Streik: Wann ist er möglich?

Als Mittel im Arbeitskampf kann ein Streik dabei helfen, Forderungen für bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Besonders im Rahmen von Tarifverhandlungen kommt es deshalb häufig zu Streiks. Doch wer darf streiken – und wann ist ein Streik überhaupt erlaubt? Müssen Arbeitnehmer Konsequenzen befürchten, wenn sie an einem Streik teilnehmen? Das erfahren Sie in diesem Artikel.

Mehrere Menschen bei einem Streik für bessere Arbeitsbedingungen

Streik: Was ist das?

In einem Arbeitsverhältnis ist die Sache eigentlich klar: Der Beschäftigte ist zur Arbeit verpflichtet, der Arbeitgeber muss ihn im Gegenzug dafür entlohnen. Die Arbeitspflicht ist damit die Hauptpflicht von Arbeitnehmern. Es gibt jedoch Situationen, in denen die Arbeitspflicht aufgehoben ist – zum Beispiel, wenn es zu einem Streik kommt. Doch was ist das überhaupt?

Ein Streik ist eine wichtige Maßnahme im Arbeitskampf. Wenn gestreikt wird, legen Arbeitnehmer gemeinschaftlich und planmäßig ihre Arbeit nieder, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Zu den sozialen und wirtschaftlichen Forderungen eines Streiks können etwa Lohnerhöhungen oder bessere Arbeitsbedingungen gehören. Typisch sind Streiks auch, wenn es um den Abschluss oder die Änderung eines Tarifvertrags geht oder ein Sozialplan aufgestellt werden soll.

In aller Regel sind Streiks gewerkschaftlich organisiert. So gibt es zum Beispiel regelmäßig Verdi-Streiks oder Streiks, die vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) angeführt werden. Durch die Arbeitsniederlegung steigt der Druck auf Arbeitgeber, den Forderungen der Gewerkschaft zu entsprechen. Je mehr Beschäftigte streiken – und damit nicht arbeiten –, desto gravierender sind die Konsequenzen für Arbeitgeber. Damit ist Streik ein essenzielles Mittel für Gewerkschaften und Beschäftigte, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Wie läuft ein Streik ab?

Ein (legitimer) Streik wird von einer Gewerkschaft ausgerufen. Dazu kommt es, wenn in einer sogenannten Urabstimmung mindestens 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für den Streik stimmen. Im nächsten Schritt muss der Streikbeschluss noch vom Hauptvorstand der Gewerkschaft genehmigt werden. Anschließend folgt ein Streikaufruf an Gewerkschaftsmitglieder und Beschäftigte, die schließlich zum geplanten Zeitpunkt ihre Arbeit niederlegen.

Ein Streik wird meistens auf unbestimmte Zeit geführt. Wie lange er andauert, hängt in erster Linie davon ab, ob der Arbeitgeber(verband) Zugeständnisse macht oder nicht. Dabei ist es für Arbeitgeber nicht wünschenswert, dass ein Streik lange dauert, weil damit erhebliche finanzielle Verluste einhergehen können – zum Beispiel, weil die Produktion zum Erliegen kommt oder der tägliche Betrieb nicht wie gewohnt aufrechterhalten werden kann.

Der Arbeitgeber kann mit einer Aussperrung auf Streik reagieren

Als Reaktion auf einen Streik kann ein davon betroffener Arbeitgeber zu seinem schärfsten Mittel greifen: der Aussperrung. Er kann die Annahme der Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter verweigern. Unter diesen Umständen erhalten die Streikenden ihr reguläres Gehalt vorübergehend nicht, sie haben auch keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub oder Arbeitslosengeld.

Stattdessen bekommen sie Streikunterstützung in Form des Streikgelds, welches die Gewerkschaft an ihre Mitarbeiter zahlt. Das macht den Streik auch für die Gewerkschaft teuer – besonders, wenn er lange dauert. Wer streikt, aber nicht Mitglied der Gewerkschaft ist, hat hingegen keinen Anspruch auf Streikgeld. Er hat jedoch die Möglichkeit, der Gewerkschaft beizutreten.

Ein Streik dauert meist so lange, bis das damit verbundene Ziel erreicht ist. Um einen Streik zu beenden, müssen wiederum 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder einen entsprechenden Beschluss treffen. Anschließend nehmen die Arbeitnehmer ihre Arbeit wieder auf.

Verschiedene Arten von Streik

Streik ist nicht gleich Streik, denn es gibt verschiedene Arten davon. Unterschieden werden unter anderem:

  • Warnstreiks, die als Vorgeschmack auf einen „echten“ Streik zu verstehen sind. Warnstreiks machen deutlich, dass die Beschäftigten zum Streik bereit sind, und sollen den Druck auf Arbeitgeber erhöhen, es gar nicht erst zu einem richtigen Streik kommen zu lassen.
  • Generalstreiks, an denen Beschäftigte aus verschiedenen Wirtschaftszweigen beteiligt sind. Generalstreiks haben das Potenzial dazu, das öffentliche Leben in einzelnen Regionen oder sogar dem ganzen Land weitgehend zum Erliegen zu bringen. In Deutschland ist ein Generalstreik nur erlaubt, wenn er zur Verteidigung des Grundgesetzes dient.
  • Vollstreiks oder Flächenstreiks, die ganze Wirtschaftszweige betreffen. Meist sind die Verhandlungen mit Arbeitgeberverbänden gescheitert, wenn es zu einem Vollstreik kommt.
  • Teilstreiks oder Schwerpunktstreiks, an denen nur bestimmte Arbeitnehmer ausgewählter Abteilungen eines Betriebs beteiligt sind. Meist handelt es sich dabei um Beschäftigte, die für den Betriebsablauf essenziell sind und die diesen durch ihre Arbeitsniederlegung besonders stören.
  • Bummelstreiks, bei denen die beteiligten Arbeitnehmer ihre Arbeit langsam und übermäßig genau ausführen. Dadurch dauert die Arbeit länger, die Produktivität sinkt. Um eine Arbeitsniederlegung handelt es sich jedoch offiziell nicht.
  • Sympathiestreiks, die zur Unterstützung von Beschäftigten in anderen Tarifbereichen dienen.

Wer darf streiken – und wer nicht?

Grundsätzlich dürfen alle Arbeitnehmer streiken. Das Grundrecht hierzu ist im Grundgesetz verankert. Artikel 9, Absatz III des Grundgesetzes legt Streik als Mittel im Arbeitskampf fest und verleiht ihm damit eine verfassungsrechtliche Legitimation. Streiken dürfen auch nicht nur Mitglieder der Gewerkschaft, die zu einem Streik aufruft, sondern auch andere Beschäftigte, deren Betrieb bestreikt wird. Auch Auszubildende dürfen sich an Streiks beteiligen, wenn es dabei auch um Regelungen geht, die sie betreffen.

Nicht streiken dürfen hingegen Beamte. Ein Streik im öffentlichen Dienst ist damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen – lediglich Beamte dürfen nicht teilnehmen, was aus ihrer Treuepflicht gegenüber dem Dienstherrn abgeleitet wird. Ein explizites Streikverbot für Beamte gibt es formell nicht, allerdings wird das Streikverbot als Grundsatz des Berufsbeamtentums betrachtet. So ist es in Deutschland bereits seit dem Jahr 1922 geregelt, als die Regierung Beamten der Reichsbahn das Recht auf Arbeitsniederlegung mit einer Notverordnung untersagte.

Wann ist ein Streik legitim?

Streik ist ein legitimes Mittel im Arbeitskampf – allerdings nur, wenn es sich um einen gewerkschaftlich organisierten Streik handelt. Es kann also nicht jeder Beschäftigte einfach nach Gutdünken entscheiden, dass er jetzt streikt. Rechtmäßig ist ein Streik in der Regel nur unter den folgenden Voraussetzungen:

  • Der Streik muss von einer Gewerkschaft angeführt werden. Andernfalls würde es sich um einen sogenannten „wilden Streik“ handeln, der rechtswidrig wäre. Es ist allerdings möglich, dass ein Streik als „wilder Streik“ begonnen, aber dann von einer Gewerkschaft weitergeführt wird. Dann gilt er von Anfang an als gewerkschaftlich initiiert und ist damit rechtmäßig.
  • Ein Streik muss sich gegen einen Tarifpartner richten, also in der Regel gegen einen Arbeitgeberverband. Er darf sich nicht gegen politische Organe richten, um auf diese Weise politische Entscheidungen zu beeinflussen.
  • Das Streikziel muss legitim sein. Wenn gestreikt wird, muss es darum gehen, die Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer auf eine bestimmte Art und Weise zu beeinflussen. Es darf sich nicht um einen Protest gegen Missstände handeln.
  • Ein Streik darf nicht gegen die tarifvertragliche Friedenspflicht verstoßen. Die Friedenspflicht schließt Streiks gegen einen Tarifpartner aus und besteht immer dann, wenn Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen schon tariflich geregelt sind. Die Friedenspflicht gilt nur während der Laufzeit eines Tarifvertrags.
  • Streiks müssen verhältnismäßig sein. Das bedeutet, dass ein Streik überhaupt ein probates und notwendiges Mittel sein muss, um die jeweiligen Ziele zu erreichen. Außerdem muss der Arbeitskampf fair geführt werden – es darf etwa nicht zu Gewalttaten oder der Androhung von Gewalt kommen.
  • Bevor es zu einem Streik kommt, müssen alle anderen Möglichkeiten, sich mit dem Tarifpartner zu einigen, ausgeschöpft worden sein. Streik ist deshalb als letztes Mittel zu verstehen. Warnstreiks bilden diesbezüglich allerdings eine Ausnahme: Kurze Streiks, die Tarifverhandlungen begleiten, sind zulässig.

Müssen Arbeitnehmer Konsequenzen befürchten, wenn sie streiken?

Viele Arbeitnehmer sind grundsätzlich interessiert daran, sich an einem Streik zu beteiligen. Viele Beschäftigte fürchten jedoch negative Konsequenzen für den Fall, dass sie die Arbeit niederlegen. Können sich aus der Teilnahme an einem Streik für die Streikenden Nachteile ergeben?

Während eines Streiks ruhen die gegenseitigen Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis vorübergehend. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer nicht verpflichtet sind, zur Arbeit zu erscheinen. Sie haben im Umkehrschluss allerdings auch keinen Anspruch auf ihre übliche Vergütung vom Arbeitgeber, bezahlte Urlaubstage oder Arbeitslosengeld.

Wenn Sie an einem rechtmäßigen Streik teilnehmen, müssen Sie nicht fürchten, dass Sie sich damit eine Kündigung oder eine Abmahnung einhandeln könnten. Das Grundrecht auf Streik ist schließlich durch das Grundgesetz gedeckt und Streikende dürfen für ihre Streikteilnahme nicht vom Arbeitgeber gemaßregelt werden. Lediglich Beamte haben ein solches Recht nicht und müssen deshalb tatsächlich Disziplinarmaßnahmen fürchten, wenn sie einem Streikaufruf folgen.

Ist ein Streik hingegen rechtswidrig, können auf eine Arbeitsniederlegung durchaus arbeitsrechtliche Konsequenzen folgen. Eine Streikteilnahme unter diesen Umständen stellt einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Arbeitsvertrags dar. Wenn das dem Beschäftigten klar war, er also ganz bewusst schuldhaft gehandelt hat, droht ihm im schlimmsten Fall sogar eine fristlose Kündigung.

Bildnachweis: Ververidis Vasilis / Shutterstock.com

Nach oben scrollen