Arbeitnehmerhaftung: Wofür haften Mitarbeiter?

Auch sorgfältigen Menschen ist auf der Arbeit schnell ein Missgeschick passiert. Wer aus Versehen das Diensthandy fallen lässt oder einen Unfall mit dem Dienstwagen baut, verursacht für seinen Arbeitgeber einen Schaden. Dann stellt sich schnell die Frage nach der Haftung: Wer muss für den Schaden aufkommen? Ist man als Arbeitnehmer immer schadensersatzpflichtig – oder übernimmt der Arbeitgeber einen Teil der Kosten? Hier erfahren Sie, was es rund um das Thema Arbeitnehmerhaftung zu wissen gibt.

Was ist die Arbeitnehmerhaftung?

Wie sich ein Arbeitnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis verhält, kann Folgen für den Arbeitgeber haben. In manchen Fällen kann dieser durch eine Handlung des Arbeitnehmers Schaden davontragen – etwa, wenn ein Mitarbeiter eine Maschine in einem Moment der Unaufmerksamkeit durch falschen Gebrauch beschädigt oder Kaffee auf dem Kopierer verschüttet. Prinzipiell gilt auch in Arbeitsverhältnissen das Zivilrecht, nach dem Arbeitnehmer ebenso wie Arbeitgeber für von ihnen verursachte Schäden haften. Nach § 280 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) muss der Schuldner – also der Schadensverursacher – Schadensersatz leisten, wenn er eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt hat.

Allerdings ist die Haftung von Arbeitnehmern beschränkt. In einer längerfristigen Zusammenarbeit, so die Devise, passieren auch bei großer Sorgfalt dann und wann Fehler. Durch eine nur leicht fahrlässige Handlung könnte ein größerer Schaden entstehen, den der Arbeitnehmer ansonsten ersetzen müsste. Damit verursachte Schäden den Arbeitnehmer finanziell nicht zu stark belasten oder gar in den Ruin treiben, gibt es in Arbeitsverhältnissen eine sogenannte Haftungserleichterung. Dahinter steckt auch der Gedanke, dass der Arbeitnehmer überhaupt erst auf die Weisungen seines Vorgesetzten hin tätig wird – und ansonsten auch keinen Schaden verursachen könnte.

Wofür haften Arbeitnehmer – und in welcher Höhe?

Prinzipiell gilt die Haftung für Arbeitnehmer für alles, was einen durch sie verursachten Schaden im Eigentum des Arbeitgebers betrifft. So gilt die Arbeitnehmerhaftung gegenüber dem Arbeitgeber etwa für Schlüsselverlust oder wenn beim Arbeiten eine Maschine beschädigt wurde. Die Arbeitnehmerhaftung greift auch bei Schäden am Dienstwagen oder bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsregeln bei Berufskraftfahrern oder anderen beruflichen Fahrten.

In der Praxis kommt es auf die Art und Weise an, in der ein Schaden verursacht wurde. Unterschieden wird zwischen drei Verschuldensgraden: leichter Fahrlässigkeit, mittlerer oder „normaler“ Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz.

Durch die Haftungsbegrenzung können Arbeitnehmer jedoch in vielen Fällen nicht voll für ihre Tat haftbar gemacht werden – und manchmal gar nicht. Handelt der Mitarbeiter nur leicht fahrlässig, haftet er nicht für den entstandenen Schaden. Das ist der Fall, wenn es sich lediglich um eine geringfügige Pflichtwidrigkeit handelt, die auch anderen passieren könnte. Beispielsweise könnte dem Arbeitnehmer versehentlich etwas heruntergefallen und kaputtgegangen sein.

Mitarbeiterhaftung: volle Haftung bei grober Fahrlässigkeit

Anders sieht es aus, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. In diesem Fall haftet er selbst voll für den Schaden. Damit die volle Arbeitnehmerhaftung vor Gericht Bestand hat, muss die Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers eindeutig sein. Das wäre nur der Fall, wenn diesem klar gewesen sein musste, dass seine Handlungen einen Schaden zur Folge haben können. Ein Beispiel für grobe Fahrlässigkeit wäre, wenn ein Mitarbeiter im Einzelhandel abends das Geld aus der Kasse nicht in den Tresor bringt, sondern offen herumliegen lässt. Auch Unfälle, die unter Alkoholeinfluss passieren, können als grob fahrlässig eingestuft werden. Vorsatz setzt voraus, dass eine Handlung absichtlich begangen wurde oder zumindest im Wissen darüber, was passieren kann.

Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haftet der Arbeitnehmer allein. Das kann schnell teuer werden. Eine allgemeingültige Haftungsobergrenze gibt es nicht, allerdings kann ein Gericht bei sehr hohen Kosten eine Haftungsbegrenzung des Arbeitnehmers festlegen. Oft wird der maximale Schadensersatz am monatlichen Bruttogehalt des Verursachers festgemacht. So kann für „normale“ Fahrlässigkeit etwa eine Höchstgrenze von einem Bruttomonatsgehalt festgelegt werden. Für grobe Fahrlässigkeit werden häufig drei Bruttomonatsgehälter als Maßstab herangezogen. Der Arbeitnehmer kann jedoch auch mehr zahlen müssen als drei Bruttomonatsgehälter.

Innerbetrieblicher Schadensausgleich bei fahrlässigen Handlungen des Arbeitnehmers

In anderen Fällen sorgt der Mitarbeiter fahrlässig für einen Schaden – zum Beispiel, weil er vergessen hat, die Handbremse eines Wagens anzuziehen. Leichte Fahrlässigkeit ist dann nicht gegeben, jedoch auch keine grobe Fahrlässigkeit. In solchen Fällen kommt der innerbetriebliche Schadensausgleich zum Tragen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich die Haftung für den Schaden. Das kommt nur in Betracht, wenn eine betrieblich veranlasste Tätigkeit zum Schaden geführt hat. Das wäre der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers gehandelt hat oder er explizite Anweisungen hatte, die Tätigkeit auszuüben, bei der der Schaden entstanden ist.

Beim innerbetrieblichen Schadensausgleich haften Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zwingend in selber Höhe, auch wenn das in der Praxis häufig der Fall ist. Vielmehr wird eine individuelle Haftungsquote festgelegt, die von den Umständen im Einzelfall abhängt. Wie stark sich der Arbeitnehmer an der Haftung beteiligen muss, hängt insbesondere davon ab, wie hoch der Schaden ist und wie gut sich der Arbeitgeber gegen einen solchen Schaden absichern konnte. Hat der Arbeitgeber etwa keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen, obwohl dies möglich gewesen wäre, haftet der Schadensverursacher nur in Höhe der Selbstbeteiligung, die bei einer Vollkaskoversicherung angefallen wäre.

Ebenfalls eine Rolle spielt, wie leicht bei einer entsprechenden Tätigkeit Schäden entstehen können. Ist die Gefahr eines Schadens sehr hoch, verringert sich der Anteil des Arbeitnehmers. Auch die Rolle des Schadensverursachers im Betrieb und seine persönlichen Verhältnisse werden in der Regel herangezogen, um eine Haftungsquote festzulegen.

Arbeitnehmerhaftung gegenüber Dritten: Das gilt

In manchen Fällen betrifft der entstandene Schaden nicht den Arbeitgeber, sondern dritte Personen – zum Beispiel Kunden, Lieferanten oder Fremde. Dann kommt es darauf an, welche Umstände zum Schaden geführt haben. Wiederrum gilt: War die Tätigkeit betrieblich veranlasst, kann der Arbeitnehmer seine Haftung unter Umständen teilweise an den Arbeitgeber abtreten. Das begründet der sogenannte Freistellungsanspruch, den Mitarbeiter in solchen Fällen haben können.

Der Grad der Fahrlässigkeit, der den Schaden bedingt hat, legt in der Regel fest, zu welchen Teilen der Arbeitgeber für den Schaden aufkommen muss. Bei leichter Fahrlässigkeit kann der Arbeitgeber ganz dafür aufkommen müssen, bei Fahrlässigkeit teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Schadenshöhe nach einer individuell festzulegenden Quote. Ist der Schaden nicht im Rahmen einer betrieblich veranlassten Tätigkeit oder durch grobe Fahrlässigkeit entstanden, haftet der Arbeitnehmer in voller Höhe dafür.

Mitarbeiterhaftung: Was ist, wenn ein Kollege verletzt wird?

Ein Schaden, der bei der Arbeit entsteht, ist nicht zwingend materieller Natur. Nicht nur Wertgegenstände oder Inventar können beschädigt werden. Es ist auch denkbar, dass sich ein anderer Mitarbeiter durch die Handlung eines Kollegen verletzt. Dann handelt es sich in aller Regel um einen Arbeitsunfall. Für die mit Arbeitsunfällen verbundenen Kosten – etwa für Behandlungen oder nötige Umbauten am Arbeitsplatz oder zuhause – kommt die gesetzliche Unfallversicherung des Arbeitgebers auf. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherungen sind die Berufsgenossenschaften. Nach § 105 des Sozialgesetzbuchs VII (SGB VII) wird zudem eine Arbeitnehmerhaftung zwischen Arbeitskollegen ausgeschlossen.

Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn ein Mitarbeiter einen anderen absichtlich verletzt hat. Dann haftet der Arbeitnehmer nicht nur für den Schaden, er muss gegebenenfalls auch Schmerzensgeld zahlen.

Schadensfälle vor Gericht: Beweislastumkehr entlastet Arbeitnehmer

Normalerweise gilt im Schadensfall: Wer einen Schaden verursacht hat, muss diesen üblicherweise auch vertreten. So geht es aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB hervor. Eigentlich wäre es die Aufgabe des Schadensverursachers, zu beweisen, warum er einen Schaden nicht zu vertreten hat. Im Arbeitsrecht gilt jedoch nach § 619a BGB eine Beweislastumkehr. Ein Arbeitnehmer haftet nur in Fällen, in denen er eine Pflichtverletzung vertreten muss. Dass das der Fall war, muss der Arbeitgeber nachweisen. Durch die Beweislastumkehr werden Arbeitnehmer entlastet.

Wie ist es bei der Arbeitnehmerhaftung mit der Verjährung?

Kann der Arbeitgeber einen Mitarbeiter auch noch lange Zeit nach einem entstandenen Schaden dafür heranziehen – womöglich selbst dann, wenn das Arbeitsverhältnis schon nicht mehr besteht? Grundsätzlich gilt nach § 195 BGB bei arbeitsrechtlichen Ansprüchen eine allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren.

Bei Schadensersatzansprüchen kann das jedoch anders sein. Die absolute Verjährungsfrist beträgt im Arbeitsrecht 30 Jahre. Dazu zählen insbesondere Schadensersatzansprüche, bei denen es um Verletzungen von Leben, Körper, Gesundheit oder Freiheit geht. Auf die Umstände, die dazu geführt haben, kommt es dabei nicht an. Bei Schadensersatzansprüchen, die nichts mit den genannten Verletzungen zu tun haben, gilt eine absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren. Schadensersatz für Schäden an Geräten oder Eigentum fällt entsprechend in diese Kategorie. Somit wäre es denkbar, dass ein Arbeitgeber auch noch nach längerer Zeit Schadensersatz fordert. Allerdings gilt wiederum: Er muss beweisen, dass der Schaden durch eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers entstanden ist. Das kann nach langer Zeit schwierig sein.

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