Kirche als Arbeitgeber: Die Vor- und Nachteile

Die Kirche als Arbeitgeber zu haben, ist in Deutschland gar nicht so unwahrscheinlich. Denn die katholische und die evangelische Kirche sind der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland. Was jedoch viele nicht wissen: Für die Kirche gelten andere Vorschriften als für andere Arbeitgeber. So dürfen die Beschäftigten der Kirche – auch wenn sie bei einem steuerfinanzierten Wohlfahrtsverband arbeiten – beispielsweise nicht streiken. Welche weiteren Unterschiede es gibt, skizzieren wir im Folgenden.

Ein Christenkreuz auf lila Untergrund, welche Bedeutung hat die Kirche als Arbeitgeber?

Kirche als Arbeitgeber: Viele Sonderrechte

Die Kirche ist nach dem öffentlichen Dienst der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland. Aktuell sind ungefähr 1,8 Millionen Personen bei einem kirchlichen Arbeitgeber oder einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

Wer die evangelische oder katholische Kirche als Arbeitgeber hat, der arbeitet aber nicht unbedingt als Pastor, Priester oder anderer Seelsorger. Für die Kirche zu arbeiten, kann auch bedeuten, in einem Kindergarten oder zum Beispiel in einer Pflegeeinrichtung für ältere Menschen tätig zu sein.

Im Hinblick auf kirchliche Arbeitgeber unterscheidet man daher häufig zwischen den sogenannten verkündenden Berufen und denjenigen, bei denen das nicht der Fall ist. Ein Pastor hat ohne Zweifel einen verkündenden Beruf, während ein Koch in einem katholischen oder evangelischen Kindergarten diese Aufgabe aller Wahrscheinlichkeit nach nicht hat, sondern in erster Linie für die Essenszubereitung zuständig ist.

Kirche als Arbeitgeber: Die Nachteile

Der wohl größte Nachteil der Kirche als Arbeitgeber liegt darin, dass für Beschäftigte ein ganz bestimmtes Arbeitsrecht gilt. Die kirchlichen Arbeitgeber, also die evangelische Kirche und die katholische Kirche, können sich in bestimmten Fällen über geltendes Arbeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinwegsetzen. Beschäftigte müssen das im Hinterkopf behalten, da dieses Sonderrecht der kirchlichen Arbeitgeber, das in Artikel 140 des Grundgesetzes (GG) verankert ist, Nachteile für sie mit sich bringen kann.

Unter bestimmten Umständen ist es kirchlichen Arbeitgebern erlaubt, strenge Ansprüche an Bewerber und Mitarbeiter zu stellen. Personen, die diese Ansprüche nicht erfüllen, müssen mit Konsequenzen rechnen. Das gilt übrigens auch für Mitarbeiter, die bei Wohlfahrtsverbänden beschäftigt sind. Diese Verbände werden aus Steuergeldern finanziert, also ohne kirchliches Zutun. Dennoch darf der kirchliche Arbeitgeber darüber entscheiden, wie sich der Mitarbeiter zu verhalten hat. Das betrifft nicht nur die Arbeitszeit, sondern in manchen Fällen auch das Privatleben.

Zu den Nachteilen eines kirchlichen Arbeitgebers zählen zum Beispiel folgende:

  1. Keine Chance auf Jobinterview: Das kirchliche Arbeitsrecht macht es möglich, dass konfessionslose Bewerber oder solche, die eine andere Religionszugehörigkeit haben, gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Diese Form der Diskriminierung widerspricht dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), ist jedoch unter bestimmten Voraussetzungen durch den oben angesprochenen Artikel 140 GG gerechtfertigt. Noch vor einigen Jahren hatten Kandidaten schlechte Karten, wenn sie gegen die ungleiche Behandlung vor Gericht geklagt haben. Das hat sich in der letzten Zeit etwas relativiert, wobei es immer noch stark davon abhängt, auf welche Position sich der Kandidat bewirbt.
  2. Eingriff ins Privatleben: Sich als Mitarbeiter bei einem katholischen Arbeitgeber scheiden lassen und danach wieder heiraten? Auch das war bis vor gar nicht allzu langer Zeit ein Grund für eine Kündigung. Evangelische Arbeitgeber sehen das traditionell nicht ganz so eng, sind über dieses Verhalten aber ebenfalls nicht erfreut. In beiden Fällen hat also der kirchliche Arbeitgeber das Recht, auch das Verhalten in der Freizeit und damit im Privatleben in die Betrachtung mit einzubeziehen und es unter Umständen als Anlass für eine Kündigung zu nehmen. So stand es bis vor Kurzem außer Frage, dass Mitarbeiter, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekannten, gekündigt wurden. Auch diese Form der Diskriminierung wird seltener bei kirchlichen Arbeitgebern, kommt aber immer wieder vor.
  3. Kein Streikrecht: Beschäftigte, welche die Kirche als Arbeitgeber haben, dürfen außerdem nicht streiken. „Gott kann man nicht bestreiken.“ Mit diesem plakativen Ausspruch machte die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe im Jahr 2010 noch einmal deutlich, dass für Arbeitnehmer in der Kirche eben kein Streikrecht gilt. Stattdessen werden Löhne und Gehälter in einem paritätisch besetzten Gremium aus Vertretern der Kirche und Vertretern der Arbeitnehmer ermittelt. Die Arbeitnehmervertretung hat aber nicht die gleichen Rechte wie zum Beispiel ein Betriebsrat.
  4. Keine freie Entscheidungsmöglichkeit: Der Austritt aus der Kirche sorgt sowohl bei der evangelischen Kirche als Arbeitgeber als auch bei der katholischen Kirche als Arbeitgeber dafür, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird.

Für die Kirche arbeiten: Vorteile

Für die Kirche zu arbeiten, hat jedoch nicht nur Nachteile, sondern auch einige Vorteile:

  1. Sinnstiftende Tätigkeiten: Wer religiös ist und sich mit der Institution Kirche identifiziert, für den kann es eine erfüllende Aufgabe sein, die Kirche als Arbeitgeber zu haben.
  2. Gemeinschaftsgefühl: Das Zusammengehörigkeitsgefühl kann in der Kirche besonders groß sein, wenn sich die übrigen Mitarbeiter ebenfalls als Teil einer unterstützenden Gesellschaft verstehen. Die Religion bildet dann eine gemeinsame Grundlage.
  3. Soziales Engagement: Kirchen und Wohlfahrtsverbände engagieren sich häufig für die Gesellschaft. Menschen, denen soziale Projekte und gemeinnützige Initiativen wichtig sind, können sich hier wohlfühlen.

Was verdienen kirchliche Arbeitnehmer? Gehalt in der Kirche

Für Berufe in der Kirche gelten in vielen Fällen Sonderrechte – das betrifft auch die Entlohnung und Tarifverträge. Der Großteil der Beschäftigten in der Kirche arbeitet bei einem der beiden Wohlfahrtsverbände: Caritas oder Diakonie. Wie bereits erwähnt, werden diese Verbände nicht von der Kirche, sondern aus Steuern und Sozialabgaben der Beschäftigten in Deutschland finanziert.

Trotzdem gelten für die Beschäftigten andere Vorschriften als für Mitarbeiter nicht-konfessioneller Träger. So haben Beschäftigte, welche die Kirche als Arbeitgeber haben, in der Regel kaum eine Möglichkeit, für Verbesserungen des Gehalts oder der Arbeitsbedingungen einzutreten. Im Gegenteil: Die Kirche darf sich als Arbeitgeber sogar über Vorschriften zur Arbeitszeit hinwegsetzen beziehungsweise muss diese nicht beachten.

Im Hinblick auf das Gehalt der Angestellten in der Kirche bezeichnet man den kirchlichen Sonderweg als sogenannten „dritten Weg“. Streiken ist bei einem kirchlichen Arbeitgeber verboten, weil es sich nicht mit den Glaubenssätzen der Kirche vereinbaren lässt.

Daher wurde das oben angesprochene Gremium gegründet, das zu gleichen Teilen aus Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite besteht. Anders als in einem klassischen Tarifvertrag geht es jedoch bei diesen Verhandlungen nicht in erster Linie um die Rechte und Bezahlung der Beschäftigten. Bei der Kirche als Arbeitgeber stehen die Kirche und der Glauben im Mittelpunkt. Die Arbeitgeberseite geht bei den Verhandlungen regelmäßig davon aus, dass auch die Beschäftigten nur das Beste für die Kirche wollen – mit dem Ergebnis, dass die Forderungen der Arbeitnehmer in vielen Fällen ignoriert werden.

Für die Kirche arbeiten: Gibt es eine Gehaltstabelle?

Für bestimmte Berufe innerhalb der Kirche existieren Gehaltstabellen, an denen man sich orientieren kann. Diese Gehaltstabellen der Kirche wiederum orientieren sich an öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern wie dem öffentlichen Dienst. Daher wird diese Art der Regelung auch als kirchlicher Tarifvertrag bezeichnet. Wer diesen Tarifvertrag im Internet sucht, findet ihn häufig auch unter der Abkürzung BAT-KF. Jedoch unterliegen nicht alle Berufe in der Kirche diesem Tarifvertrag. Bei Fragen zur eigenen Entlohnung bei einem kirchlichen Arbeitgeber sollte man daher zunächst überprüfen, ob man unter diesen oder einen anderen Tarifvertrag der Kirche fällt.

Analog zum öffentlichen Dienst werden auch bei der Kirche als Arbeitgeber die Mitarbeiter in unterschiedliche Gehaltsgruppen eingeteilt. Die Einteilung hängt unter anderem von der Qualifikation und der Berufserfahrung ab.

Zudem gibt es zwar einen Tarifvertrag in der Kirche, dieser findet jedoch nur bei manchen Beschäftigten Anwendung. In der Kirche arbeiten viele Personen, die ausschließlich ehrenamtlich tätig sind, dabei wichtige Aufgaben übernehmen und in manchen Fällen die Kirchenarbeit in einem großen zeitlichen Umfang unterstützen. Trotzdem erhalten diese Personen keine Bezahlung. Auch das wäre bei einem anderen Arbeitgeber vermutlich schwierig.

Wer bei einem kirchlichen Arbeitgeber angestellt ist und keinen kirchlichen Arbeitsvertrag hat, unterliegt weiterhin den kirchenfreundlichen Gehaltsverhandlungen im Rahmen des dritten Weges. Da für Mitarbeiter bei kirchlichen Arbeitgebern ganz besonders Loyalitätspflichten gelten, führt das in vielen Fällen dazu, dass die Beschäftigten deutlich schlechter bezahlt werden. Zudem kann das Gehalt eines jeden Beschäftigten innerhalb der Kirche individuell ausgehandelt werden, sofern nicht der kirchliche Tarifvertrag Anwendung findet. Das führt dazu, dass sich innerhalb der Kirche nur selten kollektive Interessenvertretungen gründen.

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