Egoismus: Wie viel ist gesund, wann ist er zu viel?

Egoismus – das klingt eher nicht nach einer erstrebenswerten Eigenschaft. Denn Egoisten denken nur an sich und gehen notfalls über Leichen, um ihr Ziel zu erreichen. Das ist jedenfalls die landläufige Meinung. Kein Wunder also, dass Egoisten nicht gerade beliebt sind. Dabei kann gesunder Egoismus durchaus seine Vorteile haben. Wo die Grenze verläuft und woran man übertriebenen Egoismus erkennen kann, verraten wir hier.

Ein Mann trägt eine Krone, wieviel Egoismus ist gesund?

Die Bedeutung: Was heißt egoistisch sein?

Das Wort Egoismus hat seinen Ursprung in der lateinischen Sprache. Ego bedeutet auf Latein schlicht „ich“. Der Duden beschreibt Egoismus folgendermaßen:

„[Haltung, die gekennzeichnet ist durch das] Streben nach Erlangung von Vorteilen für die eigene Person, nach Erfüllung der die eigene Person betreffenden Wünsche ohne Rücksicht auf die Ansprüche anderer.“

Synonyme für Egoismus sind laut Duden:

  • Selbstsucht
  • Ichsucht
  • Eigenliebe

Schon diese Synonyme zeigen an, dass das Bedeutungsspektrum beim Egoismus recht groß ist. Selbst- und Ichsucht klingen wenig sympathisch, bei der Eigenliebe sieht es schon anders aus. Schließlich wird niemand bestreiten, dass es zu einem glücklichen und erfüllten Leben gehört, dass man sich selbst lieben kann.

Man sollte Egoismus also nicht per se negativ bewerten. Gemäßigter Egoismus hat auch Vorteile. Solange man darauf achtet, dass man andere Personen nicht ausbeutet und deren Gefühle missachtet, ist ein wenig Egoismus vollkommen in Ordnung, sogar natürlich.

Schwierig wird es jedoch immer dann, wenn Egoisten nur noch ihren eigenen Vorteil im Blick haben und sich bewusst über die Wünsche und Interessen anderer Personen hinwegsetzen, um ihr Ziel zu erreichen.

Gesunder Egoismus: Darum ist er nicht schlecht

Vor allem Frauen wird nachgesagt, dass sie dazu tendieren, ihre eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen und in erster Linie anderen helfen. Das ist toll – für die anderen. Denn diejenige Person, die sich selbst ständig zurücknimmt, wird vermutlich Nachteile dadurch haben.

Nehmen wir das Beispiel Job: Wohl in jedem Unternehmen gibt einen Kollegen, den man immer fragen kann, wenn man Hilfe bei seiner eigenen Arbeit braucht. Solche Kollegen gelten als sehr hilfsbereit und freundlich, weswegen die anderen Mitarbeiter nicht davor zurückschrecken, die Kollegen um Unterstützung zu bitten, wenn sie ihre Aufgaben nicht rechtzeitig erledigen können.

Da diese Kollegen es den anderen Mitarbeitern so einfach machen, werden sie immer häufiger und von immer mehr Kollegen um Hilfe gebeten. Das Ergebnis: Die Mitarbeiter haben irgendwann nicht genügend Zeit, ihre eigenen Aufgaben zu erledigen. Im schlimmsten Fall müssen sie Überstunden machen, um Arbeitszeit nachzuholen, die sie für andere Menschen aufgewendet haben.

Es wird vermutlich nicht lange dauern, bis sich der Vorgesetzte fragt, warum immer nur diese hilfsbereiten Kollegen Überstunden machen, während alle anderen Beschäftigten ihre Arbeit in der vereinbarten Zeit schaffen. Dass das gerade nicht so ist, sondern die Kollegen nur deshalb pünktlich fertig werden, weil der hilfsbereite Kollege einspringt, weiß der Vorgesetzte nicht automatisch.

Fehlender Egoismus kann unschöne Folgen haben und schlimmstenfalls sogar dazu führen, dass der eigene Job in Gefahr gerät.

Fehlender Egoismus hat Folgen

Bis zum Jobverlust kommt es natürlich nur in den extremen Fällen. Doch Arbeitnehmer, die sich von ihren Kollegen ausnutzen lassen, neigen dazu, sich selbst zu überfordern. Wer nicht nur seine eigenen Aufgaben, sondern auch noch die des Kollegen erledigt, hat schlicht einen größeren Workload als andere.

Um negative Konsequenzen bei den Vorgesetzten zu vermeiden, muss der hilfsbereite Kollege daher deutlich mehr arbeiten als der Rest der Belegschaft. Für einen begrenzten Zeitraum mag das noch machbar sein. Hält die Überlastung jedoch an, drohen körperliche Folgen wie psychosomatische Beschwerden oder gar ein Burnout.

An sich denken: So kann es klappen

Personen, denen es an gesundem Egoismus mangelt, sollten aktiv werden und an sich arbeiten. Denn gesunder Egoismus ist eine Form der Selbstliebe. Und die braucht man nicht nur, um im Job erfolgreich zu sein, sondern auch, um sein Privatleben glücklich leben zu können.

Wie kann es gelingen, im Job gesunden Egoismus zu entwickeln und sich davor zu schützen, ausgenutzt zu werden? Probieren Sie einmal folgende Tipps aus:

  1. Welche Kollegen bitten um Hilfe? Notieren Sie oder merken Sie sich über einen bestimmten Zeitraum, welche Kollegen Sie um Hilfe bitten. Vielleicht erkennen Sie ein Muster. Vielleicht gibt es Kollegen, die zur schlimmen Sorte der Egoisten gehören und Ihre Hilfsbereitschaft ausnutzen. Es könnte natürlich sein, dass besagter Kollege gerade stark unter Druck ist und Sie deshalb um Hilfe bittet. Es könnte aber auch sein, dass er seine Bedürfnisse bewusst über Ihre stellt.
  2. Haben Sie genügend Zeit? Bevor Sie einem Kollegen zusagen, ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen, sollten Sie eine Bestandsaufnahme Ihres Workloads machen. Welche Projekte sind zeitkritisch und müssen dringend erledigt werden? Haben Sie überhaupt Kapazitäten, dem Kollegen auszuhelfen? Schaffen Sie es, die zusätzlichen Aufgaben zu übernehmen, ohne in Stress zu geraten?
  3. Erbitten Sie sich Bedenkzeit. Grundsätzlich sollten Sie nicht immer sofort zusagen. Gewöhnen Sie sich folgende Sätze an: „Wie du weißt, helfe ich gern, wenn ich kann. Ich habe aktuell jedoch selbst sehr viel zu tun. Ich muss daher zunächst schauen, ob ich deine Aufgaben noch irgendwo in meinem Ablauf unterkriege. Gibt mir bitte ein wenig Bedenkzeit. Ich melde mich so schnell wie möglich zurück.“ Diese kleine Abwehrtaktik kann Ihnen helfen, nicht sofort mit einem „Ja“ zu antworten, wenn ein Kollege Sie um Hilfe bittet.

Übersteigerter Egoismus: Daran erkennen Sie ihn

Übersteigert egoistische Personen verhalten sich grundsätzlich eher rücksichtslos und fallen durch Selbstüberschätzung auf. Übersteigerten Egoismus können Sie unter anderem an folgenden Verhaltensweisen erkennen:

  1. Der Kollege freut sich nicht für Sie: Menschen, die in erster Linie an sich selbst denken, kommen nur schlecht damit klar, dass auch andere Personen erfolgreich sind. Sollte Ihnen ein großer Wurf auf der Arbeit gelingen, achten Sie daher genau auf die Reaktion Ihrer Kollegen: Diejenigen, die keinen übertriebenen Egoismus an den Tag legen, werden sich gemeinsam mit Ihnen freuen können. Andere Kollegen, die Ihnen Ihren Erfolg nicht gönnen, gehören wohl eher in das Lager der Selbstsüchtigen.
  2. Der Kollege hört Ihnen zu: Wenn Sie etwas auf dem Herzen haben oder Unterstützung bei einem Projekt brauchen, können Sie sich auf egoistische Kollegen nicht verlassen. Diesen Personen ist es mehr oder weniger egal, ob Sie mit Ihrer Arbeit klarkommen oder nicht. Sie interessieren sich nur so lange für Sie, wie Sie nützlich sind. Sobald Sie selbst Hilfe brauchen, sind extrem egoistische Kollegen verschwunden.
  3. Der Kollege hat einen kleinen Freundeskreis: Aller Wahrscheinlichkeit nach ist nicht nur Ihnen aufgefallen, dass der Kollege ein Problem mit übersteigertem Egoismus hat. Daher halten sich die anderen Kollegen so gut es geht von ihm fern. Das macht überegoistischen Menschen häufig sogar gar nichts aus, denn sie kommen gut allein klar.

Bildnachweis: Just dance / Shutterstock.com

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