Fünftelregelung: Wie Sie Abfindungen optimal versteuern
Wer als Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, muss diese voll versteuern. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Abfindung geht durch die Steuerschuld verloren – das dämpft die Freude über die Entschädigungszahlung bei vielen Betroffenen. Als ermäßigte Besteuerung kann die Fünftelregelung die steuerlichen Abzüge verringern. Wir verraten Ihnen, unter welchen Voraussetzungen Sie die Fünftelregelung bei einer Abfindung nutzen können, wie das geht und wann es sinnvoll ist, sich die Abfindung erst später vom ehemaligen Arbeitgeber auszahlen zu lassen.
Was ist die Fünftelregelung und wozu ist sie gedacht?
Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, zahlen Arbeitgeber den ehemaligen Mitarbeitern in manchen Fällen eine Abfindung. Die Sonderzahlung kann etwa im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder eines Vergleichs vereinbart werden. Auch bei betriebsbedingten Kündigungen und außerordentlichen Kündigungen durch den Arbeitnehmer haben Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf den Erhalt einer Abfindung. Für die scheidenden Mitarbeiter wird der Übergang durch die Entschädigungszahlung erleichtert, der Verlust des Arbeitsplatzes und der Wegfall des Gehalts werden ein Stück weit ausgeglichen.
Sozialversicherungsbeiträge fallen auf die Sonderzahlung im Normalfall nicht an. Eine Ausnahme besteht, wenn Sie freiwillig krankenversichert sind. Wer eine Abfindung vom Arbeitgeber erhält, muss diese nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG) jedoch voll versteuern. Somit ergeben sich zum Teil hohe Abzüge von der vereinbarten Brutto-Summe. Problematisch ist für Betroffene insbesondere, dass sich durch die hohen Einkünfte ein höherer Steuersatz ergeben kann. Die Steuerprogression sorgt dafür, dass steigende Einnahmen höher besteuert werden. Genau das soll die Fünftelregelung verhindern.
Wie wird die Steuerschuld bei der Fünftelregelung nach dem EStG berechnet?
Bei der Fünftelregelung handelt es sich um ein Verfahren im Steuerrecht. Es ist in Paragraf 34 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) geregelt. Die Fünftelregelung bewirkt in den meisten Fällen, dass die Steuerlast bei außerordentlichen Einkünften gesenkt wird. Dafür sorgt ein spezielles Berechnungsverfahren der Steuerlast.
Um die Steuerschuld nach Erhalt einer Abfindung oder von anderen außerordentlichen Einkünften zu ermitteln, wird der Abfindungsbetrag durch fünf geteilt. Das Ergebnis wird zum regulären Einkommen addiert. Der Sachbearbeiter beim Finanzamt vergleicht dann die Lohnsteuer, die sich aus dem gesamten Einkommen (inklusive Abfindung) ergibt, mit der Lohnsteuer, die ohne die Abfindung fällig wäre.
Die Differenz zwischen der Steuerlast bei einem Einkommen mit und ohne Abfindung ist die steuerliche Mehrbelastung, die sich ergeben hätte, wenn der Arbeitnehmer nur ein Fünftel der Abfindung erhalten hätte. Die Mehrbelastung wird deshalb mit dem Faktor fünf multipliziert und ergibt dann die Lohnsteuer, die auf die Abfindung anfällt.
Durch diese Rechnung bleibt Ihnen von Ihrer Abfindung in aller Regel mehr übrig, die steuerlichen Abzüge verringern sich. Die Fünftelregelung nützt insbesondere Arbeitnehmern, die ein vergleichsweise geringes Einkommen haben, das zu einem niedrigen Steuersatz führt. Ohne Fünftelregelung ergäbe sich für sie ein deutlich höherer Steuersatz. Bei Arbeitnehmern mit hohem Einkommen ist der Unterschied häufig geringer.
Fünftelregelung: Beispiel für die ermäßigte Besteuerung von Abfindungen
Zur Verdeutlichung des Effekts, den die Fünftelregelung auf die Versteuerung von Abfindungszahlung hat, stellen wir uns das folgende Beispiel vor. Jens verdient monatlich 4.000 Euro brutto. Auf sein Jahreseinkommen von 48.000 Euro fallen im Jahr 2020 8.077 Euro Lohnsteuer an. Er erhält von seinem Arbeitgeber im Rahmen einer Kündigung eine Abfindung in Höhe von 50.000 Euro. Zur Ermittlung der Lohnsteuer wird die Fünftelregelung angewandt und die Abfindungssumme durch fünf geteilt. Anschließend wird sie zu Jens‘ regulärem Jahreseinkommen addiert. Sein gesamtes zu versteuerndes Einkommen beläuft sich dann auf 48.000 + 10.000 Euro = 58.000 Euro. Der hierauf anfallende Lohnsteuerbetrag sind 11.142 Euro.
Nun wird die Differenz zwischen den beiden Lohnsteuerbeträgen ausgerechnet: 11.142 – 8.077 Euro = 3065 Euro. Multipliziert mit dem Faktor 5 ergibt sich die Lohnsteuer, die für die Abfindung zu zahlen ist: 3065 x 5 = 15.325 Euro.
Zum Vergleich: Wäre die Fünftelregelung nicht angewendet worden, hätte sich Jens‘ steuerpflichtiges Einkommen auf 48.000 + 50.000 = 98.000 Euro brutto belaufen. Das hätte einen Lohnsteuerbetrag von 26.970 Euro ergeben. Mit der Fünftelregelung ergibt sich eine Steuerlast von 8.077 + 15.325 = 23.402 Euro. Die Fünftelregelung ist also für ihn günstiger; sie führt zu einem Steuervorteil von 3.568 Euro.
Fünftelregelung: Wann ist sie anwendbar?
Rechtlich handelt es sich bei einer Abfindungszahlung um außerordentliche Einkünfte. Darunter fallen verschiedene Einkünfte, die meist über einen längeren Zeitraum erwirtschaftet wurden, jedoch zu einem bestimmten Zeitpunkt gesammelt ausgezahlt werden. Außerordentliche Einkünfte sind tarifbegünstigt; Betroffene können dafür eine Steuerermäßigung nutzen. Die meisten Arbeitnehmer, die eine Abfindung erhalten haben, profitieren von der Fünftelregelung.
Wer eine Abfindung erhalten hat, kann die Fünftelregelung nutzen, wenn die Abfindung entgangene oder fehlende künftige Einnahmen kompensiert – das ist im Rahmen einer Abfindung bei einer Kündigung typisch. Die Steuerermäßigung kann jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen angewendet werden.
Besonders der Auszahlungszeitraum der Abfindung spielt dabei eine wichtige Rolle. Üblicherweise zahlen Arbeitgeber solche Entschädigungen einmalig an ehemalige Mitarbeiter aus. Wenn die Sonderzahlung dadurch zu einer Zusammenballung von Einkünften in einem Veranlagungszeitraum sorgt, wird die Lohnsteuer nach der Fünftelregelung ermittelt. Dieses Kriterium ist erfüllt, wenn Sie durch die Abfindung höhere Einkünfte haben als es bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Fall gewesen wäre. Die Entschädigung ist dann höher als der Einkommensverlust durch die Kündigung.
Überweist Ihnen der frühere Arbeitgeber die Abfindung in Teilbeträgen, gefährdet das die günstigere Besteuerung nach der Fünftelregelung. Es gilt eine Grenze von zehn Prozent: Sie können bis zu zehn Prozent der Abfindung aufs nächste Kalenderjahr übertragen und dennoch von der Fünftelregelung profitieren. Die Splittung des Abfindungsbetrags in größere Teile würde hingegen dazu führen, dass die Steuerermäßigung nicht mehr genutzt werden kann.
Fünftelregelung: Weitere Voraussetzungen für die Anwendung
Eine weitere Voraussetzung für die Nutzung der Fünftelregelung ist, dass der Arbeitnehmer an der Ursache des Schadens nicht mitgewirkt hat. Seine Situation muss sich durch Handlungen des Arbeitgebers ergeben haben.
Die Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung sind auch bei der Einigung auf eine Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrags in der Regel gegeben. Nach einem Urteil des Finanzgerichts Münster aus dem Jahr 2017 muss die Fünftelregelung als Steuerermäßigung auch dann angewendet werden, wenn es auf Bestreben des Arbeitnehmers zu einem Aufhebungsvertrag kam.
Das Gericht hatte geurteilt, der Arbeitnehmer habe unter nicht unerheblichem Druck gehandelt – eine Voraussetzung für die Anwendung der Fünftelregelung. Der Bundesfinanzhof hat zudem im März 2018 entschieden, dass die Frage, ob der Mitarbeiter unter Druck stand, bei einer Abfindungszahlung in Hinblick auf eine ermäßigte Besteuerung regelmäßig entbehrlich ist.
Nicht anwendbar ist die Fünftelregelung bei einer Änderungskündigung oder wenn das Arbeitsverhältnis auf andere Weise fortbesteht. Auch, wenn es sich bei der Sonderzahlung nicht um eine Abfindung, sondern um anderweitige Zahlungen – etwa noch nicht ausbezahltes Gehalt oder Boni – handelt, kommt die Ermäßigung nicht infrage.
Fünftelregelung beantragen: Ist das nötig?
Wer eine Abfindung erhalten hat und die Fünftelregelung zur ermäßigten Besteuerung nutzen möchte, muss das im Normalfall nicht gesondert beantragen. Das Finanzamt prüft nach Erhalt Ihrer Steuererklärung automatisch, welche Besteuerung für Sie günstiger ist. Arbeitgeber sind außerdem dazu verpflichtet, die Fünftelregelung bei der Zahlung von Abfindungen zu nutzen. Lediglich, wenn dem Arbeitgeber nicht ersichtlich ist, dass sich aus der Entschädigung eine Zusammenballung von Einkünften ergibt – etwa, weil diese sich erst durch weitere Einkünfte ergibt –, müssen Arbeitnehmer die Fünftelregelung selbst beantragen.
Wer eine Abfindung erhalten hat, die nach der Fünftelregelung besteuert worden ist, ist dazu verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Die Abfindungssumme müssen Sie in der Steuererklärung angeben. Das richtige Formular hierfür ist die Anlage N, genauer die Zeilen 17 – 20 („Arbeitslohn für mehrere Jahre/Entschädigungen“). Ob die Entschädigung bereits vom Arbeitgeber nach der Fünftelregelung besteuert worden ist, ist anhand der Lohnsteuerbescheinigung ersichtlich. Wurde die Fünftelregelung angewendet, finden Sie die entsprechende Summe in Zeile 10. Hat der Arbeitgeber die Abfindung nicht ermäßigt, sondern regulär voll versteuert, gehört die Angabe in Zeile 19 der Anlage N.
Fünftelregelung: Abfindung erst später auszahlen lassen?
Es kann sinnvoll sein, mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren, dass die Abfindung erst im Folgejahr ausgezahlt wird. Das kann sich vor allem dann lohnen, wenn Sie nach der Kündigung noch keinen neuen Job haben und zu erwarten ist, dass Sie im nächsten Jahr geringere Einnahmen haben werden als in diesem. Dadurch kann sich eine deutlich geringere Gesamt-Steuerlast ergeben.
Alternativ ist es auch denkbar, die Auszahlung von zehn Prozent des Abfindungsbetrags auf das Folgejahr zu verschieben. Ein anderes Splitting ist jedoch nicht möglich – es würde dazu führen, dass die Fünftelregelung nicht mehr genutzt werden kann, auch wenn die Voraussetzungen hierfür ansonsten erfüllt sind.
Abfindung zur Altersvorsorge nutzen und Steuern sparen
Statt sich die Abfindung auszahlen zu lassen, können Sie sich auch dazu entschließen, die Entschädigung in Ihre Altersvorsorge zu stecken. Der Vorteil: Die Abfindung kann steuerfrei in eine betriebliche Altersvorsorge umgewandelt werden. Die steuerfreie Anrechnung ist nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz seit dem Jahr 2018 möglich. Die Abfindungssumme kann in diesem Rahmen in eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen -fonds eingezahlt werden. Das geht jedoch nur, wenn der Höchstbetrag noch nicht ausgeschöpft ist.
Es ist auch denkbar, dass der Abfindungsbetrag gesplittet wird. So kann ein Arbeitgeber die Hälfte der Entschädigung steuerfrei in die Rentenversicherung einzahlen. Der andere Teil wird dem Arbeitnehmer ausgezahlt. Die ausgezahlte Summe ist zwar steuerpflichtig; die Fünftelregelung kann jedoch angewendet werden, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
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