Krankheitsbedingte Kündigung: Diese Voraussetzungen gelten

„Ich habe einen Krankenschein, also kann ich nicht gekündigt werden“ – das glauben viele Arbeitnehmer noch immer. Aber es stimmt nicht. Es ist für den Chef nämlich durchaus machbar, Mitarbeiter während einer Krankheit oder gerade wegen einer Erkrankung zu kündigen: Krankheitsbedingte Kündigung nennt sich das. Welche Voraussetzungen dabei vorliegen müssen und was es für Arbeitnehmer zu beachten gibt, erfahren Sie hier.

Eine Frau sitzt Zuhause und erhält eine krankheitsbedingte Kündigung

Krankheitsbedingte Kündigung: Was versteht man darunter?

Die krankheitsbedingte Kündigung zählt zu den ordentlichen Kündigungen, die der Arbeitgeber aussprechen kann. Mit den ordentlichen Kündigungen sind folgende Arten gemeint:

  1. Betriebsbedingte Kündigung
  2. Verhaltensbedingte Kündigung
  3. Personenbedingte Kündigung

Ordentliche Kündigungen geben dem Arbeitgeber die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag zu beenden. Natürlich müssen auch bei ordentlichen Kündigungen bestimmte Kündigungsgründe und die Kündigungsfrist beachtet werden.

Die krankheitsbedingte Kündigung stellt einen Unterpunkt der personenbedingten Kündigung dar. Denn bei dieser Kündigung ist der Grund beim Arbeitnehmer zu suchen. Anders als bei einer verhaltensbedingten Kündigung trifft ihn dabei jedoch in der Regel keine Schuld. Was aber nicht bedeutet, dass die Kündigung deshalb unwirksam wäre.

Der Arbeitgeber kann bei einer krankheitsbedingten Kündigung das Arbeitsverhältnis auflösen, wenn es auf absehbare Zeit zu weiteren Vertragsstörungen kommen wird. Heißt konkret: Wenn der Mitarbeiter lange krankheitsbedingt ausfällt, darf der Chef davon ausgehen, dass sich daran auch in Zukunft nicht viel ändern wird und darf daher kündigen.

Natürlich muss er sich dabei an ganz bestimmte, eng definierte Voraussetzungen halten. Denn eins kann man dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) in Deutschland nicht vorwerfen: Dass es die Arbeitnehmer nicht umfassend schützen würde.

Voraussetzungen bei einer Kündigung wegen Krankheit

Drei Voraussetzungen müssen vorliegen, damit eine krankheitsbedingte Kündigung gerechtfertigt ist. Wichtig für Arbeitnehmer: Bei einer Kündigungsschutzklage entscheiden Arbeitsgerichte noch einmal darüber, ob die Voraussetzungen für die krankheitsbedingte Kündigung wirklich ausreichend sind. Gut möglich, dass das Gericht dabei zu einem anderen Ergebnis kommt als der ehemalige Arbeitgeber.

Negative Gesundheitsprognose

Die Prognose des zukünftigen Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers ist der erste Schritt bei einer krankheitsbedingten Kündigung. Da dem Arbeitgeber meist keine Informationen darüber vorliegen, wie sich die Krankheit voraussichtlich entwickeln wird, bleibt ihm nur eine Prognose. Der Arbeitgeber beruft sich dabei auf den bisherigen Verlauf der Erkrankung oder die bisherigen Fehlzeiten und leitet daraus seine Einschätzung ab. Wichtig ist hier die Art der Erkrankung:

  1. Längerfristige Krankheit: Wenn der Mitarbeiter schon längere Zeit krank ist, wird man eher von einer negativen Gesundheitsprognose für die Zukunft ausgehen. Sicher ist das allerdings nicht. Wird die krankheitsbedingte Kündigung vor Gericht verhandelt, könnte das Gericht auch ganz anders entscheiden.
  2. Häufige, kürzere Erkrankungen: Fehlt der Mitarbeiter übers Jahr gesehen sehr häufig, immer wieder für kürzere Zeit, kann auch das zu einer krankheitsbedingten Kündigung führen. Der Arbeitgeber könnte nämlich argumentieren, dass damit zu rechnen ist, dass er (oder sie) auch in Zukunft häufig ausfallen wird.

Beeinträchtigung der Interessen

Juristen sprechen an dieser Stelle von einer „erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen“. Mit diesem Wortungetüm ist gemeint, dass der Betrieb nicht so weiterlaufen kann wie gewöhnlich, eben weil der Mitarbeiter krank ist.

Fehlt er zum Beispiel an einer ganz bestimmten Maschine in der Produktionshalle, wird die Produktion nicht wie gewohnt laufen können. Unter Umständen kann der Arbeitgeber bei einer Zeitarbeitsfirma einen Ersatzmitarbeiter anfordern.

Doch damit ist es nicht getan. Denn auch dieser Mitarbeiter muss zunächst an der Maschine angelernt und eingearbeitet werden. Das kostet einen anderen Mitarbeiter aber wertvolle Arbeitszeit, die dieser wiederum nicht für seine eigentliche Arbeit aufwenden kann. Ganz davon zu schweigen, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirma natürlich auch bezahlen muss.

Kurzum, der Arbeitgeber muss Zeit und Geld aufwenden, um den kranken Mitarbeiter zu ersetzen. Werden die Belastungen für den Chef zu hoch, kann das daher ein Grund für eine krankheitsbedingte Kündigung sein.

Dabei spielen unter anderem folgende Punkte eine Rolle:

  • Größe des Unternehmens
  • Strukturen beim Arbeitgeber
  • Tätigkeit des Arbeitnehmers (ist er leicht zu ersetzen?)
  • Voraussichtliche Dauer der Krankheit
  • Art der Erkrankung

Interessenabwägung und Verhältnismäßigkeit

Eine Interessenabwägung ist vor einer krankheitsbedingten Kündigung ebenfalls Pflicht. Dabei wägt man das Interesse des Arbeitgebers gegen das des Arbeitnehmers ab. Bedeutet: Der Arbeitgeber hat ein Interesse daran, den Arbeitsvertrag zu kündigen, weil der Arbeitnehmer nicht in vereinbarter Form arbeiten kann. Der Arbeitnehmer dagegen hat ein Interesse daran, dass der Arbeitsvertrag bestehen bleibt – schließlich sichert der Job in vielen Fällen die Existenz.

Bei der Interessenabwägung spielt auch eine Rolle, ob der Arbeitnehmer einen Arbeitsunfall hatte oder an einer Berufskrankheit leidet. Außerdem gehört in die Abwägung hinein, wie lange der Arbeitnehmer bereits beim Arbeitgeber beschäftigt ist.

Der Punkt Verhältnismäßigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung bedeutet, dass der Arbeitgeber vor einer Kündigung prüfen muss, ob es eine andere Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer gibt.

Fällt dieser zum Beispiel häufig aus, weil die Arbeitsbelastung an dem aktuellen Arbeitsplatz zu groß ist, könnte schon ein anderer Arbeitsplatz helfen. Unter Umständen tut es schon ein ergonomischer Schreibtisch oder eine vergleichbare, recht einfache Maßnahme. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vor einer (krankheitsbedingten) Kündigung zu überprüfen, ob es wirklich kein milderes Mittel – wie beispielsweise die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz – gibt.

Krankheitsbedingte Kündigung: Die Fallkonstellationen

Wenn krankheitsbedingte Kündigungen vor Gericht landen, werden häufig vier typische Fallgruppen unterschieden:

  1. Langzeiterkrankung: Davon spricht man, wenn der Arbeitnehmer voraussichtlich länger als 24 Monate krank sein wird. Die wirtschaftlichen Schäden für den Arbeitgeber sind recht gering, denn nach 6 Wochen springt die Krankenkasse mit der Lohnfortzahlung ein.
  2. Häufige kürzere Erkrankungen: Die Lohnfortzahlung durch die Krankenkasse greift nicht nur dann, wenn der Arbeitnehmer 6 Wochen am Stück krank ist. Auch mehrere kürzere Erkrankungen innerhalb eines Jahres führen dazu, dass die Krankenkasse einspringt. Trotzdem können diese kurzen Arbeitsausfälle eine krankheitsbedingte Kündigung rechtfertigen. Zum Beispiel dann, wenn der Arbeitgeber darlegt, dass bei dem Arbeitnehmer von einer negativen Gesundheitsprognose auszugehen ist.
  3. Krankheitsbedingte Minderleistung: Denkbar ist auch, dass der Arbeitnehmer nach seiner Erkrankung wieder an den Arbeitsplatz zurückkehrt, jedoch nicht mehr mit vollem Einsatz arbeiten kann. Von einer krankheitsbedingten Leistungsminderung geht man in der Regel dann aus, wenn die ursprüngliche Leistung um mindestens ein Drittel gemindert ist. Das könnte durchaus ein Grund für eine krankheitsbedingte Kündigung sein. Allerdings muss der Arbeitgeber vorab prüfen, ob der Mitarbeiter nicht an einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt werden könnte. Wir erinnern uns: Die Verhältnismäßigkeit muss beachtet werden.
  4. Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit: Wenn Mitarbeiter dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt sind, ist die Gefahr einer krankheitsbedingten Kündigung recht hoch. Denn wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass es auch keinen anderen geeigneten Arbeitsplatz im Unternehmen gibt, ist eine krankheitsbedingte Kündigung bei einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit sehr wahrscheinlich.

Krankheitsbedingte Kündigung: Tipps für Arbeitnehmer

Gegen eine krankheitsbedingte Kündigung können Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage einreichen. Dabei müssen Sie auf die Frist achten: Innerhalb von 3 Wochen, nachdem Sie die krankheitsbedingte Kündigung erhalten haben, muss die Klage beim Gericht eingereicht werden. Verpassen Sie diese Frist, wird die Kündigung automatisch wirksam. Dabei ist es gleichgültig, ob die Kündigung ursprünglich rechtmäßig war oder nicht.

Klagen vor dem Arbeitsgericht können teuer sein. Vor allem deshalb, weil in erster Instanz jede Seite ihre eigenen Kosten tragen muss – unabhängig vom Ausgang. Arbeitnehmer mit geringem Einkommen sollten sich daher über die Möglichkeit der Prozesskostenbeihilfe informieren. Unter Umständen können Sie so wenigstens einen Teil der Kosten finanzieren.

Vor einer Klage können Sie bei Gewerkschaften oder dem Betriebsrat Hilfe bekommen. Fragen Sie auch dort nach, wie Sie sich bei einer krankheitsbedingten Kündigung verhalten sollen.

FAQs: Häufige Fragen zum Thema krankheitsbedingte Kündigung

Arbeitnehmer stellen sich häufig ähnliche Fragen, wenn es um das Thema krankheitsbedingte Kündigung geht. Wir haben die wichtigsten Fragen gesammelt und geben eine Antwort darauf:

Wann ist eine krankheitsbedingte Kündigung unwirksam?

Vereinfacht gesagt ist eine krankheitsbedingte Kündigung dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber nicht alle Vorschriften und Voraussetzungen beachtet hat. Das können ganz unterschiedliche Dinge sein. Wenn es bei dem Arbeitgeber einen Betriebsrat gibt, muss dieser beispielsweise vor der krankheitsbedingten Kündigung zustimmen.

Eine weitere Voraussetzung für eine wirksame krankheitsbedingte Kündigung ist das vorherige betriebliche Eingliederungsmanagement. Daneben müssen auch die individuellen Voraussetzungen für besonders schutzwürdige Arbeitnehmer wie Schwangere und Auszubildende beachtet werden.

Daher gilt beim Thema krankheitsbedingte Kündigung – wie übrigens bei allen anderen juristischen Themen auch –, dass Sie sich bei konkreten Fragen am besten an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden. Der kann Ihnen verbindlich weiterhelfen und sie rechtlich beraten. Das können und dürfen wir nicht.

Ist eine Kündigung wegen Krankheit in der Probezeit möglich?

Die vielleicht unerfreuliche Nachricht für Arbeitnehmer: Ja, in der Probezeit ist eine krankheitsbedingte Kündigung möglich. Grund dafür ist der fehlende Kündigungsschutz. Denn der greift erst nach 6 Monaten. In der Probezeit können daher Arbeitgeber und Arbeitnehmer ohne Angabe von Gründen kündigen, solange beide die Kündigungsfrist beachten.

Gibt es eine Abfindung bei einer krankheitsbedingten Kündigung?

Ob es zu einer Abfindungszahlung kommt, hängt vom Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers ab – vorausgesetzt eine Abfindung ist nicht bereits im Arbeits- oder Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart.

In allen anderen Fällen ist der Arbeitgeber nicht gezwungen, eine Abfindung zu zahlen. Bei einer Kündigungsschutzklage kann der Arbeitnehmer jedoch versuchen, eine Abfindung auszuhandeln.

Bekomme ich Arbeitslosengeld nach einer krankheitsbedingten Kündigung?

Wenn Sie als Arbeitnehmer eine krankheitsbedingte Kündigung erhalten, hat das in der Regel keine Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld. Das bedeutet, sie bekommen ohne Sperrzeit ALG I.

Die Situation kann dagegen eine andere sein, wenn Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. In diesem Fall könnte das Arbeitsamt argumentieren, dass Sie bei der Kündigung mitgewirkt haben, was häufig eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld bedeutet.

Ist eine Kündigung wegen Krankheit bei Schwerbehinderten möglich?

Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung krankheitsbedingt gekündigt werden. Der Arbeitgeber muss jedoch beachten, dass diese Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz genießen.

Das bedeutet, dass vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers das zuständige Integrationsamt in den Prozess involviert werden muss. Stimmt das Amt der Kündigung zu, können auch Personen mit einer Schwerbehinderung eine Kündigung wegen Krankheit bekommen.

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