Bereitschaftsdienst: Diese Regelungen gelten für Arbeitnehmer
Wenn sich Arbeitnehmer am Arbeitsplatz für einen Notfall bereithalten, nennt man das Bereitschaftsdienst. Ein klassisches Beispiel sind Ärzte oder Feuerwehrleute, die auf einen Einsatz warten, in dieser Zeit aber nicht arbeiten. Gilt Bereitschaftsdienst daher als Arbeitszeit? Was bedeutet das für die Bezahlung und wo ist der Unterschied zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft? Hier gibt es die Antworten.
Definition Bereitschaftsdienst: Was versteht man darunter?
Die Begriffe Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft und Arbeit auf Abruf werden häufig in einem Atemzug genannt. Dabei gibt es einige Unterschiede zwischen diesen Formen der Arbeitszeit. Eins haben sie jedoch gemeinsam: Der Mitarbeiter ist auch außerhalb der üblichen Arbeitszeit für seinen Arbeitgeber, Kunden, Patienten oder hilfsbedürftige Personen erreichbar.
Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Formen des Diensts auf Abruf sehen wie folgt aus:
Rufbereitschaft
Rufbereitschaft ist die etwas abgemilderte Form, wenn sich Arbeitnehmer für ihren Arbeitgeber bereithalten müssen. In der Rufbereitschaft muss der Arbeitnehmer für einen gewissen Zeitraum für seinen Arbeitgeber oder Kunden/Patienten erreichbar sein. Allerdings kann er sich aussuchen, wo er erreichbar ist.
Bedeutet konkret: Der Beschäftigte kann auch zuhause in den eigenen vier Wänden seine Rufbereitschaft ausüben. Solange er innerhalb einer angemessenen Zeit am Einsatzort ist, hat er die Vorgaben eingehalten.
Das bedeutet auch, dass er im Großen und Ganzen machen darf, was er möchte, während er auf den Anruf wartet. Natürlich solange er damit seine Einsatzfähigkeit nicht gefährdet. Alkohol- oder gar Drogenkonsum während der Rufbereitschaft sind verboten. Lesen, fernsehen oder schlafen sind dagegen erlaubt. Solange der Mitarbeiter nicht zu tief einschläft und das Telefon nicht hört.
Der Mitarbeiter in Rufbereitschaft hat also mehr Freiräume als ein Mitarbeiter, der seine Arbeitszeit vor Ort bei seinem Arbeitgeber ableistet. Trotzdem gilt auch die Rufbereitschaft als Arbeitszeit und nicht als Freizeit. Daher darf der Arbeitgeber einige Dinge vorgeben, wenn sich sein Mitarbeiter in Rufbereitschaft hält.
Dazu gehört die Zeit, die er benötigt, um am Arbeitsplatz zu erscheinen. Gerade dazu gibt es mittlerweile eine ganze Reihe an Gerichtsurteilen. Dabei wird deutlich, dass die Rufbereitschaft immer wieder ein Grund für Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist.
Für welche Berufsgruppen gilt Rufbereitschaft?
Hausmeister oder IT-Fachkräfte können sich zum Beispiel in Rufbereitschaft halten. Ersterer, wenn im Winter die Heizung im Gebäude ausfällt, letzterer wenn es ein Problem mit dem Netzwerk oder gar einen Hackerangriff gegen das Unternehmen gibt. Kleinere IT-Probleme können unter Umständen sogar direkt von zuhause behoben werden. Damit könnte der Mitarbeiter in Rufbereitschaft auch aus dem Homeoffice arbeiten.
Wie wird Rufbereitschaft bezahlt?
Rufbereitschaft wird meist mit einer Pauschale vergütet. Und die wird in jedem Fall fällig. Der Arbeitnehmer wird also immer für die Rufbereitschaft bezahlt, ob er nun angerufen wird oder nicht.
Wird er angerufen und muss sich auf den Weg zu seinem Arbeitgeber machen, gilt das als Arbeitszeit. Diese Arbeitszeit wird noch einmal zusätzlich berechnet und kommt auf die Pauschale oben drauf. Besonders nachts und am Wochenende kann sich Rufbereitschaft damit so richtig auszahlen. Denn die Zuschläge für diese Arbeitszeiten müssen natürlich auch in der Rufbereitschaft gezahlt werden.
Bereitschaftsdienst
Beim Bereitschaftsdienst gehen die Befugnisse des Arbeitgebers etwas weiter. Dabei darf der Arbeitgeber nicht nur festlegen, dass und in welchem Zeitraum der Mitarbeiter erreichbar sein muss. Er kann auch bestimmen, wo er sich während des Bereitschaftsdiensts aufhalten muss. In der Regel wird das nur unweit von seinem Arbeitsplatz sein. Denn Bereitschaftsdienst bedeutet, dass der Mitarbeiter innerhalb sehr kurzer Zeit zur Tat schreiten muss. Klassisches Beispiel für Bereitschaftsdienst sind die 24-Stunden-Schichten von Ärzten in Krankenhäusern.
Der Aufenthaltsort des Arbeitnehmers ist der große Unterschied zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft und wirkt sich auch auf die Bezahlung aus. Wenn der Mitarbeiter vor Ort sein muss und damit nicht frei darüber entscheiden kann, wo er seine Zeit verbringt, spricht man in der Regel von Bereitschaftsdienst. Und Bereitschaftsdienst gilt meist als Arbeitszeit, die entsprechend bezahlt werden muss.
Wie wird Bereitschaftsdienst bezahlt?
Wenn Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit gilt, stellt sich natürlich die Frage, wie hoch die Bezahlung für den Bereitschaftsdienst ist. Denn der reguläre Stundenlohn wird nur von den wenigsten Arbeitgebern für den Bereitschaftsdienst bezahlt. Das wäre auch zu schön für die Beschäftigten. Denn im Idealfall würden sie ihren regulären Lohn bekommen, während sie im Warteraum im Betrieb warten oder sogar ein Schläfchen halten. Niemand weiß schließlich vorher, ob und wann sie überhaupt während des Bereitschaftsdiensts zum Einsatz kommen.
Bei der Bezahlung setzen die meisten Arbeitgeber daher einen sogenannten Heranziehungsanteil an. Das funktioniert folgendermaßen: Der Arbeitnehmer arbeitet im Schnitt 40 Prozent der Zeit während des Bereitschaftsdiensts. Anhand dieser Zahl wird nun der Stundenlohn festgesetzt: Der liegt dann nämlich bei 40 Prozent des regulären Stundenlohns.
Zu beachten ist außerdem, dass auch für den Bereitschaftsdienst der Mindestlohn gilt. Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Mindestlohn für den Bereitschaftsdienst bedeutet nämlich nicht, dass jede Stunde im Bereitschaftsdienst mit dem aktuell gültigen Mindestlohn vergütet werden muss. Es bedeutet nur, dass der gesamte Lohn aus normalem Stundenlohn und Bezahlung für den Bereitschaftsdienst nicht unter dem Mindestlohn liegen darf.
Für welche Berufsgruppen gilt Bereitschaftsdienst?
Bei Bereitschaftsdienst denkt man wohl in erster Linie an medizinische Berufe oder generell Berufe im Gesundheitssektor. Daneben ist aber auch in weiteren Branchen und Berufen Bereitschaftsdienst nicht unüblich:
- Katastrophenschutz
- Feuerwehr
- Polizei
- Richter und Staatsanwälte
- Sicherheitsdienst
- Energiesektor
- Wetterdienst
Bereitschaftsdienst und Arbeitszeitgesetz: Was gibt es zu beachten?
Wie bereits angesprochen, gilt Bereitschaftsdienstseit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2000 als reguläre Arbeitszeit.
Das hat aber nicht nur Auswirkungen auf die Bezahlung, sondern auch auf die Arbeitszeit an sich. Denn damit müssen auch im Bereitschaftsdienst die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) eingehalten werden:
- Höchstarbeitszeit: Der Bereitschaftsdienst zählt bei der Berechnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit mit dazu. Allerdings können Ausnahmen in einem Tarifvertrag vereinbart werden – jedoch nur für einen bestimmten Zeitraum. Innerhalb eines Jahres muss die tägliche Arbeitszeit im Schnitt bei acht Stunden liegen.
- Pausenzeiten: Die Pausenzeiten gelten auch im Bereitschaftsdienst wie während einer normalen Beschäftigung. Nach sechs Stunden Bereitschaftsdienst ist damit eine 30-minütige Pause Vorschrift. Nach neun Stunden sogar 45 Minuten. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer während des Bereitschaftsdiensts gar nicht zum Einsatz gekommen ist. Und noch etwas ist zum Thema Pause zu beachten: Da der Bereitschaftsdienst wie normale Arbeitszeit gewertet wird, muss die Ruhezeit von elf Stunden zwischen Arbeitsende und erneutem Arbeitseinsatz eingehalten werden.
Der Gesetzgeber lässt jedoch die Möglichkeit zu, Ausnahmen in einem Tarifvertrag zu vereinbaren, die als sogenannte Opt-out-Option bezeichnet werden. Gerade in Branchen, in denen Bereitschaftsdienste an der Tagesordnung sind, ist das auch nötig, um den Betrieb aufrecht zu halten.
Sollten Sie beispielsweise im Gesundheitswesen arbeiten und nicht sicher sein, ob die Regelungen, die in ihrem Arbeitsvertrag stehen, mit dem Gesetz konform sind, sollten Sie mit dem Betriebsrat Rücksprache halten. In der Regel wissen Betriebsräte, was sich Arbeitnehmer gefallen lassen müssen und was nicht. Für eine konkrete Rechtsberatung ist dagegen ein Fachanwalt für Arbeitsrecht der richtige Ansprechpartner.
FAQs: Häufige Fragen zum Thema Bereitschaftsdienst
Neben den bereits erläuterten Sachverhalten, stellen sich Arbeitnehmer häufig ähnliche Fragen, wenn es um das Thema Bereitschaftsdienst geht. Aus diesem Grund haben wir diese Fragen gesammelt und geben Ihnen eine kurze Antwort darauf.
Kann der Arbeitgeber Bereitschaftsdienst einführen oder anordnen?
Bereitschaftsdienst – und übrigens auch Rufbereitschaft – muss im Arbeitsvertrag geregelt sein. Zumindest muss sich im Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung finden, dass der Arbeitgeber damit plant, Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft für seine Beschäftigten einzuführen. Gibt es diese Regelung nicht, wird es sehr schwer, Bereitschaftsdienst nachträglich einzuführen.
Denkbar wäre allenfalls die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausspricht und im neuen Arbeitsvertrag Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft gleich mit angibt.
Sind Rufbereitschaft und/oder Bereitschaftsdienst im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag geregelt, darf der Arbeitgeber diese anordnen. Möglich macht ihm das sein sogenanntes Weisungs- oder Direktionsrecht.
Wie viel Bereitschaftsdienst ist erlaubt?
Im Hinblick auf den einzelnen Bereitschaftsdienst gelten die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes, die wir weiter oben bereits erläutert haben.
Bis zu welchem Alter müssen Beschäftigte Bereitschaftsdienst machen?
Eine Altersgrenze für Bereitschaftsdienst ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Unter Umständen gibt es jedoch eine entsprechende Regelung aus der Betriebsvereinbarung oder dem Tarifvertrag.
Davon abgesehen haben Beschäftigte die Möglichkeit, zum Betriebsarzt oder einem anderen Mediziner zu gehen. Wenn der zu dem Ergebnis kommt, dass der Bereitschaftsdienst schädlich für die Gesundheit des Beschäftigten ist, muss der Arbeitgeber handeln.
Muss der Betriebsrat dem Bereitschaftsdienst zustimmen?
Sofern es einen Betriebsrat im Unternehmen gibt, hat dieser umfassende Befugnisse. Die gelten auch für den Bereitschaftsdienst. Möchte der Arbeitgeber Bereitschaftsdienst im Unternehmen einführen, muss daher der Betriebsrat angehört werden und zustimmen.
Der Betriebsrat darf entscheiden, zu welchen Uhrzeiten Bereitschaftsdienst geleistet wird und welche Mitarbeiter keinen Bereitschaftsdienst leisten müssen.
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