Ausbildungsbetrieb wechseln: Tipps zum Vorgehen für Azubis

Nach den ersten Monaten in einer neuen Ausbildung ziehen viele Azubis ein ernüchtertes Zwischenfazit: Sie sind mit der Ausbildung unzufrieden und können sich nicht vorstellen, noch mehrere Jahre so weiterzumachen. Das kann daran liegen, dass die Auszubildenden mit ihrem Ausbildungsbetrieb unzufrieden sind. Wenn Sie sich im Betrieb nicht wohlfühlen, aber an der gewählten Richtung festhalten möchten, kommt ein Ausbildungsplatzwechsel infrage. Welche Möglichkeiten Sie haben und was Sie beachten sollten, erfahren Sie hier.

Eine Frau denkt darüber nach, den Ausbildungsbetrieb zu wechseln

Warum viele Azubis darüber nachdenken, die Ausbildungsstelle zu wechseln

Einen Ausbildungsplatz gefunden zu haben ist für angehende Azubis ein Grund zur Freude. Sich für einen Ausbildungsbetrieb zu entscheiden ist aber auch mit einem gewissen Risiko verbunden, denn Sie wissen vorher nicht, was Sie in dem jeweiligen Betrieb erwartet. Wie werden Sie sich mit den Kollegen und dem Chef verstehen? Wie spannend werden Ihre Aufgaben sein, und wie gut wird man Sie betreuen?

Diese Erfahrungen machen Sie in aller Regel erst, wenn Sie die Ausbildung schon begonnen haben. In den ersten Wochen und Monaten in einer neuen Ausbildung lernen Sie die Begebenheiten vor Ort kennen – und nicht immer ist das, was man kennenlernt, positiv. Viele Lehrlinge sind nach den ersten Monaten in der Lehre ernüchtert und mit ihrer Ausbildungsstelle unzufrieden.

Mögliche Gründe für einen Ausbildungsplatzwechsel

In solchen Situationen denken viele Auszubildende darüber nach, ihre Ausbildungsstelle zu wechseln. Das kann viele Gründe haben: Vielleicht gibt es Probleme mit dem Chef oder das Betriebsklima ist so mies, dass es Ihnen schon morgens davor graut, in den Betrieb zu müssen. Vielleicht sind Ihre Aufgaben zu anspruchsvoll und Sie fühlen sich alleine gelassen.

Oder das, was Sie in der Ausbildung tun sollen, ist monoton und unterfordert Sie. Es kann auch sein, dass Sie fachfremde Tätigkeiten ausführen müssen. Ebenso kommt es vor, dass Azubis Überstunden machen müssen oder der Ausbilder von ihnen verlangt, dass sie auf Pausen verzichten.

In manchen Betrieben nimmt man die Ausbildung von Lehrlingen nicht sonderlich ernst. Eine Ausbildung kann dann in erster Linie dazu dienen, eine billige Arbeitskraft hinzuzugewinnen, statt den Nachwuchs verantwortungsvoll in allem zu schulen, was wichtig ist. Wenn jemand darüber nachdenkt, den Ausbildungsbetrieb zu wechseln, kann das auch daran liegen, dass das Ausbildungsgehalt nicht rechtzeitig oder nicht in voller Höhe gezahlt wird.

Ausbildungsbetrieb wechseln: Vorteile und Nachteile

Wenn die Unzufriedenheit mit der Ausbildung groß ist, greifen nicht wenige Auszubildende zu drastischen Mitteln und werfen die Ausbildung hin. Das ist jedoch nicht Ihre einzige Option – in vielen Fällen kann es sich lohnen, nicht gleich die Ausbildung abzubrechen, sondern den Ausbildungsplatz zu wechseln. Bevor Sie über die nächsten Schritte entscheiden, sollten Sie wissen, welche Vor- und Nachteile es haben kann, die Ausbildungsstelle zu wechseln.

Vorteile eines Ausbildungsplatzwechsels

Im Vergleich zu einem kompletten Abbruch der Ausbildung ist ein Wechsel des Ausbildungsbetriebs oft die bessere Lösung. Wenn Sie grundsätzlich mit der gewählten Richtung zufrieden sind, spricht wenig dafür, die Ausbildung ganz sein zu lassen. Die Gründe, die zu Ihrer Unzufriedenheit mit der Ausbildungsstelle geführt haben, sind in einem anderen Ausbildungsbetrieb womöglich nicht mehr vorhanden.

Trotz des damit verbundenen Aufwands ist es auch oft besser, eine andere Ausbildungsstelle zu suchen statt schlimmstenfalls noch jahrelang eine suboptimale Lage in der Ausbildung hinzunehmen. Die meist drei Jahre einer Berufsausbildung können lang sein, wenn Sie jeden Tag mit schlechter Laune in den Betrieb gehen. Durch einen Wechsel des Ausbildungsbetriebs haben Sie zwar einmal etwas Arbeit, aber er birgt auch das Potenzial, dass Sie hinterher zufrieden mit Ihrer Ausbildung sind.

Für einen Wechsel des Ausbildungsplatzes spricht auch, dass Sie meist nahtlos da anknüpfen können, wo Sie aufgehört haben. Ihre bisherige Ausbildungszeit kann in den meisten Fällen angerechnet werden. Dadurch verlieren Sie trotz des Ausbildungsplatzwechsels keine Zeit.

Nachteile eines Ausbildungsplatzwechsels

Den Ausbildungsbetrieb zu wechseln kann jedoch auch Nachteile mit sich bringen. Da wäre etwa der Aufwand, der mit einem solchen Schritt verbunden ist. Sie müssen einen neuen Ausbildungsplatz suchen und Bewerbungen schreiben, und Sie müssen schauen, wie Sie den bisherigen Ausbildungsbetrieb verlassen können.

Eine ordentliche Kündigung kommt normalerweise nicht infrage, und nicht immer gibt es gute Gründe für eine fristlose Kündigung. Dann sind Sie auf das Entgegenkommen des Ausbilders angewiesen, der mit Ihnen einen Aufhebungsvertrag schließen kann – aber nicht muss.

Wenn Sie den Ausbildungsplatz wechseln möchten, kann das für Streitigkeiten mit dem Ausbildungsbetrieb sorgen. Womöglich ist man dort nicht damit einverstanden, dass Sie die Ausbildung woanders fortsetzen möchten, und legt Ihnen Steine in den Weg. Im Fall einer fristlosen Kündigung kann es sein, dass der Betrieb Ihre Version anzweifelt und die Kündigung nicht akzeptiert. Ebenso können Schadensersatzforderungen auf Sie zukommen, wenn Sie den Ausbildungsbetrieb vorzeitig verlassen möchten.

Bedenken Sie auch: Nach dem Wechsel der Ausbildungsstelle befinden Sie sich im neuen Ausbildungsbetrieb wieder in der Probezeit. Damit ist eine gewisse Unsicherheit verbunden, weil Sie nicht wissen, ob die neuen Vorgesetzten mit Ihnen zufrieden sein werden.

Ausbildung wechseln im 2. oder 3. Lehrjahr?

Sich für einen Ausbildungsplatzwechsel zu entscheiden, fällt vielen Azubis im ersten Lehrjahr noch vergleichsweise leicht: Die meiste Zeit liegt noch vor einem und entsprechend kann sich ein Wechsel der Ausbildungsstelle lohnen. Nicht immer aber bestehen die Gründe dafür, eine Ausbildung zu wechseln, im 1. Lehrjahr schon. Oder die Situation hat sich seither verschlechtert, so dass Sie erst im zweiten oder dritten Lehrjahr über einen grundlegenden Wechsel nachdenken.

Lohnt es sich überhauptnoch, die Ausbildung zu wechseln, wenn man im 2. Lehrjahr oder 3. Lehrjahr ist? Das hängt davon ab, wie unzufrieden Sie in Ihrem jetzigen Betrieb sein. Manchmal ist es besser, noch eine Weile durchzuhalten und dem Ausbildungsbetrieb erst nach der bestandenen Abschlussprüfung den Rücken zu kehren. In anderen Fällen kommt das aber nicht infrage, weil der Ausbildungsbetrieb gravierende Pflichtverstöße begeht oder es aus anderen Gründen keine Option ist, weiterzumachen wie bisher.

Als Alternative dazu, die Ausbildung zu wechseln im 3. Lehrjahr, kann eine vorgezogene Abschlussprüfung Sinn machen. Wenn Sie gute Noten haben – im Schnitt besser als 2,49 – und auch der Betrieb mit Ihren Leistungen zufrieden ist, kommt das prinzipiell infrage. Ihr Ausbildungsbetrieb muss jedoch zustimmen, und Sie müssen die Zulassung zur vorzeitigen Abschlussprüfung rechtzeitig bei der zuständigen Kammer beantragen.

Statt noch im dritten Lehrjahr nach einem anderen Ausbildungsplatz zu suchen, können Sie auch versuchen, sich direkt auf eine reguläre Stelle zu bewerben. Sofern es sich beim neuen Arbeitgeber um einen Ausbildungsbetrieb handelt, ist man womöglich bereit, Sie dort noch die restliche Zeit auszubilden, bevor Sie als regulärer Mitarbeiter weitermachen. Wenn Sie eine solche Lösung anstreben, sollten Sie direkt bei möglichen Ausbildungsbetrieben anfragen, welche Möglichkeiten es gibt.

Wie geht man vor, wenn man seinen Ausbildungsplatz wechseln möchte?

Bevor Sie Ihren Ausbildungsbetrieb wechseln, sollten Sie sich Ihr Vorgehen gut überlegt haben. Es mag verlockend sein, Fakten zu schaffen, wenn Sie gerade akut unzufrieden mit dem Verlauf der Ausbildung sind. Halten Sie sich jedoch vor Augen, dass die Entscheidung über einen Ausbildungswechsel eine enorme Tragweite für Ihren weiteren beruflichen Werdegang haben kann. Sie sollten sie deshalb nicht leichtfertig treffen.

Finden Sie heraus, warum Sie unzufrieden sind

Der erste Schritt vor einem möglichen Wechsel der Ausbildungsstelle ist die Analyse der Situation. Gehen Sie den Gründen für Ihre Unzufriedenheit auf den Grund. Was Sie konkret stört, entscheidet darüber, ob ein Wechsel des Ausbildungsbetriebs eine gute Lösung sein kann oder nicht.

Angenommen, Sie haben an den Tätigkeiten in Ihrer Ausbildung einfach keinen Spaß. Liegt das daran, was Sie in Ihrem Ausbildungsbetrieb machen dürfen, oder kann es sein, dass es woanders genauso wäre? Anders gefragt: Liegt das Problem wirklich bei diesem Ausbildungsplatz oder betrifft es möglicherweise die gewählte Ausbildung insgesamt? Nehmen Sie sich Zeit, die Situation zu analysieren, und treffen Sie auf Basis Ihrer Erkenntnisse eine grundsätzliche Entscheidung.

Ein Gespräch mit dem Ausbilder kann sich lohnen

In manchen Fällen ist es hilfreich, mit dem Ausbilder zu sprechen, bevor Sie eine endgültige Entscheidung treffen. Nur, wenn Ihr Ausbilder weiß, dass Sie unzufrieden sind und worüber, kann er eine Veränderung bewirken. Nicht immer lässt sich jedoch überhaupt etwas verändern – ein schlechtes Betriebsklima zum Beispiel ist ein Problem, das sehr wahrscheinlich weiterhin bestehen wird.

Nach einer neuen Ausbildungsstelle suchen

Wenn Sie sicher sind, dass Sie Ihren jetzigen Ausbildungsbetrieb verlassen möchten, sollten Sie nicht sofort die Kündigung schreiben. Suchen Sie lieber zuerst einen neuen Ausbildungsplatz. Dabei haben Sie verschiedene Möglichkeiten:

  • Sie können die üblichen Portale nach Ausschreibungen für Ausbildungsplätze durchsuchen und sich dann darauf bewerben
  • Sie können direkt bei potenziellen Ausbildungsbetrieben nachfragen, Ihre Situation erklären und in Erfahrung bringen, ob man Sie dort weiter ausbilden würde

In Ihrer Bewerbung sollten Sie in aller Kürze und sachlich erklären, warum Sie Ihren Ausbildungsplatz wechseln möchten. Schlecht reden sollten Sie über Ihren jetzigen Ausbildungsbetrieb aber auf keinen Fall – das fällt negativ auf Sie zurück.

Nur, wenn Sie schon eine neue Ausbildungsstelle in Aussicht haben, bevor Sie Ihrem jetzigen Ausbildungsbetrieb den Rücken kehren, kann der Wechsel reibungslos und ohne Zeitverlust vonstatten gehen.

Den Ausbildungsvertrag kündigen: Welche Möglichkeiten gibt es?

Erst, wenn Sie eine neue Ausbildungsstelle gefunden und den neuen Ausbildungsvertrag unterzeichnet haben, ist der Zeitpunkt gekommen, Ihren alten Ausbildungsvertrag zu kündigen. Allerdings geht das gar nicht in jedem Fall ohne Weiteres.

Sofern Sie Ihre Ausbildung woanders fortführen möchten, kommt eine ordentliche Kündigung nicht in Betracht. Sie können aber gegebenenfalls fristlos aus wichtigem Grundkündigen – zum Beispiel, weil der Ausbildungsbetrieb Ihnen Ihr Gehalt nicht zahlt oder weil der Arbeitgeber gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Bei einer fristlosen Kündigung darf der Kündigungsgrund nicht länger als zwei Wochen bekannt sein.

Vor einer möglichen fristlosen Kündigung des Ausbildungsvertrags kann es sinnvoll sein, einen Fachanwalt zurate zu ziehen. So können Sie sich absichern, dass eine fristlose Kündigung tatsächlich möglich ist. Bedenken Sie, dass Sie Ihren Ausbildungsbetrieb in der Regel erst abmahnen müssen, bevor Sie bei weiteren Pflichtverstößen kündigen können.

Kommt eine (fristlose) Kündigung des Ausbildungsvertrags nicht in Betracht, können Sie alternativ den Ausbilder um einen Aufhebungsvertrag bitten. Darin einigen Sie sich darauf, die Ausbildung im Betrieb vorzeitig zu beenden. Bei einem Aufhebungsvertrag sind Sie flexibel, was den Austrittszeitpunkt aus der Firma betrifft.

Woran Sie noch denken sollten, wenn Sie Ihren Ausbildungsbetrieb wechseln möchten

Ein neuer Ausbildungsplatz ist gefunden, der alte Vertrag gekündigt oder ein Aufhebungsvertrag geschlossen – was fehlt jetzt noch? Es kann sein, dass Sie noch Ansprüche in Ihrer jetzigen Ausbildungsstelle haben. Womöglich haben Sie noch Urlaubstage übrig. Besprechen Sie mit dem Arbeitgeber, ob Sie den Urlaub noch nehmen können oder ob Sie die Firma entsprechend früher verlassen.

Auch Überstunden können noch vorhanden sein. Sie sollten rechtzeitig abgebaut oder ausbezahlt werden. Wenn Sie möchten, können Sie Ihren Ausbilder außerdem bitten, Ihnen ein Ausbildungszeugnis auszustellen. Ein gutes Zeugnis kann Ihnen möglicherweise noch nützlich sein. Wenn Sie den Ausbildungsbetrieb nicht im Guten verlassen, kann es besser sein, lieber nur nach einem einfachen Ausbildungszeugnis zu fragen. Darin ist keine Leistungsbeurteilung und keine Bewertung Ihres Sozialverhaltens enthalten.

Bildnachweis: Drazen Zigic / Shutterstock.com

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