Stressfragen im Vorstellungsgespräch: Souverän beantworten

Stressfragen können einigen Bewerbern schon vor dem Vorstellungsgespräch den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Denn die Fragen sind in der Regel so formuliert, dass sie den Bewerber aus der Reserve locken sollen. Andere Stressfragen gehen noch einen Schritt weiter und setzen den Bewerber gehörig unter Druck. Beides sind in der Regel keine guten Aussichten. Doch es gibt Mittel und Wege, Stressfragen im Vorstellungsgespräch so zu beantworten, dass die Antworten den Personaler überzeugen.

Viele Fragezeichen um den Kopf einer Frau, was sind Stressfragen im Vorstellungsgespräch?

Stressfragen im Vorstellungsgespräch: Warum sie der Personaler stellt

Ziel des Vorstellungsgesprächs ist es, einen möglichst unverfälschten Eindruck vom Bewerber zu gewinnen. Denn dass der Kandidat die nötigen fachlichen Voraussetzungen mitbringt, davon ist der Personaler in der Regel überzeugt, wenn er die Person zum Vorstellungsgespräch einlädt.

Im Vorstellungsgespräch geht es also darum, die Soft Skills der Person genauer unter die Lupe zu nehmen. Und dazu stellen Personalverantwortliche gern sogenannte Stressfragen. Diese tragen ihren Namen zu Recht, denn sie sollen den Bewerber aus seiner Komfortzone locken und seine Reaktionen in unangenehmen oder herausfordernden Situationen testen.

Stressfragen gibt es in verschiedenen Formen: Sie können provokativ, unerwartet oder auch unangenehm sein. In der Regel verfolgen die Personaler jedoch immer das gleiche Ziel: Sie wollen herausfinden, wie sich ein Kandidat in Stresssituationen verhält. Denn früher oder später wird es vermutlich auch im zukünftigen Job zu anstrengenden oder zeitkritischen Situationen kommen.

Mit den Stressfragen möchte der Personalverantwortliche herausfinden, wie es um die Stressbewältigungsfähigkeiten des Bewerbers bestellt ist. Denn in Stresssituationen ruhig und besonnen zu reagieren, ist eine Eigenschaft, die in vielen Berufen gefragt ist.

Was sind Stressfragen im Vorstellungsgespräch?

Stressfragen sind meist hypothetisch, können sich aber auch auf konkrete Situationen beziehen. Es gibt verschiedene Arten von Stressfragen:

  1. Provokative Fragen: Sie sollen den Bewerber bis zu einem gewissen Grad provozieren. Der Personalverantwortliche möchte mit dieser Art von Stressfragen eine emotionale Reaktion des Bewerbers hervorrufen. Manche Bewerber empfinden provokante Stressfragen fast als Beleidigung. Der Personalverantwortliche sollte sie daher nur dann einsetzen, wenn er davon ausgeht, dass der Bewerber sie nicht falsch versteht. Denn eine mögliche provokante Stressfrage könnte lauten: „Warum suchen Sie immer noch einen Job, wenn Sie doch nach eigener Aussage ein toller Kandidat sind?“ Es ist verständlich, dass nicht alle Bewerber auf eine solche Frage mit einem Lächeln auf den Lippen reagieren. Der Personalverantwortliche könnte mit dieser Frage jedoch sein Ziel erreichen und den Bewerber zu einer emotionalen Reaktion veranlassen.
  2. Stressige Situationen: Es gibt aber auch Stressfragen, bei denen der Bewerber bewusst mit einer belastenden oder herausfordernden Situation konfrontiert wird, die so im Berufsalltag eintreten könnte. Der Personalverantwortliche sieht dann direkt, welche Reaktion vom Bewerber in einer solchen Situation zu erwarten ist.
  3. Beispiele aus der Vergangenheit: Auch diese Art von Fragen orientiert sich am konkreten Berufsalltag. Bei situationsbezogenen Stressfragen wird der Bewerber gebeten, eine belastende Situation aus der Vergangenheit zu schildern und zu beschreiben, wie er mit dieser Situation umgegangen ist. Hier kann der Personalverantwortliche erkennen, was der Kandidat als herausfordernde Situation empfindet und ob es ihm gelungen ist, diese Situation zu meistern.
  4. Analogiefragen: Es gibt auch Fragen, die auf den ersten Blick etwas seltsam erscheinen. Zum Beispiel diese: „Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie und warum?“ Mit einer solchen Frage möchte der Personalverantwortliche den Bewerber überrumpeln, um ihm eine echte, unvorbereitete Antwort zu entlocken.
  5. Fangfragen: Diese Fragen sind bei Bewerbern im Vorstellungsgespräch sehr unbeliebt. Schließlich kann man sich durch eine unüberlegte oder spontane Antwort schnell als ungeeignet erweisen. Doch nicht nur die Antwort selbst lässt Rückschlüsse auf die Motivation und Arbeitsweise des Bewerbers zu. Auch die Reaktion des Bewerbers wird vom Personalverantwortlichen genau beobachtet, denn auch sie kann sehr aufschlussreich sein.
  6. Brainteaser: Mit diesen Rätselaufgaben will der Personaler herausfinden, wie es um das kreative Denken, die analytischen Fähigkeiten und das logische Denken des Bewerbers bestellt ist. Ein typischer Brainteaser, der Bewerbern im Vorstellungsgespräch gestellt wird, lautet zum Beispiel: „Wie viele Smarties passen in einen Smart?“

Stressfragen im Bewerbungsgespräch: Beispiele

Damit Sie sich ein besseres Bild davon machen können, mit welchen Arten von Stressfragen Sie rechnen müssen, haben wir hier einige Beispiele für die oben genannten Arten von Stressfragen im Vorstellungsgespräch zusammengestellt.

  1. Provokante Fragen:
    1. „Warum sind Sie immer noch auf Jobsuche, wenn Sie nach eigener Aussage doch ein toller Kandidat sind?“
    2. „Warum sind Sie auf Jobsuche? Liegt es wirklich an der Tätigkeit oder vielleicht doch an Ihnen?“
    3. „Wenn ich mich bei Ihrem früheren Arbeitgeber über Sie erkundigen würde: Was würde er Ihnen vorwerfen?“
  2. Stressige Situationen:
    1. „Stellen Sie sich vor, Sie haben nur noch eine Woche Zeit, um ein wirklich wichtiges Projekt abzuschließen. Dazu brauchen Sie dringend die Informationen eines Kollegen, aber der liefert sie nicht. Was machen Sie?“
    2. „Durch eine schlechte Terminkoordination haben Sie plötzlich zwei Termine für gleich wichtige Projekte, die sich überschneiden. Es ist Ihnen nicht möglich, beide Termine einzuhalten. Wie gehen Sie damit um?“
    3. „Sie stellen fest, dass ein Kollege absichtlich wichtige Informationen zurückhält, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Wie reagieren Sie?“
  3. Beispiele aus der Vergangenheit:
    1. „Bitte erzählen Sie uns von einer Situation, in der Sie in der Vergangenheit unter großem Druck gestanden haben. Wie haben Sie diese Situation gemeistert?“
    2. „Erzählen Sie uns von Ihrem größten Fehler in Ihrer beruflichen Laufbahn. Wie sind Sie mit diesem Fehler umgegangen?
    3. „Was war die schwierigste Situation, die Sie jemals mit einem Kunden hatten, und wie haben Sie sich in dieser Situation verhalten?“
  4. Analogiefragen:
    1. „Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie und warum?“
    2. „Wenn Ihr Leben ein Buch wäre, welches Kapitel wäre das spannendste und warum?“
    3. „Wenn Sie sich aussuchen könnten, ein Superheld zu sein: Wer wären Sie und warum?“
  5. Fangfragen:
    1. „Wie hoch ist Ihr derzeitiges Gehalt und wie viel möchten Sie bei uns verdienen?“
    2. „Was ist Ihre größte Schwäche und warum tun Sie nichts dagegen?“
    3. „Wenn ich Ihnen heute diese Stelle anbieten würde, Sie dafür aber umziehen müssten, wie würden Sie reagieren?
  6. Brainteaser:
    1. „Wie viele Smarties passen in einen Smart?“
    2. „Wie viele Klavierstimmer gibt es in New York?“
    3. „Wie viele Vorgärten gibt es in Frankreich?“

Vorstellungsgespräch – Stressfragen und gute Antworten: So reagieren Sie richtig

Neben den oben genannten Stressfragen gibt es noch viele weitere und vor allem andere Arten von herausfordernden Fragen, die Personalverantwortliche in einem Vorstellungsgespräch stellen können. Es ist daher nicht möglich, sich auf alle Arten von Stressfragen vorzubereiten und sich passende Antworten zurechtzulegen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass man sich nicht auf Stressfragen im Bewerbungsgespräch vorbereiten könnte. Man sollte zwar keine Antworten auswendig lernen, aber einige Kniffe beachten, die einem helfen, souverän und wertschätzend mit der Frage umzugehen. Schließlich will der Personalverantwortliche sehen, dass Sie genau das beherrschen.

Und diese Souveränität und Professionalität können Sie zum Beispiel folgendermaßen unter Beweis stellen:

  1. Ruhig bleiben: Denken Sie immer daran, dass der Personaler Sie mit bestimmten Fragen aus der Reserve locken will. Oft ist es wichtiger, WIE Sie reagieren, als WAS Sie sagen. Üben Sie deshalb schon vor dem Vorstellungsgespräch, ruhig zu bleiben, durchzuatmen und notfalls eine Pause einzulegen, um sich zu sammeln, bevor Sie auf die Frage antworten.
  2. Strukturiert antworten: Auf die Frage, wie viele Smarties in einen Smart passen, wird der Personaler wahrscheinlich keine verlässliche Antwort hören wollen. Vielmehr geht es darum, wie Sie bei Fragen vorgehen, bei denen Sie wahrscheinlich keine verlässlichen Informationen oder gute Anhaltspunkte haben. Auch hier geht es also eher um Ihre Reaktion bzw. Ihre Herangehensweise bei der Beantwortung. Versuchen Sie daher, so analytisch und strukturiert wie möglich vorzugehen. Nehmen Sie den Personalverantwortlichen bei möglichst vielen Schritten mit, damit er nachvollziehen kann, was Sie sich gedacht haben. Meist ist es hilfreich, die Situation möglichst konkret zu analysieren und daraus einen Lösungsvorschlag abzuleiten.
  3. Authentisch bleiben: Stressfragen im Vorstellungsgespräch haben ein übergeordnetes Ziel: Der Personalverantwortliche möchte herausfinden, wie der Bewerber tickt. Bleiben Sie deshalb nicht nur ruhig, sondern auch möglichst authentisch. Wenn Ihnen zum Beispiel auf die Frage nach dem Stress nicht sofort eine Antwort einfällt, können Sie sagen, dass Sie die Frage interessant finden, aber kurz darüber nachdenken mö Das zeigt, dass Sie ehrlich sind und lieber kurz nachdenken, als eine (vor-)schnelle Antwort zu geben.

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