündigung als solche unwirksam machen.

Vielen Arbeitgebern unterlaufen beim Verfassen von Abmahnungen Fehler. Das liegt auch daran, dass viele nicht so genau wissen, welche Vorgaben eigentlich gelten. Eine wirksame Abmahnung setzt voraus, dass das Fehlverhalten des Abgemahnten darin möglichst konkret beschrieben wird. Eine pauschale oder sehr allgemeine Formulierung reicht hierfür nicht aus. Der Pflichtverstoß muss außerdem deutlich gerügt werden – etwa durch den Hinweis, dass der Mitarbeiter dadurch gegen die Inhalte des Arbeitsvertrags verstoßen hat.

Außerdem muss aus der Abmahnung deutlich hervorgehen, welche Konsequenzen im Fall einer Wiederholung des bemängelten Verhaltens drohen – die Kündigung. Damit hat eine wirksame Abmahnung unweigerlich eine Hinweisfunktion und eine Warnfunktion. Der Abgemahnte muss darüber hinaus aufgefordert werden, sein Verhalten zu ändern beziehungsweise sich künftig vertragstreu zu verhalten.

Die Abmahnung als Vorstufe der Kündigung?

Für sich genommen hat die Abmahnung im Arbeitsrecht in erster Linie eine Warnfunktion. Der Arbeitgeber teilt in aller Deutlichkeit mit, dass sich ein bestimmtes Verhalten nicht wiederholen darf, wenn der Mitarbeiter seinen Job behalten möchte. In der Praxis geht es nicht jedem Arbeitgeber darum, eine Verbesserung zu erzielen. Oft wird mit der Abmahnung bereits die Kündigung des betreffenden Mitarbeiters vorbereitet. Für viele Kündigungsgründe ist es erforderlich, dass zunächst eine Abmahnung übermittelt wird.

Prinzipiell gibt es drei Arten von Kündigungsgründen, mit denen der Arbeitgeber eine Kündigung rechtfertigen kann. Es handelt sich dabei um die personenbedingte Kündigung, die verhaltensbedingte Kündigung und die betriebsbedingte Kündigung. Die betriebsbedingte Kündigung bedarf keiner vorherigen Abmahnung, weil sie nicht in einem Fehlverhalten des Angestellten begründet ist.

Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt hingegen in der Regel eine vorherige Abmahnung voraus. Es handelt sich dann um Pflichtverletzungen, die sich aus dem Verhalten des Arbeitnehmers ergeben – und damit um etwas, das er beeinflussen kann. Eine Abmahnung gibt ihm die Gelegenheit, sein Verhalten zu ändern.

Bei personenbedingten Kündigungen sieht es hingegen anders aus. Hierbei geht es um Gründe, die in der Persönlichkeit des Mitarbeiters liegen und auf die dieser nur sehr bedingt Einfluss hat. Somit ist eine Abmahnung allgemein keine Voraussetzung für eine wirksame Kündigung aus personenbedingten Gründen. Auch hier gibt es jedoch Ausnahmen.

Kündigung: Wie viele Abmahnungen sind nötig?

Immer wieder kommt die Frage auf, wie viele Abmahnungen notwendig sind, damit eine Kündigung rechtens ist. Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Vielmehr hängt es von der Schwere des Falls und dem zeitlichen Ablauf ab. Bei gravierenden Pflichtverstößen reicht im Zweifelsfall eine einzige Abmahnung. Zeigt der Mitarbeiter das Fehlverhalten erneut, kann der Arbeitgeber ihm kündigen.

Ist der bemängelte Pflichtverstoß weniger schwerwiegend, können zwei oder mehr Abmahnungen für eine rechtmäßige Kündigung nötig sein. Feste Regeln gibt es allerdings nicht – die Umstände im Einzelfall entscheiden.

Zwischen der Abmahnung und der Kündigung darf nicht zu viel Zeit verstreichen. Verhält sich der Arbeitnehmer nach der Abmahnung lange Zeit pflichtkonform, kann ihm bei einem erneuten Pflichtverstoß nicht immer sofort gekündigt werden. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass die Abmahnung nach zwei bis drei Jahren an Bedeutung verloren hat – sofern sich der Mitarbeiter seither tadellos verhalten hat. Deshalb sollten Arbeitgeber nicht zu lange warten, bis sie im Wiederholungsfall eine Kündigung aussprechen.

Entscheidet sich der Arbeitgeber bei einer erneuten Pflichtverletzung nicht für die Kündigung, sondern eine weitere Abmahnung, kann er dem Mitarbeiter nicht später aufgrund derselben Pflichtverletzung kündigen. Erst, wenn der Angestellte das bemängelte Verhalten noch einmal zeigt, ist eine Kündigung möglich.

Abmahnungsgründe: In welchen Fällen droht eine Abmahnung?

Für eine Abmahnung kommen verschiedenste Gründe in Betracht. Grundsätzlich muss es sich um ein Verhalten des Mitarbeiters handeln, das gegen vertragliche Pflichten verstößt. Das kann der Fall sein, wenn ein Mitarbeiter zu spät kommt oder den Arbeitsplatz unerlaubt zu früh verlässt. Privates unerlaubtes Surfen im Internet wäre ebenso ein möglicher Abmahnungsgrund wie der Konsum von Alkohol oder Drogen am Arbeitsplatz.

Abgemahnt werden kann auch, wer Arbeit verweigert oder hinter seiner vertraglich vereinbarten Leistung zurückbleibt. Wer unentschuldigt fehlt, muss ebenso mit einer Abmahnung rechnen wie ein Arbeitnehmer, der andere beleidigt. Ebenfalls in Betracht kommt als Grund eine Störung des Betriebsfriedens. Auch Raucher, die unerlaubt Raucherpausen machen und diese Zeit nicht später nachholen, können abgemahnt werden.

Kündigung ohne Abmahnung – geht das?

Im Arbeitsrecht ist die Kündigung als letztes Mittel vorgesehen. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob nicht ein milderes Mittel ausreicht, um das Verhalten eines Angestellten zu tadeln. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine Kündigung zwangsläufig eine Abmahnung voraussetzen würde.

Eine betriebsbedingte Kündigung erfordert naturgemäß keine vorherige Abmahnung. Auch bei der personenbedingten Kündigung ist sie im Allgemeinen nicht erforderlich, denn hierbei werden Aspekte bemängelt, auf die der Mitarbeiter nur sehr begrenzt Einfluss hat. Das führt zu einer negativen Prognose, die eine Abmahnung entbehrlich machen kann.

Bei verhaltensbedingten Kündigungen ist eine vorherige Abmahnung in der Regel erforderlich. Ob das tatsächlich der Fall ist, hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Es gibt auch Szenarien, in denen der Arbeitgeber direkt die Kündigung aussprechen kann. Das wäre etwa denkbar, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Mitarbeiter sein Verhalten ändert. Auch besonders schwere Vertragsverletzungen können direkt zur Kündigung führen, wenn dem Arbeitnehmer klar sein musste, dass ihm dadurch die sofortige Kündigung droht.

Ebenso kann der Arbeitgeber ohne vorherige Abmahnung kündigen, wenn der Pflichtverstoß so gravierend war, dass das Vertrauen nachhaltig erschüttert ist und nicht zu erwarten ist, dass sich das durch eine Abmahnung ändert.

Fristlose Kündigung: Keine Abmahnung nötig?

Auch bei außerordentlichen Kündigungen kann eine Abmahnung erforderlich sein. Je nach Einzelfall darf der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter nur fristlos kündigen, wenn er dasselbe Verhalten schon einmal in Form einer Abmahnung bemängelt hat.

Handelt es sich etwa um einen erheblichen Pflichtverstoß, der dem Arbeitgeber nur einen geringen Schaden bereitet hat, kann eine Abmahnung vor einer Kündigung notwendig sein. Das wäre etwa dann denkbar, wenn der betreffende Mitarbeiter schon lange Zeit für den Arbeitgeber tätig ist und sich bisher nichts zu Schulden kommen lassen hat. In der Praxis führt das dazu, dass die wenigsten außerordentlichen Kündigungen erfolgen, ohne, dass zuvor eine Abmahnung ausgesprochen wurde.

Abmahnung erhalten: Was tun?

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, gilt zunächst: Ruhe bewahren. Viele Arbeitnehmer sind nach einer Abmahnung aufgeregt und möchten sich gegenüber dem Arbeitgeber rechtfertigen. Diesem Drang sollten Sie widerstehen. Insbesondere sollten Sie die Abmahnung nicht unterschreiben. Mit Ihrer Unterschrift signalisieren Sie nämlich nicht nur, dass Sie die Abmahnung erhalten haben, sondern bestätigen auch deren Berechtigung.

Halten Sie die Abmahnung für unberechtigt, empfiehlt es sich, Beweise für diesen Standpunkt zu sichern. Das ist zum Beispiel über E-Mails, Dokumente oder Zeugenaussagen möglich. Bitten Sie gegebenenfalls Zeugen, ihre Version eines Sachverhalts schriftlich festzuhalten. Auch eigene Notizen sind hilfreich.

Sie können auf eine Abmahnung mit einer Gegendarstellung reagieren. Das kann sinnvoll sein, wenn die Abmahnung in Ihre Personalakte aufgenommen wurde. Sie haben das Recht darauf, dass der Arbeitgeber Ihre Erklärung zur Personalakte hinzunimmt. Die Abmahnung bleibt allerdings trotzdem bestehen. Gibt es in Ihrer Firma einen Betriebsrat, können Sie diesen zu Rate ziehen. Er kann zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber vermitteln.

Warum es manchmal besser ist, nicht auf eine Abmahnung zu reagieren

Falls die Abmahnung ungerechtfertigt ist, kommt auch eine Klage auf Rücknahme der Abmahnung in Betracht. Sie können in diesem Fall auch verlangen, dass die Abmahnung aus Ihrer Personalakte genommen wird. Kommt es zu einer solchen juristischen Auseinandersetzung, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass die Abmahnung gerechtfertigt war.

In manchen Fällen ist die beste Option nach dem Erhalt einer Abmahnung, nichts zu tun. Das gilt besonders, wenn Sie glauben, dass der Arbeitgeber Sie loswerden möchte und nach Gründen für eine Kündigung sucht. Kommt es zu einer Kündigung, können Sie eine Kündigungsschutzklage anstreben. Dann muss der Arbeitgeber belegen, dass die Abmahnung berechtigt war.

Eine unwirksame Abmahnung ist keine gute Voraussetzung für den Bestand einer Kündigung, was Ihre Aussichten vor Gericht verbessert. Indem Sie auf eine ungerechtfertigte Abmahnung nicht reagieren, sorgen Sie dafür, dass der Arbeitgeber Ihre Argumente nicht kennt. Das kann im Fall einer juristischen Auseinandersetzung ein Vorteil für Sie sein.

Bildnachweis: antoniodiaz / Shutterstock.com


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