Ausschlussfrist Arbeitsvertrag: Was gilt bei Verfallfristen?
Eine Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag kann für den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber gelten. Beide Vertragsparteien können sich auf eine Ausschlussfrist einigen, auch als Verfallklausel oder Verfallfrist bezeichnet. Diese Frist kann auf der einen Seite vor Problemen schützen, auf der anderen Seite aber auch unerwartete Konsequenzen haben. Werden innerhalb einer bestimmten Zeitspanne die in der Ausschlussfrist erwähnten Ansprüche nicht geltend gemacht, gelten sie als verfallen. Was das konkret bedeutet, in welchen Fällen eine Ausschlussfrist ihre Gültigkeit verliert und wo der Unterschied zur Verjährung liegt, erklären wir in diesem Artikel.
Definition: Was ist eine Ausschlussfrist?
In verschiedenen Verträgen wie Arbeitsverträgen, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Sozialplänen können sogenannte Ausschlussfristen vereinbart werden. Eine Ausschlussfrist führt dazu, dass Ansprüche zwischen den Parteien verfallen, wenn sie nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums geltend gemacht werden.
Die Ausschlussfrist legt also fest, innerhalb welcher Frist ein bestimmter Anspruch eingefordert werden muss. Wird diese Frist versäumt, verfällt der Anspruch, selbst wenn er grundsätzlich bestehen würde.
Ein Beispiel: Sie verlassen Ihren Arbeitgeber und es gibt noch offene Gehaltsforderungen. Sie warten zunächst ab, ob der Arbeitgeber das ausstehende Gehalt noch nachzahlt. Nach einigen Wochen stellen Sie fest, dass dies nicht geschehen ist. Sie entscheiden sich daher, einen Anwalt zu konsultieren, um das fehlende Gehalt einzufordern. Der stellt jedoch fest, dass im Arbeitsvertrag eine Ausschlussfrist vereinbart ist, die besagt, dass Gehaltsansprüche spätestens zwölf Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden müssen. In diesem Fall könnte die Ausschlussfrist dazu führen, dass Sie das fehlende Gehalt nicht mehr erhalten, obwohl Sie eigentlich einen Anspruch darauf haben.
Bitte beachten Sie: Dieser Artikel stellt nur allgemeine Zusammenhänge dar und enthält keine rechtliche Beratung. Wir erheben keinen Anspruch auf verbindliche Auskünfte. Bei konkreten Fragen wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin, um rechtliche Beratung zu erhalten.
Aspekte der Ausschlussfrist
Einige Aspekte im Hinblick auf die Ausschlussfrist sollten Arbeitnehmer unbedingt kennen:
- Ausschlussfrist gilt beidseitig: Nicht nur der Arbeitnehmer ist von einer Ausschlussfrist betroffen. Derartige Fristen, aufgrund derer Ansprüche verfallen, gelten auch umgekehrt, also für den Arbeitgeber. Durch eine Ausschlussfrist wird keine Seite benachteiligt, sondern die Frist gilt für beide Vertragsparteien.
- Mindestlänge beträgt drei Monate: In der Regel erkennen Gerichte Ausschlussfristen nicht an, die eine Dauer von weniger als drei Monaten haben. In solchen Fällen wird oft die gesamte Ausschlussfrist als unwirksam betrachtet. Anstelle der Ausschlussfrist gelten dann die gesetzlichen Verjährungsvorschriften, die vom Gesetzgeber festgelegt wurden.
- Verfallfrist ist oft zweistufig: Zweistufig bedeutet, dass Arbeitnehmer in vielen Fällen zunächst ihren Anspruch anzeigen müssen, indem sie beispielsweise ihren Arbeitgeber schriftlich über ausstehendes Gehalt informieren. Dies stellt die erste Stufe dar. In der zweiten Stufe wird festgelegt, wie lange sie nach dem Schreiben warten dürfen, bevor sie Klage vor Gericht erheben müssen. Wenn der Arbeitgeber nicht auf das Schreiben reagiert und die zweite Stufe eintritt, müssen Sie innerhalb einer weiteren Frist Klage einreichen. Wenn Sie dies nicht tun, verfällt der Anspruch, selbst wenn Sie die erste Stufe fristgerecht erfüllt haben.
- Hinweis auf Ausschlussfrist: Wird die Ausschlussfrist nicht direkt im Arbeitsvertrag vereinbart, muss dort ein Hinweis auf die Verfallfrist stehen.
Wo finde ich eine Ausschlussfrist?
Eine Ausschlussfrist ist keine gesetzliche Vorschrift. Beide Vertragsparteien müssen sich daher individuell oder kollektivvertraglich darauf verständigen. Suchen Sie in folgenden Verträgen und Schriftsätzen nach Formulierungen, die auf eine Verfallsklausel hindeuten:
- Arbeitsvertrag
- Tarifvertrag
- Betriebsvereinbarung
- Sozialplan
- Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR), sofern Sie bei einem kirchlichen Arbeitgeber beschäftigt sind.
Wann gelten Verfallfristen?
Angenommen, es wurde wirksam eine Ausschlussfrist im Tarifvertrag festgelegt, der für Ihre Branche und Ihren Arbeitgeber gilt. Allerdings waren Sie nicht darüber informiert und fordern Ihr ausstehendes Gehalt nach sechs Monaten zurück, obwohl eine Verfallklausel von drei Monaten vereinbart ist. In diesem Fall befinden Sie sich wahrscheinlich in einer ungünstigen Situation. Die Ausschlussfrist gilt auch dann, wenn Sie nichts davon wussten.
Es ist daher äußerst wichtig, in allen geltenden Verträgen nachzusehen, um sicherzustellen, dass Sie keine Frist verpassen. Bei Fragen können Sie sich an den Betriebsrat oder die Personalabteilung wenden. Dort sollten Sie Informationen darüber erhalten können, in welchen Verträgen Ausschlussfristen vereinbart sind.
Hier können Ausschlussfristen nicht angewendet werden
Mit einer Ausschlussklausel zum Beispiel im Arbeitsvertrag können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darauf einigen, dass bestimmte gesetzliche Vorgaben nicht gelten. Jedoch können Ausschlussfristen nicht in allen Fällen angewendet werden. Einige gesetzliche Vorgaben können nicht umgangen werden, zum Beispiel:
- Anspruch auf Schadenersatz, wenn zum Beispiel die Gesundheit, der Körper oder gar das Leben der Person Schaden genommen hat.
- Anspruch auf Mindestlohn
- Haftungsansprüche bei vorsätzlichem Verhalten
- Anspruch darauf, dass eine ungerechtfertigte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird.
- Anspruch des Arbeitgebers auf die Herausgabe von Firmeneigentum oder persönlichem Eigentum
- Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung, wenn sich der Mitarbeiter nicht an das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot hält.
- Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub. Im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ist festgeschrieben, dass jeder abhängig beschäftigte Arbeitnehmer in Deutschland einen Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub hat. Dieser Anspruch auf Mindesturlaub kann nicht durch eine Ausschlussfrist unterwandert werden. Dagegen kann eine Ausschlussfrist dazu führen, dass Urlaub verfällt, der im vergangenen Kalenderjahr nicht genommen wurde.
Unterschied zwischen Ausschlussfrist und Verjährung
Auch bei Verjährung haben Sie nicht mehr die Möglichkeit, Ihren Anspruch geltend zu machen. Im Gegensatz zur Ausschlussfrist bleibt bei einer Verjährung der Anspruch zwar theoretisch bestehen. Es besteht aber keine Option, den Anspruch gerichtlich durchsetzen zu lassen.
In diesem Punkt unterscheiden sich Ausschlussfrist und Verjährung nicht wesentlich voneinander. Es gibt jedoch einen Unterschied in Bezug auf einen anderen Aspekt: Um einen verjährten Anspruch vor Gericht einzufordern, muss die Person, die die Leistung schuldet, vorher ausdrücklich erklären, dass die Leistung verjährt ist. Ob eine Ausschlussfrist vorliegt, prüft das Gericht dagegen von sich aus, sogar ohne explizit dazu aufgefordert worden zu sein. Das Gericht prüft „von Amts wegen“, ob eine Ausschlussfrist vorliegt.
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Verjährungsfristen im Gesetz geregelt sind. Verfallfristen müssen dagegen in einem Vertrag wie beispielsweise dem Arbeits- oder Tarifvertrag festgehalten werden, um gültig zu sein. Sie gelten nicht automatisch.
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