Ausbildungsvertrag: Darauf sollten Sie achten
Wer einen Ausbildungsplatz ergattert hat, bekommt vom Betrieb einen Ausbildungsvertrag vorgelegt. Diesen sollten Sie als Azubi gründlich prüfen. Worauf sollte man dabei achten? Welche Inhalte sind typisch für den Ausbildungsvertrag – und was gehört nicht hinein? In unserem Ratgeber erfahren Sie es.
Der Ausbildungsvertrag als Grundlage der Ausbildung
In einer Berufsausbildung ist es nicht anders als bei einem Beschäftigungsverhältnis: Bei beidem werden die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit schriftlich in einem Vertrag festgehalten. In der Ausbildung ist dieser als Ausbildungsvertrag bekannt. Der Ausbildungsvertrag enthält Regelungen zu verschiedenen Sachverhalten, die während einer Ausbildung relevant sind oder sein könnten. Er gibt bei vielen Fragen zu Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen und anderen Themen Aufschluss. Geregelt ist der Ausbildungsvertrag im Berufsbildungsgesetz, kurz BBiG.
§ 11 BBiG sieht vor, dass der Ausbildungsvertrag stets in Schriftform geschlossen wird. Abweichungen davon sind nicht möglich. Der Arbeitgeber darf Ihnen den Ausbildungsvertrag nicht per E-Mail schicken oder Ihnen die Rahmenbedingungen Ihrer Ausbildung nur mündlich erläutern. Bevor die Ausbildung beginnt, muss ein Berufsausbildungsvertrag vorliegen. Sobald Sie den Ausbildungsvertrag haben, sollten Sie ihn nicht einfach unterschreiben. Prüfen Sie die Inhalte: Sind alle wichtigen Aspekte enthalten? Enthält der Ausbildungsvertrag Regelungen, die unzulässig sind? Als Laie können Sie das wahrscheinlich nicht mit letzter Sicherheit prüfen. Im Zweifel können Sie sich an einen Anwalt wenden.
Wenn der Ausbildungsvertrag geprüft ist, müssen Sie ihn unterschreiben. Minderjährige Auszubildende benötigen darüber hinaus die Unterschrift ihrer Eltern oder der Erziehungsberechtigten. Der Betrieb schickt den von beiden Seiten unterzeichneten Ausbildungsvertrag an die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer oder die im Einzelfall zuständige Stelle. Dort wird der Ausbildungsvertrag wiederum inhaltlich geprüft. Dass der Ausbildungsvertrag bei der zuständigen Kammer vorliegt, ist zudem die Voraussetzung für die Möglichkeit, Prüfungen im Rahmen der Ausbildung abzulegen.
Ausbildungsvertrag Inhalt: Das muss im Ausbildungsvertrag stehen
Grundsätzlich enthält der Ausbildungsvertrag Regelungen zu diversen Themen und Fragestellungen, die sich im Laufe der Berufsausbildung ergeben können. Wann immer es Unklarheit bezüglich von Vorgaben gibt, kann es eine Regelung im Ausbildungsvertrag geben, die Klarheit schafft. Betriebe, die Ausbildungsverträge anfertigen, müssen sich dabei an § 11 BBiG orientieren. Dort ist festgelegt, was ein Ausbildungsvertrag für einen Inhalt haben sollte. Zudem können Tarifverträge bestimmte Inhalte für den Ausbildungsvertrag vorsehen.
Mindestens muss ein Ausbildungsvertrag nach § 11 BBiG die folgenden Inhalte enthalten:
- Angaben zur Art der Berufsausbildung, zu ihrer sachlichen und zeitlichen Gliederung und zu ihren Zielen (insbesondere, zur Ausübung welchen Berufs sie befähigen soll),
- wann die Ausbildung beginnt und wie lange sie dauert,
- Informationen zu Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der eigentlichen Ausbildungsstätte,
- Angaben zur regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit,
- wie lange die Probezeit ist,
- Informationen zur Höhe der Vergütung sowie der Zahlung,
- wie viel Urlaub dem Azubi zusteht,
- Möglichkeiten der Kündigung des Berufsausbildungsvertrags,
- einen Hinweis auf geltende Tarifverträge und gegebenenfalls anwendbare Betriebsvereinbarungen, Dienstvereinbarungen,
- Angaben zur vorgesehenen Form des Ausbildungsnachweises.
Betriebe müssen sich beim Ausbildungsvertrag an gesetzliche Vorgaben halten
Viele Betriebe benutzen Vordrucke der zuständigen Kammer, etwa einen IHK-Ausbildungsvertrag oder einen Ausbildungsvertrag der Handwerkskammer. Das macht es für Azubis leichter, nachzuvollziehen, ob alle nötigen Inhalte im Ausbildungsvertrag enthalten sind.
Bei der Festlegung von Arbeitszeit, Urlaub, Probezeit und Co sind Ausbildungsbetriebe an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. So ist etwa durch das Berufsbildungsgesetz vorgegeben, wie lange die Ausbildung im jeweiligen Beruf dauert und wann sie beginnt. Bei der Arbeitszeit kommt es nicht nur auf das Arbeitszeitgesetz (bei volljährigen Azubis) beziehungsweise das Jugendarbeitsschutzgesetz (bei minderjährigen Azubis) an. Auch anwendbare Tarifverträge können diesbezüglich Vorgaben machen, die für Betriebe bindend sind.
Prinzipiell dürfen Sie als minderjähriger Azubi höchstens 40 Stunden pro Woche – acht Stunden an maximal fünf Tagen – Ihrer Ausbildung nachgehen. Im Normalfall darf die Ausbildung dann nur zwischen 6 und 20 Uhr stattfinden, es gibt jedoch Ausnahmeregelungen für bestimmte Berufe. Volljährige Auszubildende dürfen höchstens 48 Stunden an sechs Tagen pro Woche arbeiten. Die tägliche reguläre Höchstausbildungszeit liegt auch hier bei acht Stunden.
Ausbildungsvertrag: Regelungen zu Urlaub, Vergütung und Probezeit
Auch der Urlaubsanspruch während der Ausbildung ist gesetzlich geregelt. Ausbildungsbetriebe dürfen das gesetzliche Minimum nicht unterschreiten, sie dürfen aber freiwillig mehr Urlaub in der Ausbildung gewähren. Es hängt vom Alter des Auszubildenden ab, wie hoch der Urlaubsanspruch in der Ausbildung mindestens ist. Der gesetzliche Mindest-Urlaubsanspruch während der Ausbildung gestaltet sich wie folgt:
- Unter 16-Jährige: mindestens 30 Werktage
- Unter 17-Jährige: mindestens 27 Werktage
- Unter 18-Jährige: mindestens 25 Werktage
- Volljährige Auszubildende: mindestens 24 Werktage
Als Werktage gelten alle Tage außer Sonn- und Feiertage. Alternativ kann die Zahl der Urlaubstage im Ausbildungsvertrag auch in Arbeitstagen angegeben sein.
Die Vergütung ist ein wichtiger Aspekt, der in keinem Ausbildungsvertrag fehlen darf. Tarifverträge können sich hier ebenfalls auswirken. Die Vergütung während der Berufsausbildung muss zudem im Laufe der Ausbildung ansteigen. In jedem Lehrjahr gibt es etwas mehr Geld. Im Ausbildungsvertrag sollte auch stehen, wann Ihnen Ihr Gehalt gezahlt wird – üblicherweise am Ende des Monats oder zur Mitte des Monats.
Die Probezeit während der Ausbildung kann nicht umgangen werden. Minimal darf sie einen Monat betragen, höchstens vier. Während der Probezeit können Sie oder der Betrieb das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen kündigen. Dabei muss keine Kündigungsfrist beachtet werden. Unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung nach der Probezeit möglich ist, steht ebenfalls im Berufsausbildungsvertrag.
Zusammen mit dem Ausbildungsvertrag wird der betriebliche Ausbildungsplan an den Auszubildenden übermittelt. Er ist die Voraussetzung für den Eintrag in die Aufnahme des Azubis in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse bei der jeweiligen Kammer.
Berufsausbildungsvertrag: Welche Inhalte sind unzulässig?
Wie bei Arbeitsverträgen gilt auch bei Ausbildungsverträgen: Nicht alle Klauseln, die enthalten sein können, sind auch zulässig. Unwirksam sein können Klauseln, die den Auszubildenden benachteiligen, weil etwa seine Rechte beschnitten werden sollen. Die Regelungen des Ausbildungsvertrags dürfen zudem nicht gegen gesetzliche Vorgaben und geltende Tarifverträge verstoßen.
Nichtige Vereinbarungen von Ausbildungsverträgen sind in § 12 BBiG geregelt. Demnach wäre etwa eine Regelung nichtig, die das Ziel hat, den Azubi in der Zeit nach seiner Ausbildung in seiner beruflichen Tätigkeit zu beschränken. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn der Azubi sich selbst in den letzten sechs Monaten seiner Ausbildung dazu verpflichtet, nach der Ausbildung eine Beschäftigung im Betrieb aufzunehmen.
Azubis dürfen nicht zur Zahlung von Vertragsstrafen verpflichtet werden
Ebenfalls nichtig sind nach § 12 BBiG Vereinbarungen im Ausbildungsvertrag, mit denen Arbeitgeber versuchen, Azubis zur Zahlung einer Entschädigung zu verpflichten. Auch für zusätzliche Kurse, die verpflichtend sind, dürfen Betriebe den Auszubildenden nicht dazu auffordern, Geld an ihn zu erstatten. Solche Klauseln sind unzulässig und damit unwirksam.
Ebenso wenig dürfen Ausbildungsbetriebe im Ausbildungsvertrag festlegen, dass der Azubi in bestimmten Fällen eine Vertragsstrafe zahlen muss. Vertragsstrafen können in Arbeitsverhältnissen zum Beispiel dann fällig werden, wenn jemand den Job nicht antritt oder vorzeitig kündigt. Auszubildende sind vor solchen Klauseln jedoch geschützt.
Nicht erlaubt wäre es auch, wenn der Ausbildungsbetrieb mögliche Schadensersatzansprüche durch den Auszubildenden im Ausbildungsvertrag ausschließen oder beschränken wollte. Die Höhe eines Schadensersatzes darf zudem im Ausbildungsvertrag nicht in Form von pauschalen Beträgen festgelegt werden.
Ausbildungsvorvertrag: Wann kommt ein Vorvertrag zum Ausbildungsvertrag infrage?
Es ist möglich, einen Vorvertrag zum Ausbildungsvertrag abzuschließen. Ein Ausbildungsvorvertrag kann vor allem dann eine Option sein, wenn bis zum Ausbildungsbeginn noch viel Zeit ist. Im Ausbildungsvorvertrag verpflichten sich die beiden Vertragspartner dazu, ein Ausbildungsverhältnis einzugehen.
Im Vorvertrag zum Ausbildungsvertrag sollten Angaben über die persönlichen Daten der Vertragspartner, zum Beginn und der Dauer der Ausbildung und andere grundlegende Regelungen enthalten sein. Wenn später der eigentliche Ausbildungsvertrag unterschrieben wird, ersetzt er den Ausbildungsvorvertrag. Ein Vorvertrag zum Ausbildungsvertrag ist ebenso rechtlich bindend wie andere Verträge auch.
Ausbildungsvertrag prüfen: Das ist dabei wichtig
Bevor Sie Ihren Ausbildungsvertrag unterschreiben, sollten Sie ihn gründlich prüfen. Sonst unterschreiben Sie womöglich Klauseln, die Sie benachteiligen oder die eigentlich nicht zulässig sind. Sie können sich bei der Prüfung des Ausbildungsvertrags an den IHK-Ausbildungsverträgen oder den Ausbildungsverträgen anderer Kammern orientieren. So können Sie abgleichen, ob alle wichtigen Inhalte Teil Ihres Ausbildungsvertrags sind.
Der Ausbildungsvertrag muss mindestens die in § 11 BBiG festgelegten Aspekte beinhalten. Die jeweilige Regelung muss im Einklang mit dem Arbeitsrecht sein. Achten Sie besonders darauf, ob die vorgesehenen Arbeitszeiten laut Arbeitsvertrag nicht gegen das Gesetz verstoßen. Besonders minderjährige Azubis dürfen nicht spät abends oder sehr früh morgens ihrer Ausbildung nachgehen. Ein wichtiger Aspekt im Ausbildungsvertrag ist außerdem die Höhe der Vergütung. Entspricht das Gehalt, das man Ihnen vertraglich zusichert, den Regelungen von Tarifverträgen? Wird das Entgelt jedes Jahr erhöht?
Überstunden sind bei Azubis meist nicht erlaubt
Möglicherweise enthält der Ausbildungsvertrag Passagen, in denen es um Überstunden geht. Hierbei sind Ausbildungsbetrieben jedoch enge Grenzen gesetzt. Generell sind Überstunden für Auszubildende freiwillig. Minderjährige Auszubildende dürfen im Normalfall überhaupt keine Überstunden machen, es sei denn, es handelt sich um einen (in der Praxis seltenen) Notfall. Höchstens darf die tägliche Arbeitszeit bei Überstunden statt regulär acht achteinhalb Stunden betragen. Anschließend steht den Azubis ein Freizeitausgleich oder ein finanzieller Ausgleich zu.
Auch bei volljährigen Azubis sind Überstunden nur in engen Grenzen erlaubt. Ausnahmsweise darf die tägliche Arbeitszeit von acht auf zehn Stunden verlängert werden. Überstunden sind zudem nur denkbar, wenn Sie dabei Tätigkeiten nachgehen, die mit Ihrer Ausbildung in Verbindung stehen. Außerdem muss ein Ausbilder anwesend sein.
Überprüfen Sie auch, ob es in Ihrem Ausbildungsvertrag Klauseln gibt, die nichtig sind. Unterstützung bei der Prüfung des Ausbildungsvertrags erhalten Sie von einem Anwalt. Auch bei einer Gewerkschaft können Sie diesbezüglich Hilfe bekommen.
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